Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
und Brysantis folgten wenig später. „Wäre es nicht klüger, sie würden die Grenze bewachen, um die Waldgeister oder wen sonst auch immer abzuwehren.“
„Ich schlage vor, Ihr haltet Euch mit derlei strategischen Ratschlägen gegenüber dem Faunkönig etwas zurück“, ermahnte ihn Daron. „Das könnte uns Ärger ersparen.“
„Keine Sorge“, erwiderte Thamandor. „Meine feinfühlige diplomatische Ader ist doch überall bekannt.“
„Ich glaube, diese Wächter stehen dort wohl mehr zur Zierde“, meinte Sarwen. „Lirandil hat doch mal berichtet, dass er auf seinen Reisen in die Länder der Menschen Paläste besuchte, die von Soldaten mit langen Schnabelschuhen und riesigen, bis fast über die Augen reichenden Fellmützen bewacht wurden, die kaum laufen, geschweige denn kämpfen konnten.“
„Manche Herrscher haben in dieser Hinsicht wohl eigenartige Vorlieben“, erwiderte Thamandor. „Lassen wir uns also von den Schrullen des Faunkönigs überraschen. Ich hoffe nur, dass sie ihn nicht daran hindern, seinen Pflichten nachzukommen und etwas gegen die Waldgeister zu unternehmen.“
Die Blätter rechts und links von Thamandor begannen zu rascheln. Außerdem erhob sich ein Murren, von dem nicht zu sagen war, ob es von den Blättern verursacht wurde oder vielleicht auch aus dem Inneren des Baumes kam.
Thamandor zuckte regelrecht zusammen, als er es bemerkte.
„Es scheint mir tatsächlich angebracht, du würdest dich etwas respektvoller über den Faunkönig äußern“, mischte sich Brysantis ein, die all das mitangehört hatte.
„Tja, Lirandil hätte den Faune vielleicht besser nicht die Elbensprache beibringen sollen“, raunte Daron seiner Zwillingsschwester zu, worauf Sarwen mit einem lang gezogenen „Schschscht!“ antwortete und gleichzeitig einen entsprechenden heftigen Gedanken unterdrückte, damit sich der Nebelbaum nicht unnötig aufregte.
Cabrejus, der wohl schon vorher von den Faltern zum Königssitz gebracht worden war, kam ihnen entgegen, und in diesem Augenblick erschienen auch Xarors Knecht und Elbenschreck, für die es offensichtlich etwas völlig Selbstverständliches war, von einem Falterschwarm den Nebelbaum emporgetragen zu werden.
„Der König erwartet die Ankunft der Verwandten Lirandils schon voller Ungeduld!“, rief Cabrejus.
„Na ja, so nahe er uns auch steht“, sagte Thamandor, „aber direkt verwandt sind wir mit Lirandil nicht.“ Dafür erntete er von Daron und Sarwen einen vernichtenden Blick.
Da ertönte auf einmal ein Fanfarenchor. Allerdings wurden keine Trompeten, Posaunen oder Hörner geblasen, sondern sanfte Flöten gespielt, und zwar von einer Gruppe Faune, die etwas abseits stand. Daron hatte sie zunächst nicht weiter beachtet, aber bereits auf die ersten Töne der Flöten hin raschelten überall Blätter, und der gesamte Geheime Wald war von einem Summen und Surren erfüllt.
„Das klingt beinahe wie die Musik manch elbischer Komponisten“, sagte Sarwen ergriffen.
„Das ist Musik“, korrigierte Brysantis. „Und sie ist ganz gewiss nicht weniger kunstvoll als das, was die Komponisten aus Lirandils Volk zustande bringen.“
Endlich erschien der Faunkönig. Er schritt aus dem Gebäude in der Mitte der Astgabelung und war gleich an seiner Krone aus vergoldeten, ineinander verflochtenem Geäst zu erkennen, die er an seinen Hörnern befestigt hatte. Allerdings sah das für elbische Augen ein bisschen so aus, als hätte er ein Vogelnest auf dem Kopf, das mit Goldfarbe bestrichen war.
„Ich grüße euch und wünschte, wir würden uns unter glücklicheren Umständen begegnen!“, sagte der Faunkönig, und auf seiner Stirn bildeten sich genauso tiefen Falten wie auf der von Cabrejus.
Tharoch, der Trork-Ritter, kniete vor seinem König nieder, wobei er diesen allerdings selbst dann noch weit überragte.
Als König Sembros ihm huldvoll zunickte, erhob sich Tharoch wieder. „Wir sind in großer Gefahr und können nur hoffen, dass die Fremden uns zu helfen vermögen“, sagte Tharoch.
„Die Blätter sprechen bereits von einem Gedröhne unter der Erde“, erklärte König Sembros.
„Auch für die Trork-Sinne ist es deutlich zu vernehmen!“, bestätigte Tharoch.
In diesem Augenblick ging eine leichte Erschütterung durch den Baum. Die Blätter zitterten und raschelten, das Holz ächzte, als würde es sich von innen her spalten, und für einen kurzen Moment hatte Daron das Gefühl, den sicheren Halt unter den Füßen zu verlieren. Der Nebelbaum hatte
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