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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unabhängig
davon, dass sie die gefährlichsten Gegner waren, war es
vor allem ihr Vorbild, das den restlichen Verteidigern den
Mut gab, dem Ansturm standzuhalten.
Lancelot überlegte nicht mehr länger. Er fuhr herum und
lief mit weit ausgreifenden Schritten auf den Ausgang zu.
Hinter ihm rief Artus seinen Namen, zuerst überrascht,
dann befehlend, aber das war Lancelot jetzt egal. Er stieß
den Mann, der ihm halbherzig den Weg zu vertreten versuchte, einfach zur Seite, riss die Tür auf und eilte die steile Treppe hinab, so schnell er nur konnte. Hinter sich hörte
er Artus vor Wut schreien, aber er ignorierte es ebenso wie
alles andere, stürmte auf den Wehrgang hinaus und rannte
los, so schnell es nur ging. Rings um ihn herum tobte die
Schlacht weiter und mehr als ein Pikte versuchte sich ihm
in den Weg zu stellen, aber Lancelot stieß die Männer
einfach zur Seite oder rannte sie über den Haufen, um zum
anderen Ende des Wehrganges und dem in Bedrängnis
geratenen Ritter zu gelangen.
Und wie es aussah, keinen Augenblick zu früh.
Der Ritter war mittlerweile bis zur gemauerten Wand
des Turmes zurückgewichen, um zumindest den Rücken
frei zu haben. Lancelot konnte immer noch nicht erkennen, um welchen der Tafelritter es sich handelte, denn
sowohl seine Rüstung als auch der Mantel, ja selbst das
getriebene Wappen auf seinem großen Schild waren über
und über mit dem Blut erschlagener Feinde besudelt. Aber
er sah, dass es um den Mann trotz all seiner Tapferkeit
schlecht bestellt war, wenn nicht noch ein Wunder geschah. Obwohl er die Angreifer noch immer mit wuchtigen Hieben und Stößen von Schild und Schwert, selbst mit
Fußtritten auf Distanz hielt, verloren seine Bewegungen
bereits sichtlich an Kraft. Zudem klaffte auf seiner linken
Schulter ein handlanger Schnitt in seinem Kettenhemd,
aus dem das Blut hellrot herauslief.
Lancelot registrierte all dies mit einem einzigen Blick
und ohne im Schritt innezuhalten – und diesmal gab er der
brodelnden Gier des Elbenschwertes nach, die in ihm tobte
und jeden vernünftigen Gedanken zur Seite zu wischen
versuchte.
Mit einem gellenden Kampfschrei warf er sich vor,
rammte einem der Angreifer die Klinge bis ans Heft in den
Rücken und stieß einem anderen den Schild in die Seite,
sodass der Mann mit einem keuchenden Laut rücklings
vom Wehrgang fiel. Zuvor riss Lancelot noch sein
Schwert heraus, zerschmetterte den Brustharnisch eines
weiteren Pikten mit einem einzigen wütenden Hieb und
stieß zwei weitere Männer beiseite, um neben den in Bedrängnis geratenen Tafelritter zu gelangen.
Von diesem Augenblick an wendete sich das Blatt. Die
Pikten waren sich ihres Sieges schon gewiss gewesen und
hatten ihr Leben nicht mehr so leichtfertig riskiert wie
noch vor einigen Augenblicken, sondern ihr vermeintlich
wehrloses Opfer zu ermüden versucht und auf eine Lücke
in seiner Deckung, eine Unaufmerksamkeit zu warten,
doch nun sahen sie sich zwei Tafelrittern gegenüber, von
denen der eine mit der Wildheit eines Dämons kämpfte.
Es wurde dennoch der härteste Kampf, an den sich Lancelot bis zu diesem Moment erinnern konnte. Sie waren
jetzt zu zweit, standen aber immer noch mindestens zehn,
wenn nicht mehr Angreifern gegenüber, und ein Blick in
ihre Gesichter machte Lancelot klar, dass diese Männer
nicht weichen würden. Er las in ihren Augen die gleiche
Hoffnungslosigkeit und Furcht, die er schon zu oft gesehen hatte, und er begriff, dass auch diese Männer mit dem
sicheren Wissen in die Schlacht gegangen waren, sterben
zu müssen. Er hatte es längst aufgegeben, sich zu fragen,
warum sie das taten.
Der Kampf wurde bis zu seinem bitteren Ende ausgefochten. Sowohl Lancelot als auch der andere Ritter wurden noch zwei- oder dreimal schwer getroffen, doch am
Ende sank der letzte Pikte erschlagen zu Boden, und als
Lancelot schwer atmend das Schwert sinken ließ und
hochsah, begriff er, dass nicht nur dieser Kampf, sondern
der gesamte Ansturm vorüber war. Er und der zweite Ritter waren die Letzten gewesen, die noch gekämpft hatten.
Überall sonst auf dem Wehrgang war die Schlacht zu Ende und eine ganze Anzahl Ritter und Soldaten blickte erschrocken und ungläubig in ihre Richtung. Auf halber
Strecke zwischen ihnen und dem Turm kam Artus mit
schnellen Schritten heran und Lancelot brauchte nicht erst
in sein Gesicht blicken um zu wissen, wie wütend der König war. Im Moment interessierte es ihn auch nicht. Er
schob das Schwert in die Scheide zurück, klappte mit

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