Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
meinem Dorf auch
alle –«
»Das wissen wir nicht«, unterbrach ihn Braiden. Er versuchte zuversichtlich zu Hingen, aber es misslang kläglich. »Vielleicht leben deine Leute ja noch. Die Wälder
sind groß und es gibt genug Verstecke.«
»Nicht vor diesem Ungeheuer«, sagte Landon.
»Wir haben keine Zeit zu verlieren«, erwiderte Braiden
ernst. »Wenn wir deine Familie und deine Freunde retten
wollen, dann müssen wir uns beeilen.« Er unterstrich seine
Worte mit einer entsprechenden Geste und Landon zwang
sich zu einem kurzen Nicken und ließ sein Pferd langsam
lostraben. Lancelot fiel auf, dass das Tier leicht scheute,
als es in die Nähe der Hütten kam, und auch das Einhorn
wirkte nervös und starrte immer wieder in die Schatten
rechts und links des Weges.
»Hast du dieses Ungeheuer gesehen?«, fragte Braiden,
nachdem sie eine Weile geritten waren und die Lichtung
außer Sicht gekommen war.
Landon schüttelte heftig den Kopf: »Niemand hat das,
Herr«, sagte er. »Niemand, der noch leben würde.«
»Woher weißt du dann, dass es ein Ungeheuer ist?«, erkundigte sich Parzifal.
Weil Menschen so etwas nicht tun würden, dachte
Lancelot.
»Es muss ein Ungeheuer sein, Herr«, beharrte Landon.
»Und ich habe es gehört. Es hat schrecklich geheult und
gebrüllt wie ein wütender Drache. Und wir haben Spuren
gefunden.«
»Spuren?« Parzifal setzte sich ein wenig straffer im Sattel auf. »Was für Spuren?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Landon. »Ich habe so
etwas noch nie gesehen. Sie waren wie die eines Wolfes,
aber viel größer und tiefer. Und … und einer der Männer
aus dem Nachbardorf hat sich verletzt zu uns geschleppt,
bevor er starb. Er sagte, es wäre ein Höllenwolf. Ein Ungeheuer mit Zähnen und Klauen und Schuppen, das Feuer
speit und Bäume ausreißt.«
Das ist vermutlich übertrieben, dachte Lancelot. Zumindest, was das Feuerspucken anging. Der Rest … Er legte
die Hand auf das Schwert und wieder blieb die Klinge
stumm, ihr Blutdurst meldete sich nicht, das vertraute Zittern und Pochen blieb aus.
Aber er war nicht sicher, dass das wirklich ein gutes Zeichen war. Ganz und gar nicht.
Sie erreichten das Haus, in dem Landons Familie gewohnt
hatte, nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit.
Der Weg wurde immer schmaler und schlechter, sodass
sie bald nur noch hintereinander und sehr langsam reiten
konnten, und hätten sie den Jungen nicht bei sich gehabt,
hätten sie sich jetzt vermutlich wirklich verirrt.
Der Wald war so dicht, dass schon eine Stunde vor Sonnenuntergang grüne Dämmerung an seinem Grund
herrschte, die vermutlich niemals viel heller wurde, und
die unheimliche Stille, die Lancelot schon früher am Tage
aufgefallen war, folgte ihnen. Er war jetzt sicher, dass sie
und ihre Pferde die einzigen lebenden Wesen in weitem
Umkreis waren – irgendetwas hatte alles Leben in diesem
Teil des Waldes ausgelöscht oder vertrieben.
In den wenigen kleinen, aus Baumstämmen erbauten und
von einer mannshohen Palisade aus Zweigen und dornigen
Ästen umgebenen Häusern brannte kein Licht. Wie die
Köhlerhütte lagen sie auf einer kleinen Lichtung mitten im
Wald, die an einer Seite von einem schmalen, aber schnell
fließenden Bach begrenzt wurde.
In der Dunkelheit, die vor einer Stunde hereingebrochen
war, wirkten sie wie Felstrümmer, die vom Himmel gestürzt waren, und Lancelot zugehe das Einhorn, bevor er
durch die von keinem Tor verschlossene Lücke in der
Dornenpalisade ritt. Der Himmel war sternenklar, aber es
war Neumond, sodass er selbst das nächstliegende Gebäude nur als Schatten aus noch tieferem Schwarz vor dem
dunklen Hintergrund des Waldes wahrnahm, obwohl es
bis dorthin nicht einmal zehn Schritte waren. Er lauschte
und hörte auch jetzt nichts, dann sog er prüfend die Luft
ein. Hier gab es keinen Brandgeruch und er verspürte ein
Gefühl der Erleichterung, als er auch sonst nichts außer
dem natürlichen erdigen Aroma des Waldes wahrnahm.
Der Gestank des Todes, den er erwartet hatte, war nicht
da.
Langsam stieg er aus dem Sattel, zog sein Schwert und
winkte Parzifal herbei.
»Folgt mir«, sagte er im Flüsterton. »Sir Braiden, Ihr
bleibt bei dem Jungen. Deckt unseren Rücken.«
Keiner der beiden Ritter widersprach, obgleich sie sich
mit keinem Wort darauf geeinigt hatten, ob und wer von
ihnen das Kommando übernahm. Er wartete, bis Parzifal
abgesessen und ebenfalls seine Waffe gezogen hatte, dann
schlichen sie nebeneinander durch das Tor im

Weitere Kostenlose Bücher