Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1

worden war. Mittlerweile stellte es jedoch keinen Schock mehr für ihn dar, der ihn zu zerbrechen drohte, obwohl er selbst dies als eine Form der Erlösung begrüßt hätte.
    Aber Erlösung war ein Fremdwort für einen Schattenmahr, und Hoffnung nur ein Folterinstrument.
    WIR REITEN NICHT NACH ZARKHADUL, verkündete die Stimme in seinem Geist. UNSER ZIEL IST EIN ANDERES. DER ORT, AN DEM WIR UNSERE AUFGABE ERFÜLLEN WERDEN!

13
DIE BLUTTAUFE
    Thalinuels Geschichte, Juli 11657
alter Zeitrechnung der Elben
    Am ersten Tag hielt Thalinuel sich mit dem Training noch zurück, um den Arm und ihre übrige Muskulatur, die durch das viele Liegen der letzten Wochen stark gelitten hatte, nicht sofort zu überfordern. Sie beschränkte sich auf ein Lauftraining, Wurfübungen mit dem Dolch, leichte Schwertkämpfe und dergleichen mehr. Trotzdem hatte sie am nächsten Tag einen höllischen Muskelkater, ließ sich davon jedoch nicht beirren, sondern steigerte ihr Training sogar noch ein wenig. Eisern machte sie fast den ganzen Tag über ihre Übungen. Am dritten Tag ließ der Muskelkater nach, und erneut verstärkte sie ihre Anstrengungen.
    Ansonsten tat sie während dieser Tage fast gar nichts. Abends schienen Bleigewichte an ihren Gliedern zu hängen, und sie war so müde, dass sie fast augenblicklich einschlief, wenn sie sich hinlegte.
    Am vierten Tag nach ihren Gesprächen mit Molakan und Königin Larisal kehrten zusammen mit König Lotharon vierhundert der nach Riell entsandten Krieger nach Saltinan zurück, unter ihnen auch Verilon. Thalinuel freute sich über das Wiedersehen, doch als er begann, ihr Vorhaltungen wegen ihres unvernünftigen Verhaltens zu machen, weil sie damit ihre Gesundheit gefährdete, kam es beinahe zu einem heftigen Streit zwischen ihnen. Sie wusste, dass er nur ihr Wohl im Auge hatte, doch war sie es leid, sich ständig von anderen vorschreiben zu lassen, was sie tun und lassen solle. Ihre Verärgerung war so groß, dass sie ihm nicht einmal von den Gesprächen erzählte.
    Nach einer Woche des Übens hatten ihre Stärke und Ausdauer wieder fast den Stand wie vor der Verletzung erreicht. Auch in ihren Arm kehrte die Kraft allmählich zurück, und vier Tage später fühlte sie sich stark genug, ihren Dienst wieder anzutreten. Wie sie es versprochen hatte, unterrichtete sie unverzüglich den Hüter der Türme davon und meldete sich freiwillig zu den Patrouillen.
    Gleich am nächsten Tag unternahm sie zusammen mit fünf anderen Kriegern den ersten Erkundungsritt. Er führte sie nicht besonders weit, lediglich in das rund fünfzehn Meilen entfernte Norburg, die Saltinan am nächsten gelegene menschliche Siedlung, und wieder zurück. Früher hatte es ein freundliches, fast herzliches Verhältnis und rege Handelsbeziehungen gegeben. Dies hatte sich geändert. Mittlerweile musste man schon froh sein, dass es mit den Menschen von Norburg zumindest noch zu keinen Zwischenfälle gekommen war, und dass sie ihnen noch den Zutritt zu ihrer Stadt gewährten.
    Während sie langsam durch Norburg ritten, blickte Thalinuel sich aufmerksam um. Die frühere Herzlichkeit war verschwunden, aber sie gewann den Eindruck, dass die Menschen ihnen nicht feindselig gegenüberstanden. Dafür entdeckte sie in vielen Gesichtern Angst.
    Auch in den kommenden Tagen nahm sie immer wieder an Patrouillen teil, manchmal zusammen mit Verilon. Ihr Verhältnis zueinander hatte sich wieder gebessert. Er vertrat immer noch den Standpunkt, dass sie leichtfertig gewesen war und sich länger hätte schonen sollen, doch sah er ein, dass sie sich trotzdem gut erholt hatte und ihren Aufgaben mittlerweile wieder in vollem Umfang nachkommen konnte.
    Auch Olvarian, Molakans Stellvertreter, den die Königin ihr gegenüber erwähnt hatte, lernte sie kennen und wurde manchmal einem von ihm befehligten Spähtrupp zugeteilt. Im Gegensatz zum Hüter der Türme war er Krieger und hatte eine entsprechende Ausbildung durchlaufen, auch wenn er das Kriegshandwerk aufgrund seines Amtes in den letzten Jahren weitgehend hatte ruhen lassen.
    Er war kaum älter als Molakan selbst und erwies sich als ein freundlicher und charmanter Plauderer. Allerdings merkte Thalinuel rasch, dass er in seinen Ansichten tatsächlich ausgesprochen radikal war. Er blickte voller Verachtung auf die jüngeren Völker hinab und hatte keinerlei Nachsicht mit ihnen, betrachtete ihr Tun als verabscheuungswürdigen Verrat.
    »Ginge es allein nach mir, dann wäre es gar nicht erst so weit gekommen«,