Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
würde, an das er sich nicht einmal erinnerte.
So geschah es auch jetzt. Lhiuvan erinnerte sich daran, dass er Waldhain verlassen und den Fluss überquert hatte, aber nicht, dass die Stimme es ihm befohlen hatte. Und er hielt es auch für seinen eigenen Einfall, den Weg bis nach Zarkhadul nicht mühsam zu Fuß zurückzulegen, sondern sich ein Pferd zu besorgen.
Es war nicht schwer gewesen, einen herumstreifenden Trupp Barbaren vom Fluss zu ihrem Lager in den Wäldern Lartronias zu verfolgen. Stundenlang hatte er es beobachtet. Der Stamm, mit dem er es hier zu tun hatte, besaß einige Rösser, allerdings nur wenige, und sie wurden genau wie das übrige Lager gut bewacht. So gründlich Lhiuvan auch nach einer Schwachstelle gesucht hatte, er hatte keine finden können. Es war unmöglich, in das Lager einzudringen, um eines der Pferde zu stehlen – jeder derartige Versuch wäre zum Scheitern verurteilt.
Wenn er ein Reittier an sich bringen wollte, musste es ihm auf andere Weise gelingen, und er hatte bereits einen Plan, wie er es schaffen könnte. Auch dieses Vorhaben würde gefährlich sein, aber ein gewisses Risiko musste er eben eingehen.
Von Zeit zu Zeit schickten die Barbaren berittene Patrouillen los, wie er beobachtet hatte, wohl gleichermaßen auf der Suche nach Beute, wie um zu erkunden, ob sich ihnen irgendeine Gefahr näherte. Eine dieser Patrouillen wollte Lhiuvan überfallen.
Dazu war er auf einen Baum geklettert, der seine breiten Äste über den einzigen zum Lager führenden Pfad ausstreckte. Inzwischen war es später Nachmittag. Seit Stunden wartete er nun schon hier. Selbst ein Elb kannte Ungeduld, doch er bekämpfte sie mit Meditationstechniken. Sollte an diesem Tag keine Patrouille mehr ausrücken, würde er notfalls bis zum nächsten Tag hier warten, aber er hoffte, dass dies nicht nötig sein würde.
Tatsächlich brach im Lager schließlich Unruhe aus, und das Schnauben von Pferden war zu hören. Beobachten konnte er nicht, was dort vorging, dafür war er zu weit entfernt. Es wäre Wahnsinn gewesen, die Reiter in Sichtweite des Lagers anzugreifen, auch wenn er sich dafür nun allein auf sein scharfes Gehör verlassen musste. Gebannt lauschte er, bis nach einigen Minuten Hufschlag zu vernehmen war.
Von einer Sekunde auf die andere verdrängte Lhiuvan alle anderen Gedanken, konzentrierte sich nur noch auf den vor ihm liegenden Kampf. Alle seine Muskeln waren angespannt, als die Barbaren sich in schnellem Tempo hintereinander auf dem Pfad näherten und unter dem Baum hindurchritten, auf dem er Posten bezogen hatte.
Sie waren zu fünft, und als sich der letzte Reiter fast unter ihm befand, stieß er sich ab. Alles hing davon ab, dass sein Sprung perfekt gelang, sonst war er verloren.
Mit den Füßen traf Lhiuvan Kopf und Schultern des Barbaren, und wie er gehofft hatte, war die Wucht des Aufpralls groß genug, den völlig überraschten Mann aus dem Sattel zu schleudern. Noch während sie gemeinsam zu Boden stürzten, griff er mit seinen magischen Kräften nach dem Geist des Pferdes und verankerte den Befehl darin, stehen zu bleiben. Dies war der unsicherste Teil seines Plans. Ihm blieben nur Bruchteile von Sekunden, und es war mehr als fraglich, ob es ihm in dieser kurzen Zeit gelingen würde, das Tier ausreichend stark zu beeinflussen.
Im nächsten Moment prallten sie auf dem Boden auf. Der Körper seines Gegners dämpfte Lhiuvans Sturz, aber wenn er gehofft hatte, dass der Barbar wenigstens für ein paar Sekunden benommen sein würde, so sah er sich getäuscht. Der bullige Mann sprang augenblicklich wieder auf und schüttelte ihn dabei wie ein Kind ab. Gleichzeitig riss er sein Schwert aus der Scheide.
»Ein Elb«, stieß er verblüfft hervor, als er seinen Widersacher zum ersten Mal richtig erblickte. Die anderen Reiter hatten von dem Vorfall nichts bemerkt und waren weitergeritten, und mit ihnen auch das nun herrenlose Pferd. Aber damit hatte Lhiuvan gerechnet. Selbst wenn sein geistiger Befehl es erreicht hatte, würde es nicht sofort darauf reagieren.
Anders als erhofft verschaffte die Verblüffung seines Gegenübers ihm keinerlei Vorteil. Der Barbar war kampferfahren genug, dass er sich durch das Überraschungsmoment nicht beirren ließ und fast instinktiv reagierte. Die Spitze seines Schwertes zuckte wie der Kopf einer angreifenden Schlange auf Lhiuvan zu. Nur seine ungeheuer schnellen Reflexe retteten ihn.
Er knickte in der Hüfte ein und wich durch eine halbe Drehung zur Seite
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