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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Augen aller anderen in Ohnmacht zu fallen, während er lautstark verkündete, dass mit
ihm alles in Ordnung sei. Er nickte nur müde, stieß sich
von der Wand ab und ging, schwer wie ein alter Mann auf
sein Schwert gestützt, an ihnen vorbei zur Treppe.
Artus sah ihm mit ausdruckslosem Gesicht nach, bis er
sich davon überzeugt hatte, dass Mandrake die Stufen
nach unten aus eigener Kraft schaffen würde, dann drehte
er sich wieder zu Lancelot herum und trat einen Schritt auf
ihn zu. Bevor er sprach, warf er einen Blick in die Runde,
um sich zu überzeugen, dass sie auch wirklich allein waren. Sie waren es. Alle anderen Männer hatten sich ein
gutes Stück von ihnen entfernt, um sich um ihre Wunden
zu kümmern, Verletzte zu versorgen oder auch sich davon
zu überzeugen, dass die reglos am Boden liegenden Pikten
wirklich keine Gefahr mehr darstellten. Aber Lancelot
wusste, dass sie dies nur vorgaben. Sie hatten Artus’ Zorn
gespürt und taten ihr Möglichstes, um nicht zu dessen
nächster Zielscheibe zu werden.
Das war Lancelot neu. Die Reaktion dieser Männer war
verständlich, ließ aber keine besondere Überraschung erkennen. Ganz offensichtlich war es nicht das erste Mal,
dass Artus einen solchen Wutanfall erlitt, und vielleicht
nicht einmal das erste Mal, dass er etwas tat, das vielleicht
nicht zu dem Ruf des edelmütigen und väterlichen Königs
passte, der ihm normalerweise vorauseilte.
»Wie geht es Euch?«, fragte Artus. Lancelot sah ihn verständnislos an. »Sire?«
»Ich meine das ernst«, sagte Artus. »Seid Ihr verletzt?«
»Nein«, antwortete Lancelot. »Ihr wisst doch, dass –«
»Fühlt Euch nicht zu sicher, Sir Lancelot«, unterbrach
ihn Artus, jetzt mehr wütend, aber in ernstem, fast beschwörenden Ton. »Diese Rüstung gibt Euch die Stärke
von zehn Männern und mit diesem Schwert allein könnt
ihr eine halbe Armee in die Flucht schlagen, aber Ihr seid
weder unsterblich noch unverwundbar. Ich dachte, das
hättet Ihr mittlerweile begriffen.«
»Das habe ich«, sagte Lancelot. »Aber wenn ich den
Kampf oder den Tod fürchten würde, dann wäre ich nicht
hier. Und wenn ich zusehen würde, wie ein anderer Ritter
erschlagen wird, dann würde ich diese Rüstung nicht mehr
verdienen.«
Seltsamerweise ließen diese Worte für einen kurzen
Moment den Zorn in Artus’ Augen aufblitzen. Aber er
beherrschte sich und zwang sich zu einem bloßen Nicken.
»Das mag vielleicht so sein«, sagte er. »Dennoch wäre
es mir lieber gewesen, Ihr hättet auf mich gehört.«
»Ich wollte Eure Autorität nicht in Frage stellen, Sire«,
antwortete Lancelot. »Schon gar nicht vor all Euren Männern.« Das war eine glatte Lüge. Es war ihm vollkommen
egal. So wie ihm mittlerweile – und es war das erste Mal,
dass er sich diesen Gedanken eingestand – auch Artus egal
war. Er fragte sich, was er hier tat. Dies war so wenig sein
Krieg, wie es der irgendeines anderen Mannes auf diesen
Mauern war, abgesehen von Artus selbst. Und in diesem
Augenblick, während er dastand und ruhig Artus’ scharfen
Blicken standhielt, fasste er den festen Entschluss, Camelot zu verlassen. Er würde Artus nicht verraten und mitten
in der Schlacht davonlaufen, sondern bis zu ihrem bitteren
Ende bleiben, ganz egal wie es aussah. Aber wie immer
diese Schlacht ausgehen sollte, würde er danach auf sein
Pferd steigen und gehen.
Und diesmal für immer.
Als hätte Artus seine Gedanken gelesen, wurde seine
Stimme plötzlich sanft. »Vielleicht sollte ich mich bei
Euch entschuldigen«, sagte er leise. Noch leiser und mit
einem völlig unpassenden Grinsen fügte er hinzu:
»Natürlich nur, wenn es niemand außer Euch hört.«
»Natürlich«, antwortete Lancelot.
Artus seufzte tief. »Bitte, mein Freund«, fuhr er fort.
»Geht nicht so hart mit mir ins Gericht. Es war nur die
Sorge um Euch, die mich für einen Moment die Beherrschung verlieren ließ. Aber ich glaube, sie war übertrieben. Gott im Himmel, ich habe nie einen Mann zuvor so
kämpfen sehen und glaubt mir, ich habe schon viele Ritter
erlebt!«
Offensichtlich wartete er auf eine Antwort von Lancelot,
auf irgendeine Reaktion, aber als diese nicht kam, fuhr er
mit einem abermaligen Kopfschütteln und in verändertem
Ton fort: »Wie viele Pikten habt Ihr erschlagen?«
»Warum?«, fragte Lancelot verwirrt.
»Nur weil ich den Eindruck hatte, dass Ihr diesen Angriff fast im Alleingang zurückgeschlagen habt«, erwiderte Artus. Die Worte klangen nicht nur lächerlich, Lancelot
spürte auch, dass

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