Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
genau das war das Ziel der Wesenheit, die Besitz von ihm ergriffen hatte. Er wusste es nicht nur, weil sie es ihm gesagt hatte, sondern weil sie ihn einen Blick auf ihre Pläne hatte werfen lassen.
Gegen diese Gefahr, die er selbst mit heraufbeschwor, nahm sich die Bedrohung durch die Thir-Ailith geradezu harmlos aus. Auch sie waren nicht mehr als Werkzeuge gewesen, allerdings Werkzeuge, die sich zwar willig schmieden und zu großer Stärke hatten formen lassen, sich letztlich aber geweigert hatten, der Hand zu gehorchen, die sie führen wollte. Sie hatten das Tor zwischen den Welten nur gerade so weit geöffnet, dass sie die benötigte Kraft daraus beziehen konnten, es aber niemals ganz aufgestoßen.
Erst er selbst hatte das getan, zweimal sogar, wenn auch nur für unglaublich kurze Zeitspannen, wie Lhiuvan nun wusste. Das erste Mal unbewusst und ungewollt, als er versucht hatte, Barlok vor dem Sturz in das Tor zu bewahren. Dabei war er selbst für einen Moment mit den Händen hineingeraten, und schon dieser winzige Kontakt hatte ausgereicht, dass sich ein zunächst nur kleiner Teil des fremden Wesens in ihm eingenistet hatte. Über Jahre hinweg hatte es in ihm gelebt, hatte ihn studiert und nach und nach unbemerkt immer mehr Einfluss auf sein Denken genommen. Viele seiner Gedanken und Taten in dieser Zeit waren nicht aus eigenem Antrieb erfolgt, aber noch hatte die Kreatur ihn nicht versklaven können.
Die ganze Zeit über war es ihr Ziel gewesen, ihn das Tor gänzlich öffnen zu lassen. Dafür hatte sie ihm falsche Bilder von Macht vorgegaukelt, ihn glauben lassen, er würde zum Besten seines Volkes handeln, und beinahe wäre es ihr gelungen. Er hatte das Tor geöffnet, allerdings wieder nur für den Bruchteil einer Sekunde. Zu kurz, als dass die unaussprechlichen Ungeheuer, die jenseits der Barriere zwischen den Welten lauerten, hätten körperlich in seine Welt eindringen können, aber lange genug, dass die Kreatur völlig Besitz von ihm ergreifen konnte.
Alles weitere war jetzt nur noch eine Frage der Zeit, wenn es ihr gelang, mit seiner unfreiwilligen Hilfe ihre Pläne in die Tat umzusetzen.
Er wusste nun, in welche Daseinsebene das Tor führte, welche furchtbaren Kreaturen auf der anderen Seite hausten und nur darauf warteten, über diese Welt herzufallen.
Erneut über sie herzufallen, denn das hatten sie schon einmal getan und alles Leben unterjocht oder auf ihren Altären dahingeschlachtet.
Die Schattenmahre …
Sendboten ewiger Verdammnis. Finstere, unsterbliche Dämonenlords, die jegliches Leben hassten. Die Personifizierung des Chaos, des Leides, für die die Schmerzensschreie gepeinigter Kreaturen Musik darstellten, deren Herzen aus Bosheit bestanden, und deren Atem Pestilenz über ganze Landstriche brachte.
Die Schattenmahre, für die Güte einen Fluch, Liebe ein Verbrechen und Licht eine Blasphemie darstellten. Kreaturen, deren Lebenselixier der Hass war, und Mordlust die geringste ihrer schwarzen Begierden.
Einst hatten sie diese Welt beherrscht, die schrecklichsten Diener der Chaosgötter, ehe sie unter unsäglichen Opfern von den Elben mit lichtem Stahl und Feuer besiegt worden waren. Doch diese Niederlage und die Zeit ihrer Verbannung hatten ihren Hass nur noch gesteigert, wenn dies überhaupt möglich war. Und so hatten sie jenseits des magischen Tores auf den Tag ihrer Rückkehr gewartet, der nach Äonen nun zum Greifen nahe war …
Im Moment jedoch ahnte Lhiuvan nichts davon. Die Methoden, mit der die Kreatur ihn zur Zusammenarbeit zwang, beschränkten sich nicht nur darauf, seinen Körper zu kontrollieren. Dies bedeutete für sie einen ständigen Kampf gegen sein eigenes Bewusstsein, und obwohl sie stärker war als er, schien es sie doch anzustrengen. Es gab einfachere Wege.
Sie hatte rasch herausgefunden, dass es in bestimmten Situationen sogar günstiger war, ihm die Kontrolle zu überlassen, wenn er in ihrem Sinn handelte und glaubte, es aus freiem Willen zu tun. Zu diesem Zweck beeinflusste sie jeweils sein Gedächtnis. Es lag nicht in ihrer Macht, es zu verändern und ihm falsche Erinnerungen vorzugaukeln, aber meistens genügte es schon, wenn sie ihm einfach den Zugriff auf bestimmte Teile seines Gedächtnisses verwehrte.
So wie in Waldhain.
Die ganze Zeit über hatte er nichts von dem Parasiten in sich geahnt und an eine Rückkehr zu seinem Volk geglaubt. Die Kreatur hatte ihm völlig freie Hand lassen können, da sie wusste, dass er sich nicht gegen etwas auflehnen
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