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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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erfüllen schien. Sie erinnerten den König der Elben an jene Linien auf der Stirn des Augenlosen, die sich in Bilder von geradezu hypnotischer Eindringlichkeit verwandelt hatten.
    Die Linien an der Höhlendecke lösten sich mehr und mehr vom Gestein. Sie tanzten über die glatt polierte Oberfläche der Felsenkuppel, die sich über die Halle des letzten Königs der Ouroungour wölbte. Dann vereinigten sie sich zu einem Knäuel und bildeten etwas, das wie der Schatten einer gewaltigen, nur als dunkler Umriss sichtbaren Kreatur wirkte. Selbst das grelle Licht des magischen Feuers vermochte es nicht, die pure Finsternis zu erhellen, aus der das Wesen bestand, dessen Konturen wie eine bizarre Mischung aus Spinne und Tintenfisch erschien. Ein Vielbeiner, der fortwährend die Form änderte und aus dem immer wieder tentakelartige Fortsätze wuchsen.
    »Das ist Euer Gegner, König Keandir!«, rief der Seher – diesmal mit seiner Geisterstimme und seinem Mund, wobei die Worte den zahnlosen Spalt in seinem augenlosen Gesicht mit geringfügiger Zeitverzögerung verließen, sodass der Eindruck eines grotesken Echos erzeugt wurde. »Ich denke, Ihr wisst, was zu tun ist! Falls Ihr versagen solltet, wird es glücklicherweise nur Euer Schaden sein, denn ich werde rechtzeitig ins Erdreich versinken, um mich dem Zorn des Feuerbringers und der Äfflinge zu entziehen, und Euren naiven Begleiter werde ich gern ebenfalls retten.«
    »Zu gütig, Augenloser!«, knurrte Keandir grimmig.
    Er fasste Trolltöter mit beiden Händen und dachte: Nun beweise, dass du tatsächlich ein Schicksalsbezwinger bist!
    Er hatte keine Ahnung, auf welche Weise er den Feuerbringer besiegen konnte. Aber tief in sich spürte er eine bisher ungekannte Stärke, die offenbar aus der finsteren Kraft geboren war, die der Augenlose auf ihn übertragen hatte.
    Ein Schauder überkam Keandir. Aber es war nicht der Augenblick für Skrupel irgendwelcher Art. Es war der Augenblick der Entscheidung.
    An einem Faden, der ebenfalls aus undurchdringlicher pechschwarzer Finsternis bestand wie die Kreatur selbst, ließ sich das amorphe Geschöpf zu Boden und landete genau in der Mitte des Feuerkreises, der das Kampffeld begrenzte. Aus der Oberseite seines Körpers wuchs ein halbes Dutzend Tentakel und richtete sich gegen Keandir. Im nächsten Moment schossen aus deren Enden grellweiße Feuerstrahlen.
    Alles, was Keandir sah, war eine gleißende Feuersbrunst, die seine Netzhäute zu verbrennen drohte. Dann gellte Keandirs heiserer Schrei durch die Halle des letzten Königs der Ouroungour. Schauerlich hallte er in dem riesigen Gewölbe wider.
    Branagorn fühlte im selben Moment, wie er den festen Boden unter den Füßen verlor. Er sank einfach durch den Stein. Jeder Halt war plötzlich weg. Hart landete er auf einer geröllartigen Oberfläche. Um ihn herum war es vollkommen dunkel. Nicht einmal die Hand vor Augen vermochte er mehr zu sehen.
    Branagorn rappelte sich sofort auf, streckte die Hand aus – aber da war nichts. Ein feuchter Modergeruch stieg ihm in die Nase. Es war stickig. Branagorn machte einen Schritt nach vorn und berührte mit der ausgestreckten Hand feuchtes, bröckelndes Erdreich.
    Sein Blick glitt nach oben, fand dort aber nichts als Dunkelheit. Eine Schwärze, die absolut undurchdringlich war. Nicht einen einzigen Lichtstrahl gab es in diesem finsteren Verlies, in das er so unvermittelt geraten war.
    »Keandir!«, rief er. »Mein König! Könnt Ihr mich hören?«
    Er lauschte. Und die einzige Antwort, die er erhielt, bestand in einem unangenehm klingenden, schabenden Laut, der an das Scharren von Rattenpfoten auf Stein erinnerte …

10. Kapitel:
    Die Rückkehr der Kundschafter

    »Kean!«, flüsterten schreckensbleich gewordene Lippen. Ruwens Verbundenheit mit ihrem Gemahl war so groß, dass sie spürte, wenn sich der König in großer Gefahr befand. Selbst dann, wenn viele Meilen zwischen ihnen lagen.
    Die Königin stand an der Reling der »Tharnawn« und blickte hinaus in den wabernden Nebel. Hornsignale tönten durch das graue Nichts. Sie kündeten von der Rückkehr der Kundschafterschiffe. Eines von ihnen war bereits vor geraumer Zeit zurückgekehrt. Sein Kapitän Ithrondyr hatte sich mit einer Barkasse zur »Tharnawn« bringen lassen, um auf dem Flaggschiff der Elbenflotte Bericht zu erstatten. Die Mitglieder des Kronrates waren dort bereits teilweise eingetroffen, darunter der einflussreiche Fürst Bolandor, einer der ältesten Elben überhaupt.
    Er war

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