Elbenschswert
Sie wird sie ziehen lassen. Und mit
ihnen jeden, der gehen will. Das gilt auch für Euch.«
»Niemand von uns hier –«, begann Galahad, wurde aber
von Artus unterbrochen.
»Ich weiß, was Ihr sagen wollt, mein Freund«, sagte er.
»Ich habe nichts anderes von Euch erwartet – so wenig
wie von irgendeinem hier. Und doch, wo wir schon einmal
dabei sind: Ich werde einige von Euch bitten müssen, Camelot und mich zu verlassen.«
»Wieso?«, fragte Parzifal.
»Auch Lady Gwinneth wird von Camelot fortgehen«,
sagte Artus. »Ich habe bereits die entsprechenden Befehle
gegeben. Sie wird an einen sicheren Ort gebracht, wo ihr
nichts geschehen wird, ganz gleich, wie sich unser Schicksal entscheidet. Und ich möchte, dass zwei von euch sie
begleiten.«
Es wurde sehr still. Alle starrten Artus an – nein, nicht
alle. Lancelot konnte den Blick regelrecht spüren, noch
bevor er den Kopf wandte und sah, dass Mandrake ihn anstarrte.
»Wünscht Ihr etwas von mir, Sir Mandrake?«, erkundigte er sich kühl.
Mandrake schüttelte den Kopf. »Ich dachte nur, Ihr würdet Euch freiwillig für diese Aufgabe melden«, sagte er.
»Was soll das heißen?«, fragte Artus scharf.
Mandrake ignorierte ihn, ebenso wie Lancelot. Diesmal
gelang es ihm, dem Blick des Ritters standzuhalten, aber
es gelang ihm nicht mehr, seine Wut zu beherrschen.
»Sprecht nicht in Rätseln, Sir«, sagte er eisig. »Wenn ihr
irgendetwas andeuten wollt, dann tut es. Jetzt und vor aller
Ohren.«
Mandrake verzog geringschätzig die Lippen, als er sah,
wie sich Lancelots Hand auf das Schwert senkte. »Ich bitte
Euch, Lancelot«, meinte er in fast mitleidigem Ton und
mit einem schnellen Blick in Artus’ Richtung. »Wir alle
hier wissen doch, wie sehr Ihr um das Wohl von Lady
Gwinneth besorgt seid.«
Artus wollte etwas sagen, aber Lancelot gab ihm keine
Gelegenheit dazu, sondern sprang so heftig auf, dass sein
Stuhl umfiel. Auch Mandrake erhob sich, aber sehr viel
langsamer.
»Es reicht allmählich«, sagte Lancelot wütend. »Ihr beleidigt nicht nur mich, Sir Mandrake, sondern auch die
Königin und damit Artus und ganz Camelot.«
»Dann tut etwas dagegen«, schlug Mandrake vor.
Lancelots Hand schloss sich fester um das Schwert und
er spürte, wie die Klinge wieder zu pulsieren begann, wie
ihr uralter, düsterer Blutdurst wieder erwachte. Er konnte
sich nur unter Aufbietung seiner ganzen Kraft zurückhalten, sie nicht zu ziehen. »Es wäre kein fairer Kampf«, sagte er. »Aber baut nicht zu sehr darauf, dass ich diese Klinge nicht eines Tages gegen Euch ziehe.«
»Genug!«, brüllte Artus. Er schlug mit der linken Hand
auf den Tisch. Seine Augen blitzten und der Zorn darin
galt nicht allein Mandrake, sondern ebenso Lancelot. »Ich
erlaube das nicht! Nicht jetzt! Was ist in Euch gefahren,
ausgerechnet in einem solchen Moment mit Euren kleinlichen Streitereien anzufangen?«
»Es sind keine kleinlichen –«, begann Lancelot, nur um
sofort wieder von Artus unterbrochen zu werden.
»Genug, habe ich gesagt! Seid Ihr von Sinnen? Auf wessen Seite steht Ihr? Auf unserer oder der Morgaines und
der Pikten? Sie würde sich die Hände reiben, wenn sie
sähe, wie sich meine besten Ritter gegenseitig an die Kehlen gehen, statt sich auf den Kampf vorzubereiten.«
Lancelot nahm langsam die Hand vom Schwert. »Ihr
habt Recht, Artus«, sagte er leise. »Verzeiht. Aber ich
werde später auf diesen Punkt zurückkommen.«
»Warum nicht jetzt?«, fragte Mandrake stur. »Es ist ein
offenes Geheimnis hier, dass Ihr ein Auge auf Lady
Gwinneth geworfen habt, Lancelot. Und … vielleicht
mehr.«
»Genug, habe ich gesagt«, wiederholte Artus. Seine
Stimme wurde plötzlich leiser, klang aber gefährlicher.
»Was immer Ihr zu sagen habt, Sir Mandrake – es hat Zeit
bis später. Wenn Ihr wirklich Vorwürfe gegen Lancelot
und meine Gemahlin erhebt, so werde ich sie anhören und
gewissenhaft überprüfen. Aber ich warne Euch: Überlegt
Euch genau, was Ihr sagt.«
»Das habe ich, Mylord«, antwortete Mandrake. »Aber
Ihr habt Recht. Jetzt ist nicht der Moment dazu.« Der
Blick, den er Lancelot dabei zuwarf, machte deutlich, dass
die Betonung auf dem Wort jetzt lag, aber er sagte nichts
mehr, sondern setzte sich wieder und verschränkte demonstrativ die Hände vor sich auf der Tischplatte.
Lancelot richtete seinen Stuhl auf und ließ sich wieder
darauf sinken. Er musste all seine Beherrschung aufwenden, um sich von Mandrake ab- und dem König wieder
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