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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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höher
gebaute Stadtmauern, die ebenso wehrhaft waren wie diese erste.
Aber es stand ihm nicht zu, an Artus’ Entschlüssen zu
zweifeln. Der König kannte diese Stadt hundertmal besser
als er. Er musste wissen, was er tat.
Sie entfernten sich zwei oder drei Meilen von der Stadt
und wichen dann von der befestigten Straße ab, um direkt
nach Norden zu reiten. Lancelot verspürte keine Angst,
aber das ungute Gefühl, das schon vor einer Stunde von
ihm Besitz ergriffen hatte, als er zum ersten Mal oben auf
der Mauer gestanden und auf das Meer aus blutig rotem
Licht gesehen hatte, das sich langsam die Hügel hinabwälzte, nahm eine fast körperliche Intensität an. Er hatte
es aufgegeben, die Anzahl der Fackeln schätzen oder gar
zählen zu wollen, die vor ihnen die Nacht erhellten. Artus
hatte Recht: Es waren Tausende. Selbst wenn jeder der
piktischen Krieger zwei brennende Fackeln trug, war seine
Schätzung von vorhin vermutlich noch zu niedrig gewesen. Jeder Verteidiger der Stadt stand mehr als zehn Angreifern gegenüber.
»Sie haben uns entdeckt«, sagte Artus nach einer Weile.
»Schließt dichter zu mir auf. Bleibt an meiner Seite und
sagt und tut nichts, ganz gleich, was geschieht.«
Ohne langsamer zu werden näherten sie sich der Front
der piktischen Krieger. Auch als sie nahe genug waren,
um die Umrisse der Männer zu erkennen, wirkten diese
immer noch wie gespenstische, fast körperlose Schemen
und auch ihre Art, sich zu bewegen, hatte etwas Unheimliches. Zwar hatte Lancelot noch niemals ein Heer von
solch gewaltiger Größe gesehen, aber er war oft genug
Zeuge von Truppenaufmärschen gewesen um zu wissen,
dass auch eine kleine Armee niemals lautlos marschierte.
Diese hier aber schien es zu tun. Nur das gedämpfte Geräusch, mit dem unzählige Füße das Gras niedertraten und
ebenso viele Fackeln prasselnd brannten, war zu hören,
sonst nichts.
Artus hob die linke Hand und gab ihm damit das Zeichen, etwas langsamer zu reiten, während er sein Tempo
zurücknahm. Als sie die erste Reihe der piktischen Krieger
erreichten, bewegten sich die Pferde fast nur noch im
Schritttempo. Doch gerade als Lancelot sich zu fragen
begann, was sie eigentlich tun sollten, wenn die Männer
nicht beiseite wichen, tat sich vor ihnen eine Gasse auf,
die Krieger bildeten mit hoch erhobenen Fackeln ein Spalier aus Schatten und Metall, auf dem sich roter Feuerschein spiegelte, und es schien noch stiller zu werden. So
absurd Lancelot selbst der Gedanke vorkam – er konnte
die Angst spüren, die sich lautlos unter den Kriegern ausbreitete.
Sie ritten wieder etwas schneller, und kurz bevor sie die
Hügelkuppe erreichten, drehte Lancelot sich halb im Sattel
herum und erblickte etwas vollkommen Unheimliches:
Die Gasse, die die Krieger für sie gebildet hatten, war immer noch da. Er hatte fest damit gerechnet, dass sie sich
hinter ihnen wieder schloss, aber das war nicht der Fall
und das Heer war auch nicht weiter auf Camelot vorgerückt, sondern zum Stehen gekommen.
Sie erreichten bald die Hügelkuppe und Lancelot erkannte voller Schrecken, dass Artus’ Schätzung von der Größe
des Heeres eher noch zu vorsichtig gewesen war.
Der weitaus größere Teil der Barbarenhorde befand sich
noch auf der jenseitigen Ebene. Es waren Tausende.
»Dort!«, sagte Artus.
Lancelots Blick folgte Artus’ Geste und blieb an einem
schlichten, aber sehr großen Zelt hängen, das auf halber
Höhe des Hanges aufgestellt worden war. Die Gasse, die
die Krieger für sie bildeten, führte in leichten Schlangenlinien direkt auf dieses Zelt zu.
Sie brauchten noch gut zehn Minuten, um es zu erreichen, was Lancelot einen weiteren Hinweis auf die Größe
des Heeres gab. Schließlich waren sie einige Schritte vor
dem Zelt angelangt und zwei Krieger in schwarzen Eisenrüstungen vertraten ihnen den Weg. Sie bedeuteten ihnen
mit Gesten, aus dem Sattel zu steigen.
Artus rammte das stumpfe Ende der weißen Fahne so
wuchtig in den Boden, dass sie stecken blieb, stieg vom
Pferd und band den Zügel daran fest, als der Krieger neben ihm danach greifen wollte. Eine symbolische Geste,
deren Bedeutung der Mann aber verstand, denn er trat
wortlos zurück und sein Begleiter machte erst gar nicht
Anstalten, auf Lancelot zuzugehen – was ihm möglicherweise die Finger rettete, denn in den dunklen Augen des
Einhorns blitzte es hasserfüllt auf. Auch Lancelot stieg ab,
trat an Artus’ Seite und dann hinter ihm gebückt durch den
niedrigen

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