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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kriegslist ist.«
»Wirklich, das ist lächerlich«, begehrte Mordred auf,
aber seine Mutter sah Artus lange und nachdenklich an –
und dann nickte sie.
»Also gut«, sagte sie. »Nimm es als Zeichen meiner
Großzügigkeit und meines guten Willens. Einen Tag, nicht
länger. Vielleicht nutzt du ja die Zeit, um deinen närrischen Entschluss noch einmal zu überdenken.«
»Das kann nicht dein Ernst sein!«, protestierte Mordred
und diesmal gelang es ihm, Morgaines Aufmerksamkeit zu
erringen. Wenn auch vermutlich auf andere Weise, als er
gehofft hatte.
Seine Mutter fuhr mit einem zornigen Laut herum und
funkelte ihn an. »Schweig!«, schnappte sie.
Mordred wurde blass, sagte aber nichts mehr, sondern
sah nur sie und Artus hasserfüllt an.
Artus drehte sich mit einem Ruck herum. »Kommt!«,
befahl er.
Das Wort galt Lancelot, der Artus ebenso fassungslos
und ungläubig anstarrte, wie Mordred es gerade getan hatte – und der ebenso wenig glauben konnte, was er gehört
hatte. Erst als Artus mit schnellen Schritten an ihm vorbeiging und fast schon aus dem Zelt war, erwachte er aus
seiner Erstarrung, bückte sich rasch nach seinem Helm
und hob ihn auf.
Er holte Artus ein, als dieser in den Sattel stieg, und
schwang sich so hastig auf den Rücken des Einhornes,
dass das Tier unwillig schnaubte. Artus war bereits losgeritten, hielt nun aber an und wartete, bis er seinen Helm
aufgesetzt und zu ihm aufgeschlossen hatte. Die beiden
weißen Fahnen, die sie mitgebracht hatten, steckten noch
hinter ihnen im Boden, aber Artus machte keine Anstalten,
sie wieder mitzunehmen.
Die Krieger bildeten noch immer die stumme Gasse, die
sie auch auf dem Weg hierher für sie gebildet hatten, aber
diesmal ritten sie nicht in gemäßigtem Tempo, sondern
sprengten hindurch und erreichten schon nach wenigen
Augenblicken den Hügelkamm. Das Heer war nicht weitergezogen, sondern auf der Stelle stehen geblieben, aber
Lancelot hatte trotzdem das Gefühl, dass die Hälfte der
Ebene, die sich zwischen ihnen und Camelot ausbreitete,
in Flammen stand. Für die Verteidiger hinter den Zinnen
der Stadt musste es aussehen, als hätte sich hier die Hölle
aufgetan.
Artus beschleunigte sein Tempo noch, als sie die Reihen
der piktischen Krieger endlich hinter sich hatten, sodass es
Lancelot erhebliche Mühe bereitete, zu ihm aufzuschließen. Sie hatten schon die halbe Strecke zwischen dem piktischen Heer und Camelot hinter sich gebracht, ehe es ihm
endlich gelang, an Artus’ Seite zu kommen, und es verging noch einmal eine geraume Weile, bis Artus seine
Gegenwart zur Kenntnis nahm und sein Tempo wieder
drosselte, bis sich das Pferd nur noch in einem scharfen
Trab bewegte.
»Das kann doch nicht Euer Ernst sein, Artus!«, protestierte Lancelot. »Das ist eine List, oder?«
»Was ist nicht mein Ernst?«, gab Artus finster zurück.
»Dass ich die Leben unschuldiger Männer, Frauen und
Kinder retten will?«
»Ihr wollt Camelot aufgeben?«
»Ich werde jeden gehen lassen, der will«, antwortete Artus. »Ganz gleich, ob gemeiner Bürger, Soldat oder einer
meiner Ritter. Das gilt auch für Euch, Lancelot. Ich stelle
Euch jetzt dieselbe Frage, die ich in einer Stunde an alle
meine Ritter richten werde, und ich bitte Euch, überlegt
Euch die Antwort gut: Wollt Ihr bleiben oder wollt Ihr
gehen?«
»Was für eine Frage!«, protestierte Lancelot, aber Artus
schüttelte den Kopf, brachte sein Pferd mit einem Ruck
zum Stehen und sagte noch einmal: Ȇberlegt es Euch
genau. Es ist die Entscheidung über Euer Leben oder Euren Tod.«
»Natürlich bleibe ich!«, meinte Lancelot entschlossen.
Ganz offensichtlich war das nicht die Antwort, die Artus
hatte hören wollen. Sein Gesicht verdüsterte sich noch.
»Camelot wird fallen«, sagte er. »Ihr habt das Heer gesehen. Nicht einmal mit zehnmal so vielen Soldaten, wie uns
zur Verfügung stehen, könnten wir die Stadt halten.«
»Vielleicht müssen wir das ja gar nicht«, antwortete
Lancelot verstört, »vielleicht reicht es, einige Tage standzuhalten. Wer immer in den benachbarten Ländern erfährt,
was hier vorgeht, wird –«
»– uns niemals zu Hilfe kommen«, unterbrach ihn Artus
hart. Er lachte bitter. »Glaubt Ihr tatsächlich, dass auch nur
einer unserer so genannten Freunde sein Heer schicken
würde, um gegen diese Armee anzutreten?« Er schüttelte
den Kopf. »Es wäre Selbstmord. Ich kenne kein Land, das
auch nur genug Truppen aufstellen könnte, um eine Chance zu haben.

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