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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zugelassen, dass die Bestie ihn tötete?
Vermutlich wäre er auch noch den Rest der Nacht in seinem Zimmer auf und ab gegangen und hätte sich selbst
mit Vorwürfen gequält, hätte es nicht irgendwann an der
Tür geklopft. Lancelot ging hin, riss den Riegel zurück
und die Tür mit solcher Wucht auf, dass der halbwüchsige
Knabe, der auf der anderen Seite stand und zu ihm hochblickte, einen erschrockenen Schritt zurücktrat und angstvoll die Hände hob.
»Ja?«, schnappte Lancelot.
    Der Junge machte einen weiteren Schritt rückwärts und
seine Augen weiteten sich. Lancelot wusste nicht, ob er
schon vorher blass gewesen war, aber jetzt war er weiß
wie die sprichwörtliche Wand und seine Stimme zitterte
vor Angst so sehr, dass er zweimal ansetzen musste, um
überhaupt ein verständliches Wort herauszubekommen.
»Verzeiht, Herr«, stammelte er. »Ihr … Ihr seid doch …
    Ritter Lancelot?«
»Der bin ich«, antwortete Lancelot. »Was willst du?«
Wieder brachte der Knabe im ersten Moment keinen Ton
    heraus, aber dann begann er am ganzen Leib zu zittern und
plötzlich wurde Lancelot klar, welchen Anblick er für diesen Jungen bieten musste und wie sehr er ihn erschreckt
hatte. Sein schlechtes Gewissen meldete sich und er versuchte den Mund zu einem Lächeln zu verziehen.
    »Ich bin Lancelot«, sagte er, diesmal leiser und sehr viel
freundlicher. »Und du?«
Der Junge brauchte auch jetzt wieder einige Augenblikke, um auf diese einfache Frage antworten zu können, und
Lancelot nutzte die Zeit, um ihn in Augenschein zu nehmen. Der Bursche war vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre
alt und so dünn, dass sich die Rippen unter seinem zerschlissenen Hemd abzeichneten. Er war barfuß und seine
Füße starrten vor Schmutz. Auch sein Haar schien seit
mindestens einem Jahr kein Wasser mehr gesehen zu haben. Außerdem war er Lancelot vollkommen fremd. Er
war in dieser Stadt aufgewachsen und hatte geglaubt, alle
Jungen und Mädchen in diesem Alter zumindest vom Sehen her zu kennen.
»Mein Name ist Michael«, stammelte der Junge schließlich. »Ich bin …« Er stockte, schluckte und setzte neu an.
»Der König schickt mich um Euch daran zu erinnern, dass
er Euch und die anderen Ritter im Thronsaal erwartet.« Er
begann mit den Füßen zu scharren und sein Blick wurde
unstet. Man konnte ihm deutlich ansehen, wie unwohl er
sich in seiner Haut fühlte.
Lancelot setzte dazu an, ihn zu fragen, was er noch auf
dem Herzen hatte, aber dann erinnerte er sich an die Zeit,
in der er dieser Junge gewesen war, nickte und sagte so
sanft, wie er konnte: »Es ist gut, Michael. Ich danke dir.
Du kannst gehen.«
Sichtlich erleichtert ging der Junge so schnell davon, wie
es gerade noch möglich war ohne wirklich zu rennen.
Aber nachdem er sich ein Dutzend Schritte entfernt hatte,
rief Lancelot ihn noch einmal zurück.
»Michael?«
Der Junge blieb stehen, drehte sich wieder zu ihm herum
und sah ihn furchtsam an. »Ja, Sir?«
»Ich habe dich noch nie hier gesehen«, sagte Lancelot.
»Ich arbeite … in der Küche«, antwortete Michael zögernd. »Der König war so gnädig, mir Arbeit zu geben.«
»Aber du bist neu in der Stadt?«, vergewisserte sich
Lancelot.
»Wir haben bisher auf dem Land gelebt«, erwiderte Michael, »aber die Pikten haben unseren Hof niedergebrannt
und das Vieh gestohlen. Uns ist nichts geblieben.« Er
sprach in einem Ton, als müsse er sich für dieses Schicksal entschuldigen.
»Und jetzt arbeitest du hier als Küchenjunge«, sagte
Lancelot. Michael nickte und diesmal gelang Lancelot ein
wirkliches Lächeln. »Das ist eine gute Arbeit und verantwortungsvoller, als die meisten ahnen.«
»Meint … meint Ihr, Herr?«, fragte Michael zögernd. Er
klang erstaunt und Lancelot konnte das verstehen. Als er
noch Küchenjunge gewesen war, hatte es nur wenige Gelegenheiten gegeben, bei denen er ein gutes Wort von irgendeinem der Tafelritter bekommen hatte.
»Ich weiß es«, versicherte er. »Ich kannte einen deiner
Vorgänger, weißt du? Und nun geh und sag dem König,
dass ich in einem Augenblick bei ihm bin.« Er trat wieder
ins Zimmer zurück und schloss die Tür, noch bevor Michael antworten konnte, und das Lächeln auf seinem Gesicht erlosch schlagartig. Und gib gut auf dich Acht, junger Freund, dachte er. Diese Arbeit ist nicht nur schwer,
sondern auch gefährlicher, als die meisten ahnen.
Er blieb einen Moment mit geschlossenen Augen gegen
die Tür gelehnt stehen, ehe er sich mit einem

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