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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihn an. »Ich habe von
Euren Abenteuern gehört«, sagte er. »Ihr müsst mir unbedingt davon erzählen.«
»Das werde ich«, versprach Lancelot. »Aber die Freude
ist ganz auf meiner Seite. Um ehrlich zu sein – ich hatte
kaum noch gehofft, Euch lebend anzutreffen.«
»Da seid Ihr nicht der Einzige«, antwortete Galahad
grinsend.
Lancelot schüttelte den Kopf. »Das ist unglaublich«,
sagte er. »Würde ich es nicht mit eigenen Augen sehen, so
könnte ich es nicht glauben. Noch vor einer Woche wart
Ihr so gut wie tot und jetzt …«
»Ja, es ist ein Wunder, nicht wahr?«, stimmte Galahad
zu. »Ich war selbst sicher, dass ich sterben würde. Aber
Gott hat anders entschieden.«
Gott?, dachte Lancelot. Nein, das war nicht Gottes
Werk, was er da vor sich sah. Trotz der Freude, Galahad
lebend und offenbar in bester Gesundheit wieder vor sich
zu sehen, machte sich ein Gefühl von Bestürzung in ihm
breit. Auch er trat einen Schritt zurück und hob dann die
linke Hand. Langsam schloss er sie zur Faust und öffnete
die Finger dann wieder. Die Schnittwunde, die noch gestern Abend zu sehen gewesen war, war verschwunden.
Nicht einmal eine Narbe war zurückgeblieben, nur eine
dünne blasse Linie, die vermutlich am nächsten Morgen
ebenfalls verschwunden sein würde.
»Was habt Ihr, Lancelot?«, fragte Galahad.
»Nichts«, sagte Lancelot. Er schloss die Hand wieder zur
Faust. Wieso war er so erstaunt? Er hatte doch am eigenen
Leib gespürt, wozu Artus in der Lage war.
Machte es einen Unterschied, ob man eine Wunde in der
linken Hand heilte oder eine, die nahe am Herzen war?
Es machte einen Unterschied. Nämlich den zwischen
Leben und Sterben eines Küchenjungen, der mit seinem
eigenen Körper einen Dolch aufgefangen hatte, der einem
anderen gegolten hatte. Es machte den Unterschied zwischen Ehrlichkeit und Verrat, zwischen Sorge um die Zukunft des Landes und Eifersucht.
»Nichts«, sagte er noch einmal. »Ich dachte nur … an
etwas.«
Er wandte sich wieder Galahad zu und es musste ihm
wohl gelungen sein, einen Ausdruck auf sein Gesicht zu
zwingen, der Galahads Misstrauen zerstreute, denn der
Ritter lächelte jetzt wieder, wenn auch eine Spur trauriger.
»Ja«, sagte er. »Im Moment haben wir wohl alle große
Sorgen.«
Artus’ Eintreten enthob Lancelot der Peinlichkeit, das
Gespräch weiterführen und sich irgendeine Ausrede einfallen lassen zu müssen. Der König, der als Letzter gekommen war, sah sehr besorgt drein, zugleich aber auch
auf eine Art entschlossen, die nicht nur Lancelot zu beunruhigen schien. Die größtenteils gemurmelten Gespräche
im Raum verstummten abrupt und aller Aufmerksamkeit
wandte sich Artus zu, der die Tür hinter sich schloss und
mit schnellen Schritten den Platz an der runden Tafel ansteuerte, der dem Eingang genau gegenüberlag. Er blieb
einen Moment hinter der hohen Lehne des Stuhles stehen
und ließ seinen Blick ernst über die Gesichter der hier im
Raum Versammelten schweifen, wobei er auf dem Lancelots eine Winzigkeit länger zu verharren schien als auf
denen der anderen.
Aber vermutlich kam es allen anderen ebenso vor.
Schließlich ging Artus um den Stuhl herum und ließ sich
mit einem erschöpft klingenden Seufzer darauf niedersinken und erst dann nahmen alle anderen Platz.
»Ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid«, begann er.
»Auch wenn ich mir einen angenehmeren Anlass gewünscht hätte.«
Niemand antwortete. Wenn Artus eines nicht war, dann
jemand, der zu umständlichen Einleitungen und Umschreibungen neigte. »Und ich will es auch kurz machen«,
fuhr Artus fort. »Wir haben nur noch wenige Stunden, bis
der vielleicht schwerste Tag unseres Lebens anbricht und
für manchen möglicherweise der letzte, und ich möchte
Euch diese Stunden des Schlafs nicht unnötig rauben.«
Diesmal löste die Bemerkung ein allgemeines Stirnrunzeln und Raunen aus. Glaubte Artus wirklich, dass auch
nur einer hier im Raum in dieser Nacht noch eine Sekunde
schlafen würde?
»Ich habe in der vergangenen Stunde die Stadtgarde mobilisiert und ein Dutzend Reiter ausgeschickt, um unsere
Verbündeten und unsere verstreuten Truppen zu alarmieren. Ich weiß nicht, ob überhaupt und wie viele von ihnen
durchkommen werden, aber sie werden auf jeden Fall zu
spät kommen. Die Pikten werden im Morgengrauen angreifen, daran besteht kein Zweifel.«
Er legte eine weitere, diesmal etwas längere Pause ein
und jetzt war es keine Einbildung, als Lancelot zu dem
Schluss kam, dass er

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