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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verzichtete. »Wärt Ihr nicht gekommen,
dann hätte ich Euch rufen lassen.«
»Aber warum?«
»Ich kenne Mordred vielleicht besser als er sich selbst«,
erwiderte Artus. »Die Pikten kämpfen nicht gerne bei
Dunkelheit. Sie sind ein abergläubisches Volk und viele
von ihnen denken, dass ihre Seelen den Weg zu ihren
heidnischen Göttern nicht finden, wenn sie bei Nacht sterben. Dennoch werden sie noch einmal angreifen. Und dieser dritte Angriff wird der schwerste und härteste sein. Ich
brauche Euch, um ihn abzuwehren.«
»Was soll das?«, fragte Lancelot scharf und mit einer
Stimme, die vor Zorn bebte – wohlweislich aber so leise,
dass nur Artus ihn verstehen konnte. »Ihr und ich, wir wissen ganz genau, dass mir in dieser Rüstung nichts passieren kann. Die Männer werden vielleicht mit den Angreifern fertig, aber wenn ich bei ihnen bin, dann überleben
vielleicht ein paar mehr.«
»Ich habe meine Gründe«, sagte Artus. Lauter und mit
harter, befehlender Stimme fügte er hinzu: »Ihr habt mich
gehört, Sir Lancelot.« Dann drehte er sich mit einem Ruck
herum und sah angespannt aufs Schlachtfeld.
Lancelot starrte ihn mit wachsender Wut an. Was war
nur in Artus gefahren? Er maßte sich nicht an, die Pläne
des Königs nachzuvollziehen oder gar verbessern zu können, aber das ergab überhaupt keinen Sinn. Es war pure
Willkür – und ganz und gar nicht Artus’ Art.
Sein Zorn war jedoch noch nicht so groß, dass er sich offen dem Befehl des Königs widersetzt hätte, und so verfolgte er den Rest des Angriffs aus der Sicherheit des gepanzerten Turmes heraus.
Es war dieselbe völlig sinnlose Art von Gemetzel, wie er
sie schon einmal erlebt hatte. Camelots Bogenschützen
schossen nun mit unheimlicher Präzision, und nachdem sie
den zweiten heranstürmenden piktischen Trupp bis auf
den letzten Mann ausgelöscht hatten, begann Lancelot
auch zu verstehen, warum sie ihr Feuer auf Ziele konzentrierten, die es eigentlich nicht mehr wert waren, unter
Beschuss genommen zu werden, statt in die Masse der
heranstürmenden Krieger hineinzuschießen, was ein wirkliches Zielen so gut wie überflüssig gemacht hätte: Als der
dritte Trupp Pikten auf Schussweite herankam und die
ersten Pfeile auf ihn herabregneten, da ergriffen die Männer in Panik die Flucht und spritzten in alle Richtungen
auseinander, bevor die ersten Geschosse ihre Ziele finden
konnten.
Nun verstand er, warum Artus diesen scheinbar so sinnlosen Befehl gegeben hatte. Er hatte darauf gebaut, dass
die Angreifer sehen mussten, was mit einem ihrer Trupps
geschah, den die Verteidiger einmal ins Visier genommen
hatten, und in blanker Todesangst fliehen würden, und
diese Rechnung schien aufzugehen. Der gesamte Trupp
ergriff die Flucht und dasselbe geschah mit einem weiteren, auf den die Bogenschützen danach ihren Pfeilhagel
richteten.
Dann war der Rest der Armee heran und im toten Winkel unter der Mauer. Der furchtbare Ansturm über die Leitern und mit hochgeworfenen Kletterhaken begann erneut.
Lancelot trat an eine der anderen Zinnen und sah auf den
Wehrgang hinunter. Die Pikten ergossen sich wie eine
Woge aus lebendig gewordener Dunkelheit über die Mauer und schienen die Angreifer mit ihrer Überzahl einfach
erdrücken zu wollen, aber ganz wie Artus es vorausgesagt
hatte, leisteten seine Ritter und die wenigen Männer aus
Camelot, die ihm geblieben waren, erbitterten und erfolgreichen Widerstand. Sie zahlten einen hohen Preis dafür,
denn diesmal waren die Pikten gewarnt und unterschätzten
ihre Gegner keineswegs, aber am Ende wurden sie langsam und erbarmungslos wieder zurückgedrängt.
Lancelot wollte schon aufatmen, da sah er etwas, das ihn
erschrocken zusammenfahren ließ: Am Ende des Wehrganges, fast schon am anderen Ende der Stadtmauer, war
einer der Ritter in sichtbare Bedrängnis geraten. Es war
schon zu dunkel und die Entfernung zu groß, als dass Lancelot erkennen konnte, um wen es sich handelte, aber das
strahlende Weiß und das königliche Blau der Farben Camelots waren trotz der Dunkelheit und des zuckenden rotgelben Lichtes unübersehbar. Lancelot beobachtete, dass
der Ritter sich wie ein Besessener wehrte und schon ein
gutes halbes Dutzend Angreifer niedergemacht hatte, aber
ihre Zahl schien kein Ende zu nehmen und es sah ganz so
aus, als wären die Pikten wild entschlossen, zumindest
diesen einen Tafelritter mit sich ins Verderben zu reißen.
Vermutlich hatte Mordred den Befehl gegeben, zuerst
die Ritter der Tafelrunde auszuschalten, denn

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