Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
Elbenhaven zu koordinieren, und deswegen keine Zeit.
„Später“, versprach Keandir seinem Enkel. „Später.“
Als Daron den einäugigen Prinzen Sandrilas ansprach, wehrte dieser ebenfalls ab. „Es ist an deinem Großvater, dir alles darüber zu erzählen“, erklärte Sandrilas, der einer Seitenlinie des Königshauses entsprang. Soweit Daron wusste, war Sandrilas ein Urgroßonkel von König Keandir und sehr, sehr alt. Sandrilas und Lirandil gehörten zu den wenigen Elben, die sich noch an die Zeit in Athranor erinnern konnten.
„Könnt Ihr mir denn wenigstens etwas über Fürst Bolandor sagen, was ich vielleicht noch nicht weiß“, bat Daron den einäugigen Prinzen.
„Was gibt es schon über ihn zu berichten, außer dass er schon alt war, als ich noch ein junger Elbenprinz auf der elterlichen Burg im fernen Elbenreich von Athranor war“, sagte der Einäugige. „Wir Elben lebten damals sehr abgeschieden unter uns. Ein großes Gebirge trennte uns von den anderen Ländern des Kontinents, und viele von uns hatten sogar vergessen, dass es so etwas wie Menschen überhaupt gibt.“ Er deutete auf seine Augenklappe. „Mir allerdings konnte das nicht passieren, denn ich trug schon damals ihr Andenken im Gesicht, dass mich ständig daran erinnert, wer die Menschen sind und zu welcher Schlechtigkeit sie neigen.“ Als er Darons Blick bemerkte, fügte er hinzu: „Damit wollte ich natürlich nichts gegen dich und Sarwen sagen.“
„Man nennt uns Halbelben, weil unsere Mutter eine Menschenfrau war“, sagte Daron. „Aber man könnte uns auch als Halb menschen bezeichnen.“
„Gewiss“, sagte Sandrilas. „Aber meine Verwandtschaft – und zu der zählen du und Sarwen – ist von meiner Abneigung gegen Menschen ausgenommen.“
„Habt Ihr auch mal darüber nachgedacht, dass Sarwen und ich die einzigen Elben sind, deren Magie stärker geworden ist, während sie in der gesamten Elbenheit seit Generationen nachlässt?“
„Durchaus“, antwortete Sandrilas. „Ich will ganz offen zu dir sein: Dass dein Vater sich unbedingt unter den Menschen eine Frau suchen musste, habe ich niemals gutgeheißen. Aber das ist lange her, und was geschehen ist, ist geschehen. Es hat keinen Sinn, noch lange darüber zu reden.“
„Eine Frage habe ich noch, werter Sandrilas“, sagte Daron. „Haben sich unser Großvater und Fürst Bolandor damals, nachdem die Elben hier im Zwischenland gelandet waren, im Streit getrennt?“
„In einem schlimmen Streit. Und auch, wenn es damals niemand ausgesprochen hat, so hatte dieser Streit nicht nur etwas mit der Frage zu tun, ob dieses Land, in dem wir bis heute leben, das ersehnte Bathranor ist oder nicht.“
„Womit denn noch?“
„Mit einer persönlichen Sache. Aber darüber sollte ich besser nicht sprechen.“
Nathranwen rief Sarwen und Daron mit einem Gedanken und bedeutete ihnen, dass der fremde Elbenjunge aufgewacht war. Die beiden Zwillinge erschienen wenig später in dem Gemach, das für Caladir hergerichtet worden war. Nathranwen befand sich noch im Raum, der sehr stark nach Heilkräutern roch, zumindest für empfindliche Elbennasen.
Der Junge setzte sich auf seinem Lager auf und wischte sich übers Gesicht. Für einen kurzen Moment leuchteten seine Augen schwach auf.
„Ah, ich sollte vorsichtiger mit so mächtiger Magie umgehen“, murmelte er.
„Dem kann ich nur zustimmen“, bestätigte Nathranwen. „Deine Zauberkunst hätte dich beinahe umgebracht. Und das nicht nur, weil du mit deinem fliegenden Schiff frontal in ein Gebäude hineingerast bist. Du kannst froh sein, dass die beiden hier mit ihrer Magie das Schlimmste verhütet und deinen Sturz abgemildert haben.“
„Was ist mit meinem Schiff?“, rief der Elbenjunge erschrocken. Er sprang auf, lief zum Fenster und blickte in den inneren Burghof.
Die Trümmer waren noch nicht beseitigt worden, weil im Moment Handwerker und Träger an anderen Stellen in Elbenhaven dringender gebraucht wurden und alles nur nach und nach erledigt werden konnte. Da die Fundamente des Palas dem Aufprall standgehalten hatten und keinerlei Einsturzgefahr für das Gebäude bestand, hatte man diese Aufgabe zunächst hinten angestellt.
„O nein!“, rief der Junge vollkommen verzweifelt, als er die Trümmer sah. „Das darf nicht wahr sein! Damit werde ich niemals zurückfliegen können!“
Daron und Sarwen traten zu ihm. Er wirkte regelrecht verstört.
„Bist du wirklich Caladir, der Sohn von Fürst Bolandor?“, fragte
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