Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
Sinn, diese Beratungen überhaupt fortzusetzen!«
Zustimmung wurde laut. Mehrere Menschen und Zwerge erhoben sich.
»Bitte bleibt«, ergriff zum ersten Mal die Elbenkönigin Larisal, die zur Linken ihres Gemahls saß, mit sanfter Stimme das Wort. »Uns ist durchaus bewusst, dass die meisten von euch unserer Einladung mit vollkommen ehrlichen und ehrenvollen Absichten gefolgt sind. Dennoch deutet Vieles darauf hin, dass es unter uns einen Verräter gibt. Das sollte nicht nur uns, sondern auch euch größte Sorgen bereiten. Und wenn der heimtückische Hinterhalt nun bewirkt, dass unsere Beratungen gar nicht erst stattfinden, dann haben unsere Feinde ihr Ziel erreicht.«
Zögernd und widerstrebend nahmen diejenigen, die gerade aufgesprungen waren, wieder Platz.
»Ich weiß ohnehin nicht, was wir hier noch groß bereden sollen«, brummte ein alter Zwerg mit langem, grauem Bart und ebensolchen Haaren. »Unsere Forderungen sind klar. Wir wollen uns nicht länger von euch gängeln lassen, sondern unser Leben so führen, wie wir es für richtig halten. Und das werden wir auch tun. Ihr könnt uns höchstens mit Gewalt daran hindern, aber ich bezweifle, dass ihr so weit gehen werdet, wenn eure eigenen Prinzipien euch wirklich etwas bedeuten.«
»Dessen solltest du dir nicht zu sicher sein«, stieß Molakan hervor. Er wollte noch mehr sagen, doch mit einer scharfen Geste brachte Lotharon ihn zum Verstummen.
»Wir wurden in diese Welt gesandt, um das Böse zu bekämpfen und Licht und Ordnung zu verbreiten«, sagte er. »Diese Aufgabe haben wir erfüllt. Aber dazu gehört auch, darüber zu wachen, dass die Finsternis niemals zurückkehrt. Wir waren eure Lehrer, zumindest die Lehrer aller jüngeren Völker, die ohnehin erst entstehen und sich in Frieden ausbreiten konnten, weil unser Volk mit seinem Blut und seinem Leben die Finsternis vertrieben hat. Wäre uns dies nicht gelungen, gäbe es eure Völker gar nicht, oder ihr wäret nicht mehr als Sklaven der Kreaturen, die diese Welt einst beherrscht haben.«
»Dessen sind wir uns bewusst«, warf einer der beiden Goblins ein, die an dem Tisch saßen. »Und wir danken euch dafür. Aber es genügt uns nicht länger, zwar keine Sklaven zu sein, aber dennoch von euch beherrscht zu werden. Wir verlangen echte Freiheit ohne jemanden, der uns vorschreibt, was wir zu tun, wie wir zu denken und was wir zu lassen haben.«
Er sprach mit großem Nachdruck, dennoch fiel es Thalinuel schwer, das dürre kleine Wesen mit dem großen Kopf wirklich ernst zu nehmen. Immerhin hatte er fehlerfrei gesprochen, während viele seines Volkes dazu neigten, Wörter zu vertauschen und Sätze zu verdrehen – eine Schwäche, die auf ihre eigene, äußerst primitive Sprache zurückzuführen war.
»Aber wir schreiben euch nichts dergleichen vor«, widersprach Larisal. »Wir versuchen, euch zu helfen. Das haben wir getan, seit es eure Völker gibt. Wir haben nicht nur dafür gesorgt, dass ihr euch in Frieden entwickeln konntet, sondern waren stets auch eure Lehrer und haben unser Wissen an euch weitergegeben. Wir haben euch aus der Barbarei herausgeführt, sonst wärt ihr heute noch Wilde, die wahrscheinlich mit steinernen Faustkeilen aufeinander einschlagen würden. Durch uns jedoch habt ihr jahrhundertelange Entwicklungen übersprungen und bereits eine viel höhere Zivilisationsstufe erreicht, als es euch sonst möglich gewesen wäre.«
»Auch dafür danken wir den Elben«, sagte einer der Menschen. Thalinuel kannte ihn nicht, doch seiner dunkleren Hautfarbe nach musste er aus dem Süden stammen. »Aber selbst wenn wir noch Wilde wären, wie Ihr es bezeichnet, dann deshalb, weil dies unserer Natur entspräche. Euch jedoch interessiert unsere Natur nicht. Es ist Euch gleich, ob wir Menschen, Zwerge, Goblins oder was auch immer sind. Ihr messt alles nur an Euch selbst und wollt, dass wir ebenso sind und ebenso denken wir Ihr. Die Freiheit, die Ihr uns zugesteht, gilt nur innerhalb der Grenzen, die Ihr uns vorgebt. Aber wir werden uns nicht länger von Euch vorschreiben lassen, wie wir unser Leben zu führen haben.«
»Undankbares Gesindel«, schnaubte Molakan mit vor Zorn rot angelaufenem Gesicht. Wieder versuchte Lotharon ihn mit einer besänftigenden Handbewegung zum Schweigen zu bringen, doch diesmal ignorierte der Hüter der Türme die Geste. »Freiheit! Pah, für die Art von Freiheit, die ihr wollt, seid ihr noch längst nicht reif. Glaubt ihr wirklich, wir ließen euch gewähren, wie ihr es wollt?
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