Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Zeug hielt, er versuchte an den Beinen des Einhorns
nach oben zu springen und wedelte dabei heftig mit dem
Schwanz.
»Was hat der Hund?«
Lancelot musste sich mit aller Kraft beherrschen, um
nicht die Hand auszustrecken und Wolf zu sich in den Sattel zu heben. Stattdessen beantwortete er Mandrakes Frage
nur mit einem Achselzucken und einem gemurmelten
»Keine Ahnung«.
»Dann scheucht ihn weg«, sagte Mandrake. »Er ist lästig.«
Lancelot tat tatsächlich so, als versuche er den Hund
wegzuscheuchen, aber Wolfs Kläffen und Schwanzwedeln
wurden nur noch hysterischer und schließlich wurde es
dem Einhorn zu viel und es versetzte ihm einen derben
Stoß mit dem Vorderlauf. Für das Einhorn war es nur ein
leichter Schubs, aber der Hund kugelte meterweit davon,
kam quiekend in einer Staubwolke zum Liegen und rappelte sich benommen auf – um sofort wieder hinter Lancelot herzurasen.
»Verschwinde endlich, blödes Vieh«, sagte Lancelot
laut.
Aber Wolf verschwand nicht, dafür schlug das Einhorn
drohend mit einem der Hinterläufe nach ihm und die
schlechte Erfahrung von vorhin zeigte Wirkung. Der Tritt
verfehlte Wolf zwar, aber er hielt an, hörte auf mit dem
Schwanz zu wedeln und stieß Stattdessen ein klägliches
Fiepen aus. Der Blick seiner Hundeaugen wurde vorwurfsvoll und traurig und Lancelot musste sich zusammenreißen, um sich seine wahren Gefühle nicht ansehen
zu lassen. Er hatte ein schlechtes Gewissen.
Vielleicht war dieser kleine Hund der einzige Freund,
den er auf der ganzen Welt noch hatte. Und er durfte ihn
nicht einmal zur Begrüßung streicheln. Mandrake war
auch jetzt schon misstrauisch genug.
Mit einem demonstrativen Ruck wandte er den Kopf
wieder nach vorne und hoffte, dass Wolf aufgeben und
ihm nicht weiter nachlaufen würde. Das Leben eines Tieres galt den meisten Menschen hier nicht viel und Wolf
spielte buchstäblich mit seinem Leben, wenn er dem Tross
zu nahe kam und einem der Männer lästig wurde. Es fiel
Lancelot wirklich schwer, sich nicht noch einmal nach
dem Hund umzudrehen, sondern weiter starr geradeaus zu
blicken.
Sie brauchten noch eine geraume Weile, bis sie Burg
Camelot erreichten. Die Festung war für die bevorstehende Hochzeit des Königs in den prächtigsten Farben herausgeputzt. Bunte Tücher im strahlenden Weiß und Blau
Camelots hingen von den Zinnen, die Türme waren mit
Wimpern und wehenden Fahnen geschmückt und selbst
der große Hauptturm, der am stärksten unter dem Erdbeben gelitten hatte und zum Teil eingestürzt war, war schon
fast wieder völlig hergestellt. Das wuchtige Tor stand weit
offen, und wo normalerweise zwei schwer bewaffnete
Posten misstrauisch jeden beäugten, der das Allerheiligste
Camelots betreten wollte, standen jetzt nur zwei mannshohe Blumengestecke und direkt über dem Tor hing ein
kostbar geschnitztes und mit Gold verziertes Kruzifix,
dessen Anblick Lancelot im ersten Moment erstaunte. König Artus und all seine Tafelritter waren – zumindest nach
außen hin – strenggläubige Christen, die ihr Leben für die
Kirche geopfert hätten und mit dem Namen Gottes auf den
Lippen in die Schlacht zogen. Dennoch wusste er, dass
Artus eine solch übermäßige Zurschaustellung kirchlicher
Insignien nicht schätzte. Vermutlich hatte er dieses Kruzifix nur zu Ehren des Bischofs aufhängen lassen und würde
es auch wieder entfernen, kaum dass der Kirchenfürst
nicht mehr in der Stadt war.
Ihre Ankunft war natürlich bemerkt worden. Als sie
durch das Tor und in den Innenhof ritten, erschien Artus
auf der obersten Stufe der breiten Treppe, die zum Palas
hinaufführte. Fröhlich winkend eilte er ihnen entgegen –
und stockte auf halber Höhe der Treppe, als er sah, in welchem Zustand sich die Männer befanden.
Er blieb einen Herzschlag lang wie versteinert stehen,
dann rannte er ihnen mit weit ausgreifenden Schritten entgegen.
»Bei Gott, was ist geschehen?«, rief er aufgeregt. »Sir
Hardland, Sir Mandrake! Was habt Ihr –«
Er brach ab und blieb zum zweiten Mal wie erstarrt stehen, als er Lancelot erblickte. Seine Augen weiteten sich.
Dann aber erschien ein Ausdruck ehrlich empfundener
Freude und Erleichterung auf seinen Zügen. Er breitete die
Arme aus und stürmte Lancelot entgegen.
»Lancelot! Ihr seid gekommen!«
Lancelot ließ das Einhorn anhalten und schwang sich mit
einer schnellen Bewegung aus dem Sattel, aber vielleicht
hatte er es dabei ein wenig übertrieben – sein verletztes
linkes Bein quittierte

Weitere Kostenlose Bücher