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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einer
unendlich müden Bewegung das Helmvisier nach oben
und drehte sich herum, um nach dem anderen Ritter zu
sehen.
Dieser war auf ein Knie herabgesunken und stützte sich
schwer auf den Schwertgriff um nicht ganz zu fallen.
Sein Atem ging so schnell, dass er nicht in der Lage war,
zu sprechen, und er blutete nicht nur aus dem Schnitt in
der Schulter, sondern aus zwei weiteren, ebenso tiefen
Wunden. Und dann erkannte ihn Lancelot.
»Ihr?«, murmelte er.
Sir Mandrake hob müde den Kopf. Er hatte keine Hand
frei um sein Visier zu öffnen, aber das war auch nicht nötig. Lancelot konnte seinen Blick durch die dünnen Sehschlitze spüren.
»Hattet Ihr gewusst, dass ich es bin, wärt Ihr wahrscheinlich nicht gekommen«, murmelte Mandrake. Er bekam immer noch nicht richtig Luft und es war ein Unterton von
Schwäche in seiner Stimme, der Lancelot schaudern ließ.
»Seht das nächste Mal genauer hin, bevor Ihr einem Mann
das Leben rettet.«
»Unsinn!«, antwortete Lancelot. »Ich wusste nicht, dass
Ihr es seid, da habt Ihr Recht. Aber das hätte nichts geändert.«
Und das war die Wahrheit. Hier und in diesem Moment
spielte es überhaupt keine Rolle, wer sie waren und welchen Zwist sie miteinander hatten. Sie waren einfach zwei
Ritter, die sich gegenseitig beschützten, die ihr Leben für
den anderen einsetzten, als wäre es ihr eigenes, ganz wie
sie es geschworen hatten. Und Mandrake schien das auch
zu spüren, denn er verzichtete auf eine weitere boshafte
Bemerkung, obwohl Lancelot regelrecht fühlte, dass sie
ihm auf den Lippen lag. Er schüttelte nur müde den Kopf
und versuchte sich selbst an seinem Schwertgriff in die
Höhe zu stemmen. Seine Kraft reichte nicht. Lancelot
streckte eine Hand aus um ihm zu helfen, aber Mandrake
ignorierte ihn und versuchte es noch einmal allein. Taumelnd kam er in die Höhe und wäre sofort wieder gestürzt,
hätte er sich nicht gegen die Steinmauer gelehnt.
Bevor Lancelot noch etwas sagen konnte, war Artus heran – und er tobte vor Wut!
»Sir Lancelot, seid Ihr von allen guten Geistern verlassen?!«, brüllte er. »Ich dachte, ich hätte eindeutig gesagt,
dass Ihr bei mir zu bleiben habt!«
»Das habt Ihr«, antwortete Lancelot. Er sah Artus nur
kurz an und eigentlich hätte er erschrecken müssen, denn
das Gesicht des Königs war verzerrt und seine Augen
schienen Flammen zu speien. Aber Artus’ Zorn prallte an
ihm ab. Vielleicht hatte er einfach keine Kraft mehr, sich
auch noch auf diese Auseinandersetzung einzulassen.
»Das war ein direkter Befehl«, sagte Artus plötzlich gefährlich leise. »Dass Ihr ihn verweigert habt, ist schlimm
genug. Aber dass Ihr es vor den Augen meiner Männer
getan habt, ist unverzeihlich.«
»So wird es wohl sein«, murmelte Lancelot. Eine innere
Stimme warnte ihn, es nicht auf die Spitze zu treiben.
Artus war in einer Verfassung, etwas zu tun, was er später vielleicht bedauern würde. Aber Lancelot war zu müde,
um auf diese Stimme zu hören. Am liebsten hätte er
Schild, Schwert und diese verdammte Rüstung von sich
geworfen und wäre gegangen.
»Das wird nicht ohne Folgen bleiben«, erklärte Artus.
Dann atmete er tief ein und Lancelot konnte regelrecht
sehen, wie er den Rest all dessen, was ihm noch auf der
Zunge lag, hinunterschluckte. Mit einem gespielt erleichterten Gesichtsausdruck wandte sich Artus an Mandrake:
»Immerhin lebt Ihr noch«, sagte er – in einem Ton, der
Lancelot nicht sicher sein ließ, ob ihn diese Feststellung
freute oder nicht. »Wie es aussieht, hat Sir Lancelot Euch
das Leben gerettet.«
»Wie es aussieht«, antwortete Mandrake. Er ließ seinen
Schild fallen, klappte mit einer mühsamen Bewegung das
Helmvisier nach oben und sah erst Artus, dann Lancelot
an. Er sagte nichts, doch sein Blick sprach dafür Bände.
Das ändert gar nichts.
Ich weiß, gab Lancelot auf die gleiche Weise zurück.
Und dennoch würde ich es wieder tun.
» Ihr seid verletzt«, stellte Artus fest.
»Das ist nur –«, begann Mandrake, aber Artus unterbrach ihn mit einer wütenden Bewegung.
»Das ist nicht nur ein Kratzer «, sagte er scharf. »Also
spart Euch den Atem, mir irgendeinen Unsinn zu erzählen.
Geht hinunter und lasst Eure Wunden versorgen. Und
dann geht ins Schloss. Vor morgen früh will ich Euch hier
nicht mehr sehen.«
»Aber –«
»Sofort!«
Mandrake gab auf. Zu einem guten Teil sicherlich, weil
er einfach nicht mehr die Kraft zum Widerspruch hatte,
und vielleicht auch, weil er sich selbst die Blöße ersparen
wollte, vor Artus und

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