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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auch dafür, dass wir nicht nach Camelot
zurückreiten?«, vergewisserte er sich, als könnte er nicht
glauben, was er da hörte.
Braiden hob die Schultern. »Mir liegt viel mehr daran als
Euch, an mein warmes Plätzchen hinter Camelots Öfen
zurückzukehren«, sagte er mit sanftem Spott. »Aber Ihr
habt Recht. Und so weit ist der Umweg nicht. Wenn der
Junge zwei Tage unterwegs gewesen ist, schaffen wir es
mit unseren Pferden in einem halben.«
Parzifal schien noch etwas sagen zu wollen, resignierte
dann aber und drehte sich mit einem Achselzucken um.
»Wie Ihr wollt«, murrte er, während er den Raum verließ.
Braiden sah ihm ernst nach. Nachdem Parzifal hinter der
Tür verschwunden war, seufzte er tief und maß Lancelot
mit einem sehr seltsamen Blick. »Ihr lasst wirklich keine
Gelegenheit aus, wie?«, fragte er.
»Keine Gelegenheit? Wozu?«
»Um Euren Drachen zu finden«, sagte Braiden.
    Sie ritten den ganzen Tag über und legten nur eine einzige
Pause ein, und ganz wie Braiden vorhergesagt hatte, erreichten sie die Wälder, in denen der Junge wohnte, schon
am späten Nachmittag. Auf den ersten Blick unterschieden
sie sich nicht von den anderen: Sie waren sehr dicht, sodass oft genug ein Durchkommen kaum möglich schien,
und so unübersichtlich, dass sie sich ohne die Führung
Landons, den sie kurzerhand auf eines der Packpferde
gesetzt hatten, vermutlich schon nach einer Stunde hoffnungslos verirrt hätten. Und doch war hier etwas … nicht
richtig. Lancelot konnte das Gefühl nicht in Worte fassen,
aber er spürte, dass es den beiden anderen ebenso erging.
Parzifal hatte den ganzen Tag schon kaum ein Wort mit
ihm gesprochen, aber nun wurde auch Braiden immer
schweigsamer und beide warfen immer öfter nervöse
Blicke in das von Schatten erfüllte Grün und Braun rechts
und links des Weges. Und endlich begriff er, was es war.
    Der Wald war zu still. Sie hörten nur das Geräusch des
Windes, der mit den Blättern spielte, die dumpfen Hufschläge ihrer eigenen Pferde und dann und wann das Brechen eines Astes, ein gedämpftes Schnauben.
    Nicht ein einziger Vogel sang. Da waren keine Schatten,
die vor ihnen flohen, nicht die hastigen Schritte kleiner
Tiere, die sich vor den Eindringlingen in Sicherheit brachten. Es war, als stelle die kleine Gruppe das einzige Anzeichen von Leben weit und breit dar.
    »Hinter der nächsten Wegbiegung ist es«, sagte Landen
plötzlich.
»Was?«, fragte Lancelot. »Das Haus deiner Eltern?«
Landon schüttelte heftig den Kopf, sodass ihm sein hellblondes, bis weit über die Schultern reichendes Haar übers
Gesicht flog. Nachdem er sich am Abend zuvor satt gegessen hatte, hatten sie ihn mit sanfter Gewalt gezwungen
sich zu waschen und unter der fingerdicken Schicht aus
Schmutz und eingetrockneten Tränenspuren auf seinem
Gesicht war das Antlitz eines recht hübschen Jungen zum
Vorschein gekommen, der vielleicht zwölf oder dreizehn
Jahre alt und vermutlich ein lebenslustiger Bursche war,
denn man sah ihm an, dass er gern lachte. »Die Köhlerhütte«, sagte er. »Ich habe Euch davon erzählt.«
Lancelot nickte und ließ das Einhorn etwas schneller
ausgreifen um die Führung zu übernehmen. Gleichzeitig
senkte er die Hand auf das Schwert, aber diesmal fühlte er
nur kaltes Metall und weiches Leder. Der Blutdurst der
Klinge war nicht geweckt. Es waren keine Menschen in
ihrer Nähe. Zumindest keine Feinde.
»Bleibt zurück«, sagte er überflüssigerweise – Landon
hatte das Packpferd ohnehin bereits gezügelt und starrte
die Wegbiegung, auf die er gerade gedeutet hatte, mit unverhohlener Angst an.
Lancelot ritt noch ein wenig schneller, lenkte das Tier
um die Biegung und fand sich unvermittelt auf einer halbrunden, unerwartet großen Lichtung. Was Landon als
Köhlerhütte bezeichnet hatte, das war eine ganze Ansammlung von Gebäuden, fast schon ein kleines Dorf,
auch wenn die einzelnen Häuser diese Bezeichnung kaum
verdienten. Der typische Geruch eines Köhlerplatzes nach
Verbranntem hing in der Luft und zwei der sechs oder
sieben mehr als mannshohen, im Halbkreis aufgeschichteten Holzkohlenhaufen qualmten noch – was nichts bedeuten musste. Es konnte dennoch eine Woche her sein, dass
das letzte Mal jemand hier gewesen war. Im Augenblick
jedenfalls waren Lancelot und seine Begleiter eindeutig
die einzigen lebenden Wesen hier. Selbst wenn sich die
Bewohner dieser Lichtung vor den näher kommenden
Fremden versteckt hätten, hätte er ihre

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