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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Burgmauer und das Tor vor sich ab. Er sah und hörte
nichts, aber er war jetzt vollkommen sicher, nicht allein zu
sein.
    Dort vor ihm war jemand, der auf ihn wartete. Und er
war ihm nicht freundlich gesonnen.
Lancelot zog das Schwert, während er durch den uralten
Torbogen ging. Der Bereich des Hofes dahinter, den er
einsehen konnte, war leer, aber es war nun wie am vergangenen Morgen im Wald: Seine Sinne schienen plötzlich mit unnatürlicher Schärfe zu arbeiten. Er wusste nicht,
woher, aber mit einem Male war ihm klar, dass im toten
Winkel rechts und links des Tores Männer auf ihn warteten, mindestens einer auf jeder Seite, wahrscheinlich aber
mehr. Lancelot schloss das Helmvisier, ergriff den Schild
fester und ging schneller, wobei er ganz bewusst etwas
fester auftrat, damit seine Schritte lauter wurden. Im allerletzten Moment begann er zu rennen.
Seine Ahnung hatte ihn nicht getrogen. Rechts und links
vom Tor sprangen Männer hervor und auch hinter den
gewaltigen Trümmern und Mauerresten, mit denen der
Burghof übersät war, erhoben sich weitere Gestalten. Ein
Pfeil flog auf ihn zu und zerbrach an dem hochgerissenen
Schild und er sah eine Bewegung aus den Augenwinkeln,
wich zur Seite und hörte, wie der geschleuderte Speer hinter ihm an der Wand zerbrach.
Dann waren die Angreifer heran und der Kampf entbrannte mit aller Härte.
Aber es war kein fairer Kampf. Diesmal war Lancelot
vorbereitet gewesen und wusste, was auf dem Spiel stand,
und versuchte nicht, dem Schwert in seiner Hand Einhalt
zu gebieten, sondern überließ es der magischen Waffe, ihr
blutiges Werk zu tun.
Und sie tat es. Nach kaum einer Minute war es vorbei.
Lancelot hatte insgesamt sieben Krieger erschlagen und
der achte und letzte stand mit gespanntem Bogen vor der
Tür auf der anderen Seite des Hofes, hinter der der Abgang zu Morgaines Kellerverlies war. Der Pfeil auf seinem
Bogen deutete genau auf Lancelots Gesicht, aber die
Hand, die ihn hielt, zitterte und er sah im Gesicht des
Mannes keine Hoffnung, sondern nur Angst.
Es war wie bei den anderen: Auf ihren Gesichtern stand
geschrieben, dass sie um ihr Schicksal wussten und ihnen
klar war, dass sie in den sicheren Tod liefen, ohne die geringste Aussicht, ihren Gegner zu überwinden oder auch
nur zu verwunden. Er fragte sich vergeblich, warum sie
das taten. Es waren piktische Krieger, zerlumpte, schmutzige, aber auch sehr starke Gestalten, die zweifellos auf
Morgaines Befehl hier auf ihn gewartet hatten und die
ganz genau wussten, mit wem sie es zu tun hatten. Was
konnte so schlimm sein, dass sie den sicheren Tod durch
sein Schwert einem anderen Schicksal vorzogen?
Langsam schob Lancelot das Schwert in die Scheide zurück, drehte sich ganz zu dem Pikten herum und sah ihm
ins Gesicht. Der Krieger erwiderte seinen Blick aus Augen, in denen pure Hoffnungslosigkeit zu lesen war, aber
auch so etwas wie Trotz. Er schoss nicht, aber Lancelot
war sicher, dass er auch keinen Zoll weichen würde.
»Verstehst du meine Sprache?«, fragte er, während er
losging.
Der Pikte nickte. Der Pfeil auf seinem Bogen folgte
Lancelots Bewegungen.
»Und du hast gesehen, was gerade passiert ist?«, fuhr
Lancelot fort. Diesmal reagierte der Krieger gar nicht, aber
wozu auch? Er hatte drei Pfeile auf Lancelot abgeschossen, die ausnahmslos an seiner Rüstung zerschellt waren,
ohne ihr auch nur einen Kratzer zuzufügen.
Dabei führte er einen fast mannslangen Jagdbogen, der
nicht umsonst auch unter Artus’ Kriegern gefürchtet war.
Lancelot wusste, dass die Pfeile eines solchen Bogens
durchaus in der Lage waren, selbst einen massivem Schild
zu durchschlagen.
»Wenn das so ist und wenn du verstehst, was ich sage«,
fuhr er fort, »dann gibt es keinen Grund für dich, zu sterben. Geh. Ich schenke dir das Leben.«
Er hatte mit keiner Reaktion gerechnet und es kam auch
keine. Als er weiterging, begann sich der Mann nervös auf
der Stelle zu bewegen und der Pfeil auf seinem Bogen
zitterte stärker. Aber er wich nicht von seinem Posten und
Lancelot zog mit einem bedauernden Seufzen das
Schwert.
Im Inneren der Festung war es so dunkel und kalt wie
immer. Er folgte der Treppe langsam in die Tiefe, das blutige Schwert noch in der Hand und mit einem Gefühl, das
alles andere als das war, das ein Sieger haben sollte. Sein
Schwert hatte jetzt insgesamt acht Leben gefordert und er
wusste, dass ihm diese acht Gesichter – wie die aller anderen, die er getötet hatte, seit er

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