Elben Drachen Schatten
wollte man gegen eventuelle Angriffe der Ouroungour gewappnet sein.
Lirandil der Fährtensucher näherte sich dem Waldrand. Das Unterholz war sehr dicht. Der Fährtensucher betastete verschiedene Pflanzen und sah sich die Blätter der Bäume an, die durchaus bekannte Arten waren, allerdings eine geradezu monströse Größe aufwiesen.
Der Fährtensucher lauschte und zog die Stirn in Falten. Er schloss die Augen und murmelte eine magische Formel, die auch Keandir kannte. Offenbar erforschte er mit seinem Geist die Umgebung. Ein Ruck durchlief ihn, bevor er sich an den König wandte. »Hier stimmt einiges nicht«, erklärte er. »Kein Tier hält sich in der Umgebung auf. Da ist kein entsprechendes Geräusch zu vernehmen, kein Kratzen irgendwelcher Pfoten, kein Summen von Insekten, nicht mal ein Regenwurm, der sich durch den Boden gräbt.« Er kniete nieder und grub mit der Spitze seines Breitschwertes im Waldboden. Eine Handvoll Erde hob er mit der Linken auf, zerdrückte sie und ließ sie durch die Finger rieseln. Er schüttelte den Kopf. Dann trat er an einen der Bäume und ritzte mit dem Breitschwert die Rinde ein Stück auf. Kein Harz floss den Stamm entlang. Stattdessen kam morsches, verfaultes Holz zum Vorschein. Das Material war porös und zerbröselte, als Lirandil weiter in den Stamm bohrte.
»Hier ist nichts lebendig«, stellte er fest. »Abgesehen von den monströsen Blättern und Stauden sowie einigen Rankpflanzen, die alles überwuchern und ersticken.«
»Dunkle Magie ist hier am Werk«, stellte Keandir fest.
Lirandil nickte. »Zu diesem Schluss bin ich auch gekommen.«
»Ein Zentrum finsterer Kräfte muss hier ganz in der Nähe liegen«, war Keandir überzeugt.
»Ich fürchte, wir werden hier noch so manch unangenehme Überraschung erleben«, murmelte Prinz Sandrilas, der hinzugekommen war.
Die Elben bahnten sich auf breiter Front den Weg durch das morsche Unterholz dieses vollkommen leblosen Waldes. Die größte Gefahr ging dabei von Bäumen aus, die bereits so verfault und morsch waren, dass sie plötzlich umknickten. Dann senste der Stamm durch den Wald, krachte gegen andere Stämme, die er zersplittern ließ, und riss sie mit sich. Schneisen der Verwüstung entstanden; die Elben mussten sehr aufpassen, nicht unter einen der umstürzenden Bäume zerquetscht oder von umherwirbelnden Trümmern getroffen zu werden.
»Ich frage mich, weshalb die Äfflinge uns nicht angegriffen haben«, sagte Sandrilas irgendwann, wie immer misstrauisch.
»Vielleicht erinnern sie sich noch daran, wie es ihnen im Kampf gegen uns ergangen ist«, glaubte Thamandor, der sein Schwert Leichter Tod, das aus einem besonders leichten Stahl geschmiedet war, dazu benutze, einen Weg zu bahnen. Immer wieder sauste der Leichte Tod durch die Luft und schnitt durch die Barrieren aus ineinander verhakten Schlingpflanzen und Unterholz.
»Nein, die Lebensspanne der Ouroungour dürfte die der Rhagar kaum übersteigen, vielleicht ist sie sogar geringer«, widersprach Lirandil. »Von jenen, die uns damals begegneten, lebt heute niemand mehr. Und ich glaube auch nicht, dass ihr Sprachvermögen dazu ausreicht, die Geschichte über uns an den Lagerfeuern zu erzählen und so von Generation zu Generation weiterzugeben.«
»Damals schienen sie mir aber dennoch sehr raffiniert und nach Plan vorzugehen«, sagte Keandir. »Und das gibt mir Anlass zu größter Sorge.«
»Und in welche Richtung gehen Eure Sorgen, mein König?«, fragte Lirandil.
»Ich denke, dass sie unter dem Befehl Xarors stehen. Vielleicht sogar auf eine viel direktere Weise, als wir uns bisher vorgestellt haben.«
»Und was, wenn es nicht Xaror ist, der ihnen gebietet?«, fragte Sandrilas. Keandir wusste sofort, worauf der uralte, noch in Athranor geborene Elbenprinz abzielte.
Die beiden Männer wechselten einen kurzen Blick. »Dass es mein Sohn sein könnte, dessen dunkle Macht ich auf dieser Insel spüre, darüber möchte ich nicht einmal nachdenken«, sagte Keandir. Aber dass diese Möglichkeit bestand, ließ sich nicht von der Hand weisen. Die Kräfte der Finsternis waren ausgesprochen stark in Magolas, und stark waren auch seine magischen Fähigkeiten. Natürlich waren sie mit denen Xarors nicht zu vergleichen, aber vielleicht reichten sie, um ein paar Äfflinge zu Mördern zu machen.
Plötzlich tauchten mehrere Dutzend der Geflügelten in den Baumkronen auf. Sie trugen Bündel bei sich; die hatten sie aus den Riesenblättern geformt, die wie ein letztes Aufbäumen
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