Elben Drachen Schatten
Keandir hatte gesehen, wie den ehemaligen Kommandanten der Manufaktur-Wachmannschaft eine volle Blätterladung erwischt hatte. Yintarils Gegner, mit dem er gerade in einem tödlichen Zweikampf verstrickt gewesen war, hatte die kurze Ablenkung des Hauptmanns genutzt, um ihm die Schattenklinge in den Leib zu rammen. Anschließend hatte sich Yintaril innerhalb von Augenblicken in eine Schattenkreatur verwandelt, die sie sogleich auf den König konzentriert hatte. Er hatte noch einen Einhandschützen getötet, der seine Waffe nicht schnell genug hatte nachladen können, und sich dann Keandir zum Kampf gestellt.
Jene Schattenkreaturen, die zuvor Armbrustschützen gewesen waren, hielten zwar die Umrisse von Einhandarmbrüsten in den schwarzen Klauen, aber diese waren zum Glück offenbar nicht funktionsfähig.
Keandir kreuzte mit seinem Gegner die Klingen. Er hoffte zunächst, dass einer der Einhandschützen die Kreatur vernichten würde, aber das war nicht der Fall. Bisher hatte er es vermieden, sein Schwert Schicksalsbezwinger in den Leib der Schattenkreatur zu rammen, denn er wusste nicht, welche Folgen dies eventuell haben würde. Davon abgesehen hielt ihn eine gewisse Scheu davon ab, da der König in seinem Gegner noch immer den treuen Kampfgefährten Yintaril erkannte, mit dem er bei der Schlacht am Elbenturm Seite an Seite gekämpft hatte.
Doch schließlich blieb dem Elbenkönig keine andere Wahl. Er parierte die Schläge seines Gegners und stieß dann urplötzlich mit Schicksalsbezwinger zu. Bläuliche Lichtblitze umflorten die Klinge, als sie sich in die Brust des Schattenwesens senkte. Keandir hatte dabei ganz das Gefühl, als bestünde der Körper seines Widersachers aus Fleisch und Blut, obgleich der Anblick einen anderen Eindruck vermittelte. Ein stöhnender, schmerzerfüllter Laut ging von dem Schattenkrieger aus. Ein Laut, bei dem sich König Keandir gar nicht sicher war, ob er ihn wirklich hörte oder ob es sich dabei um den Aufschrei einer Gedankenstimme handelte.
Die Kreatur verlor ihre Form, zerfloss, wurde zu einem grauen Klumpen, und die pechartige Substanz, aus der sie bestanden hatte, trocknete aus und wurde zu ascheähnlichem Pulver, so fein wie Staub. Schon der Tritt eines Stiefels wirbelte ihn empor.
Schwarzer Rauch quoll aus dieser Asche hervor. Pure Finsternis, die sich aus den Überresten des besiegten Schattenkriegers herauslöste, und dann drang sie durch Mund, Nase und Augen in Keandir ein.
Ein Gefühl der Kraft durchströmte den Elbenkönig, und er stieß einen wilden, völlig unelbischen Schrei aus.
Prinz Sandrilas, der ganz in der Nähe gegen einen der Schattenkrieger kämpfte, war darüber kaum noch befremdet. Ähnliches hatte man schließlich während der Schlacht auf dem Elbenturm von Keandir erlebt. Der König ließ Schicksalsbezwinger kreisen und stürzte sich mit tollkühner Todesverachtung auf seine Gegner.
Prinz Sandrilas konnte seinem König nicht beistehen, dazu setzte ihm sein Gegner zu sehr zu. Doch ein Schuss aus Thamandors linker Einhandarmbrust machte dem Schattenkrieger ein Ende.
»Ich danke!«, knurrte Sandrilas.
»Nichts zu danken«, erwiderte der Waffenmeister – und da ihn gerade kein weiterer Feind bedrängte, was ihm zumindest erlaubte, seine Waffe nachzuladen, nahm er auch gleich einen Bolzen aus der Schlaufe seiner Lederschärpe und legte ihn ein, um mit einer weiteren Bewegung die Waffe zu spannen. Die Einhandarmbrust war so konzipiert, dass man dafür nicht einmal beide Hände benötigte.
Sandrilas aber schaute auf den König, der die Schattenkrieger mit seinem Schwert Schicksalsbezwinger fällte wie der Schnitter das Korn. Fast wie von Sinnen erschien er dem in Athranor geborenen Prinzen und väterlichen Mentor des Elbenkönigs. Es gab kaum jemanden, der Keandir so nahe stand und so gut zu deuten vermochte, was in ihm vorging – abgesehen von seiner Gemahlin Ruwen. Aber in diesem Augenblick war er Prinz Sandrilas völlig fremd.
Mit wuchtigen Bewegungen schlug er auf seine schattenhaften Gegner ein. Drei davon hatten sich gerade um den König gescharrt, aber es bereitete ihm kaum Mühe, sie auf Abstand zu halten. Mit der Klinge Schicksalsbezwingers fuhr er durch den Leib eines Schattenkriegers, woraufhin ein wimmernder Laut erklang. Der Schattenkrieger sank ins sich zusammen. Keandir wirbelte herum, parierte den Schlag eines weiteren Gegners und stieß zu. Mit beiden Händen führte er das Schwert, trieb die Klinge tief in den Leib der unheimlichen
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