Elben Drachen Schatten
hatten Fackeln entzündet, und während das Fledertier über dem Schiff seine Kreise zog, warf einer der Katzenkrieger seine Fackel auf das Schiff. Sie blieb auf dem Achterdeck liegen.
Der Kapitän murmelte einen Löschzauber, der ein Ausbreiten der Flammen verhindern sollte. Um der Brandgefahr zu begegnen, wurden die Planken von Elbenschiffen schon vor der Verarbeitung entsprechend magisch behandelt, sodass Elbenschiffe nur sehr schwer in Brand gerieten, zumeist dann, wenn man beim Bau des Schiffes nicht sorgfältig genug vorgegangen waren.
Aber bei der Fackel handelte es sich nicht um gewöhnliches Feuer. Die Flammen lösten sich von der Fackel, wurden zu einer mannshohen Feuersäule, und diese wiederum bildete Arme und Beine und tanzte über die Planken des Elbenschiffs.
Das erste Opfer des magischen Flammenwesens wurde der Kapitän. Aus einem der Arme formte sich eine Feuerklinge, wirbelte durch die Luft und trennte den Kopf des Elben vom Rumpf. Er rollte über die Planken, und dort, wo der Hals durchtrennt worden war, tanzten Blitze über die verkohlten Wundränder.
Der Elbenkapitän stand einen Augenblick schwankend das, die Hand am Schwertgriff. Ein weiterer Hieb zerteilte den Rumpf, bevor er zu Boden fiel.
Der Steuermann stieß einen Schrei aus und griff zum Schwert, obwohl er ahnte, dass die Klinge gegen das Flammenwesen nichts ausrichten konnte. Es schnellte auf ihn zu, und er parierte den ersten Streich der Feuerklinge. Ein metallisches Geräusch erklang, als ob Stahl auf Stahl schlug. Glühende Schmelze lief am Schwert des Steuermanns ein Stück die Blutrinne entlang und tropfte dann zu Boden.
Der Steuermann wich zurück. Das Feuerwesen setzte nach. Hieb auf Hieb folgen mit der Flammenklinge.
Als der Steuermann mit seinem Schwert zustieß und der Stahl in den flackernden Körper des Wesens eindrang, glühte die Elbenwaffe rot auf. Aufschreiend ließ der Steuermann sie los.
Aber es gab noch einen weiteren Grund, aus dem er schrie. Die Flammenklinge hatte seinen Leib durchstoßen und trat im Rücken wieder hervor. Das Flammenwesen riss sie empor, wobei sie den Körper des Steuermanns bis zur Schulter durchtrennte.
Die Feuerkreatur wirbelte herum und stürzte sich auf die elbischen Seeleute. Einen nach dem anderen metzelte es nieder. Fast eine Stunde lang gellten schrille Schmerzens- und Todesschreie über das Meer. Niemand überlebte.
Als nur noch ein herrenloses Geisterschiff durch die Fluten des Zwischenländischen Meeres trieb, erlahmte die Kraft des Feuerwesens. Es zerfloss zischend auf den Planken und erlosch. Nur ein schwarzer Rußfleck blieb zurück. Und Tage später wurde ein Totenschiff an die Küste einer der Inseln von West-Elbiana angespült.
König Keandir und seine Begleiter nächtigten in den Gästegemächern der Manufaktur. Der König aber fand in dieser Nacht kaum Schlaf. Wirre Träume ließen ihn immer wieder erwachen. Vielleicht war ja die Verzweiflung des erblindeten Hauptmanns Rhiagon so groß, dass sie sich auch in die Gedanken der anderen gegenwärtig auf dem Elbenturm weilenden Elben übertrug. Jedenfalls dachte Keandir sehr häufig an das, was dem treuen Rhiagon widerfahren war und sah vor sich immer wieder dessen leere blutige Augenhöhlen vor sich.
Siranodir mit den zwei Schwertern hatte sich zwar des Erblindeten angenommen, doch dieser war schlichtweg untröstlich und äußerte immer wieder, man möge ihn an die Außenmauer der Manufaktur führen, damit er sich vom Elbenturm stürzen könne, um nach Eldrana einzugehen.
Keandir nächtigte allein in einem dem König vorbehaltenen Raum, und als er nun zum vierten Mal in dieser Nacht erwachte, spürte er einen deutlichen Unterschied. Aus irgendeinem Grund dachte er an seinen Sohn Magolas, sah dessen Gesicht mit den vollkommen schwarzen Augen vor sich und spürte gleichzeitig ein Unbehagen, das so übermächtig war, dass Keandir es nicht verleugnen konnte. Die Lippen Magolas' bildeten einen geraden Strich, so als würde Keandirs Sohn sie fest zusammenpressen, um zu verhindern, dass ihm ein unbedachtes Wort entfleuchte.
Das Bild verblasste, aber das Unbehagen blieb. Ein Gefühl drohender Gefahr hatte vom König der Elben Besitz ergriffen. Er trat zum Fenster und öffnete es. Es war nach Süden ausgerichtet. Der Mond schien ungewöhnlich hell, und sein Licht ließ die schneebedeckten Gipfel Hoch-Elbianas leuchten.
Etwas würde geschehen. Etwas war auf den Weg ins reich der Elben. Etwas Dunkel, Grausames. Etwas, dem die
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