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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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schon uralt gewesen, als sie die alte Heimat verlassen hatten, und seine Erinnerungen reichten weiter zurück als die jedes anderen Elben. Dennoch litt er weder an Schwermut noch am verderblichen Lebensüberdruss. Sein Gesicht zeigte nicht jene zeitlose Ebenmäßigkeit, die viele Elbengesichter in hohem Alter kennzeichnete. Stattdessen waren die Züge Fürst Bolandors sehr markant und drückten eine Entschlusskraft und einen Durchsetzungswillen aus, der selbst vielen Seegeborenen nicht zu eigen war.
    Aber mit Prinz Sandrilas fehlte ein wichtiges Mitglied des Kronrats, der dem König der Elben bei allen wichtigen Entscheidungen beratend zur Seite stand und insbesondere bei Streitigkeiten in Fragen der Königsnachfolge ein gewichtiges Wort mitzureden hatte. Am schwersten aber lastete die Abwesenheit des Königs auf allen, die sich an Bord der »Tharnawn« befanden. Die Ungewissheit über sein Schicksal lag wie Mehltau über den sensiblen Gemütern der Elben. Es gab wohl niemanden in der gesamten Flotte, der davon nicht betroffen war.
    Ganz besonders galt dies natürlich für seine Gemahlin.
    Nur mit halber Freude lauschte Ruwen daher dem Bericht von Ithrondyr, dem Kapitän des bereits zurückgekehrten Kundschafterschiffes »Jirantor« – was »Wellendieb« bedeutete ―, das der Küste Richtung Nordwesten gefolgt war. Kapitän Ithrondyr hatte festgestellt, dass jene Küste zu einer Insel gehörte, die einem großen Festland vorgelagert war – und dass sowohl die Ostseite der Insel als auch die Küste des riesigen Festlands keineswegs einer felsigen Einöde im Nebel glich. Ganz im Gegenteil ― in den hellsten Farben hatte er dieses Land beschrieben, dessen er aus der Ferne ansichtig geworden war. »Ein Land wie geschaffen, um ein neues Reich zu gründen. Buchten, die wie natürliche Häfen wirken. Anhöhen, auf denen Festungen errichtet werden können, und Wiesen, so fruchtbar, dass sie selbst die Geschichten über Athranor in den Schatten stellen!«
    Schon die Tatsache, dass er diesen nahen Kontinent mit der Alten Heimat verglich und dabei auch noch den mythischen Namen Athranor verwendete, zeigte, wie groß sein Enthusiasmus war. Ein Enthusiasmus, den es unter den Elben lange Zeit nicht gegeben hatte.
    Athranor war ein Sammelbegriff für die Länder der Alten Heimat. Ein Name, der nur dann benutzt wurde, wenn man über jene goldenen Zeiten sprach, in denen die Mächte des Bösen noch nicht die Alte Heimat heimgesucht hatten. Manche bezweifelten, dass es ein solches Zeitalter je gegeben hatte. Aber das ließ sich nicht überprüfen, denn selbst Fürst Bolandor war nicht alt genug, um sich an jene glückliche Epoche zu erinnern.
    Das Gegenstück zu Athranor, den verlorenen Traum der Vergangenheit, war Bathranor, wie man die Gestade der Erfüllten Hoffnung auch nannte. Ein Land, das die Weisen und Magiebegabten unter den Elben bei ihrem Aufbruch in schillernden Visionen vor sich gesehen hatten. Visionen, die ihnen Bathranor als so real und erreichbar wie jedes andere Land hatte erscheinen lassen.
    Der Einsatz mächtiger Magie hatte schließlich dafür gesorgt, dass diese Visionen vom gesamten Volk der Elben geteilt wurden. Ein Traum aller Elben. Eine Sehnsucht, der sich niemand hatte entziehen können und die stärker gewesen war als alles andere. Manche behaupteten später, sie wäre sogar stärker als die Vernunft gewesen, und man könnte es eigentlich nur bedauern, dass sich das gesamte Elbenvolk von diesem Traum hätte in den Bann schlagen lassen.
    Doch das alles war lange her. Und die Mehrheit derer, die mit diesen Visionen einst aufgebrochen waren, hatte in der Zwischenzeit der Lebensüberdruss dahingerafft, während die so genannten Seegeborenen weder Erinnerungen an die alte Heimat noch den Traum von den Gestaden der Erfüllten Hoffnung geteilt hatten.
    Ithrondyrs Begeisterung über das, was er gesehen hatte, wirkte ansteckend. Umso bedauerlicher war es, dass er es aufgrund widriger Umstände nicht geschafft hatte, bereits an der Küste dieses nahen Kontinents zu landen. Ein geheimnisvoller, seiner Ansicht nach magischer Wind hatte verhindert, dass er mit seiner Mannschaft bis dorthin hatte vordringen können. Auch unter Aufbietung aller seemännischen Fähigkeiten seiner Leute war es nicht gelungen, diese Kraft zu überwinden.
    »Das ist ein Land, wie geschaffen, um ein neues Elbenreich zu gründen«, hatte er gesagt, und seine Worte hallten noch in Ruwen wider. »Aber ob wir es angesichts der Widrigkeiten,

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