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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Abend gesteckt hatte, aber er hatte von einigen der
anderen Ritter gehört, dass sein Fehlen durchaus aufgefallen war und Artus es nicht besonders wohlwollend zur
Kenntnis genommen hatte. Es war ihm egal.
Artus würde heute mehr als genug zu tun haben und
kaum die Gelegenheit finden, ihn zur Rede zu stellen, und
wenn die Sonne das nächste Mal aufging, dann wäre er
nicht mehr hier.
Braiden musste gespürt haben, dass ihm das Thema trotz
all seiner Scherzhaftigkeit unangenehm war, denn er
sprach nicht weiter und sie gingen langsam an der Spitze
einer Kolonne aus gut dreißig prachtvoll gerüsteten und
herausgeputzten Rittern weiter den Weg in Richtung Kapelle. Die Posaunenbläser bemühten sich weiter nach
Kräften, ihre Ohren zu betäuben, und Lancelot sah jetzt,
dass am Ende des Weges eine Gruppe in schimmerndes
Silber und blitzendes Gold gekleideter Ritter auf sie wartete. Der Bischof von York im blutfarbenen Rot seines Gewandes wirkte inmitten dieser Pracht verloren und fehl am
Platze. Lancelot sah aber auch etwas, das ihm schier das
Herz zusammenpresste. Nur ein Stück von dem in schlichtes Weiß gekleideten Artus gewahrte er die schlanke Gestalt Gwinneths. Sie trug ein Kleid in derselben Farbe und
ihr Gesicht war verschleiert wie gestern. Ihr einziger
Schmuck war ein goldenes Diadem, das die Form mehrerer ineinander geschlungener Schlangen hatte und von
blitzenden Diamanten und anderen Edelsteinen gekrönt
wurde. Ihre Hände, die in fein gewobenen Handschuhen
von weißer Farbe steckten, hielten den traditionellen
Brautstrauß, und sosehr sich Lancelot auch bemühte, es zu
ignorieren, spürte er doch, dass der Blick ihrer traurigen
Augen hinter dem weißen Schleier direkt auf ihn gerichtet
war.
Er wandte den Kopf und sah nach rechts. Menschen
säumten den Weg, so weit er sehen konnte, aber hinter all
den feiernden und ausgelassenen Bürgern Camelots erblickte er auch etwas, das die Festtagsstimmung trübte.
Aufgerichtete Lanzen, die über mattsilbernen Helmen
blitzten. Vielleicht um dem Anblick etwas von seiner Bedrohlichkeit zu nehmen, hatten die Krieger ihre Speere mit
bunten Wimpeln geschmückt, die lustig im Wind flatterten, aber das änderte nichts daran, dass es keine Festtagsgäste waren, sondern ein Trupp von Artus’ besten Kriegern, die einen weit geschwungenen Halbkreis um die
feierliche Gesellschaft, die Kapelle und das Stadttor bildeten. Artus hatte trotz des Glücks, das sein Herz erfüllen
mochte, die Gefahr nicht vergessen, die Camelot drohte.
Als Lancelot zur Stadtmauer hinaufsah, erblickte er zahlreiche Männer, deren Rüstungen in der Sonne blitzten und
die wohlbewaffnet waren. Wenn die Pikten wirklich für
diesen Morgen einen Überfall geplant hatten, so würden
sie zumindest auf keinen unvorbereiteten Gegner treffen.
Der Gedanke hätte ihn trösten müssen, aber er tat es
nicht. Im Gegenteil schürte er seinen Schmerz noch.
Was war das für eine Hochzeit, die unter dem Schwert
vollzogen wurde und deren Glück in dem Unglück eines
anderen wurzelte?
Er verscheuchte den Gedanken, aber mit jedem Schritt,
den er tat, war er weniger sicher, wirklich die Kraft zu
haben, um das, was vor ihm lag, durchzustehen.
Als er das kleine Gotteshaus fast erreicht hatte, wandten
sich Artus und ein Großteil der Wartenden wortlos um und
verschwanden durch die Türe. Es war nun seine Aufgabe,
so lange zu warten, bis die wenigen geladenen Gäste, die
das Privileg hatten, die Vermählung in der Kirche mitzuerleben, ihre Plätze eingenommen hatten, und Artus dann
seine Braut zuzuführen.
Ohne auch nur in Gwinneths Richtung zu sehen, nahm er
seinen Platz ein und wartete mit geschlossenen Augen, bis
er Schritte neben sich hörte und das federleichte Gewicht
ihrer Hand auf seinem Arm spürte.
Beinahe hätte er aufgeschrien.
»Mylady«, sagte er.
Gwinneth fuhr ganz leicht zusammen. Die Bewegung
war nicht zu sehen, aber er spürte sie an ihren bebenden
Fingern. »Sir Lancelot«, antwortete Gwinneth. Ihre Stimme zitterte. So leise, dass nur er ihre Worte hören konnte,
fügte sie hinzu: »Ich … ich kann das nicht. Ich will es
nicht. Ich flehe dich an, Lancelot«, sagte Gwinneth. Trotzdem sie flüsterte, wusste er, dass ihr unter dem Schleier
Tränen übers Gesicht liefen. »Tu es nicht! Lass uns von
hier weggehen! Flieh mit mir! Es ist mir egal, wohin. Ich
muss keine Königin sein. Ich brauche keine Reichtümer.«
»Wir haben keine Wahl, Gwinneth«, murmelte

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