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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Tische
stolperte, sondern auch die Kerze fallen ließ, die er in der
Hand gehalten hatte. Wie durch ein Wunder ging sie nicht
aus. Lancelot trat mit einem raschen Schritt durch die Tür,
stieß sie mit dem Fuß hinter sich zu und bückte sich dann
nach der Kerze, um sie auf den Tisch zu stellen.
    Als er sich wieder Tander zuwandte, hatte der Schankwirt seine Überraschung wenigstens so weit überwunden,
dass er seine Sprache wieder fand. »Sir Lancelot?«, stammelte er. »Ihr? Was tut Ihr um diese Zeit … ich meine:
Verzeiht, aber es ist recht spät und –«
»Ich habe mit Euch zu reden«, unterbrach ihn Lancelot.
    Tander schluckte. Im flackernden Schein der Kerze
wirkte sein Gesicht nicht nur bleich wie das eines Toten,
selbst die Schatten darauf schienen vor dem in Silber gehüllten Ritter zu fliehen, der vor ihm stand.
    »Herr?«, murmelte er, dann schien er eine Eingebung zu
haben, denn er sprudelte hastig hervor: »Wenn es wegen
des Hundes ist, Herr, ich versichere Euch, es geht ihm gut.
Er hat nur das beste Fressen bekommen und … und Ihr
hört ihn ja. Er ist –«
    »Bringt ihn her!«, unterbrach ihn Lancelot.
»Selbstverständlich, Herr«, sagte Tander hastig. »Ihr
werdet sehen, es geht ihm vorzüglich. Er bekommt besseres Essen als meine eigenen Kinder.«
Damit stürzte er davon. Lancelot glaubte ihm zwar, was
seine letzte Bemerkung anging, aber er trat trotzdem ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und konnte die
wenigen Augenblicke kaum abwarten, bis Tander zurückkam. Er trug Wolf in den Armen, aber als der kleine
Mischlingshund Lancelot erblickte, riss er sich los, sprang
mit einem einzigen Satz auf den Boden und raste wie ein
tollwütig gewordenes Fellknäuel im Zickzack zwischen
den Tischbeinen hindurch, um mit einem geradezu hysterischen Kläffen und Winseln an Lancelot emporzuspringen. Lancelot fing ihn auf, betrachtete ihn einen Moment
aufmerksam und begann ihn dann mit der linken Hand zu
kraulen, während er irgendwie versuchte das Gesicht zur
Seite zu drehen, um es vor Wolfs zudringlicher Zunge in
Sicherheit zu bringen.
»Ihr seht, Herr, ich habe mein Wort gehalten«, sagte
Tander. Auf der Treppe wurden polternde Schritte laut.
Der flackernde Schein einer Kerze fiel die hölzernen
Stufen herab und dann tauchten Wander und Sander auf,
die beiden Söhne des Gastwirtes. Sie sahen so unausgeschlafen und zerknautscht aus wie ihr Vater und beide
trugen ziemlich lächerliche und schmutzige Nachthemden.
Als sie sahen, was vorging, blieben sie verdutzt stehen und
schienen nicht genau zu wissen, was sie von der Situation
zu halten hatten. Lancelot gab ihnen auch keine Zeit, sich
irgendwie darüber klar zu werden, sondern fuhr sie an:
»Verschwindet!«
Wie er erwartet hatte, ließen die beiden sich das nicht
zweimal sagen, sondern trollten sich auf der Stelle und
Lancelot wandte sich wieder zu Tander um. Nun wo er
sah, dass Wolf unversehrt war, gönnte er sich den kleinen
Luxus, sich einige Augenblicke an Tanders gequältem
Anblick zu weiden. »Ich wusste, dass ich mich auf Euer
Wort verlassen kann«, sagte er spöttisch. »Dann werdet
Ihr mir doch sicher auch in einer anderen Angelegenheit
behilflich sein, oder?«
Tander nickte hastig. »Selbstverständlich, Herr«, versicherte er. »Was immer es ist –«
»Es geht um den Jungen.«
»Dulac? Den Jungen, dem der Hund gehört hat?«, fragte
Tander schon wieder ein bisschen beunruhigt.
»Nein.« Lancelot schüttelte den Kopf. »Euren neuen
Gehilfen.«
»Evan«, sagte Tander. »Sein Name ist Evan.«
»Ich weiß.« Lancelot gab sich Mühe, eine ganz leichte
Spur von Unmut in seiner Stimme mitklingen zu lassen.
»Wo ist er? Lebt er bei Euch im Haus?«
Tander verneinte. »Er wohnt bei seinen Eltern und
kommt nur jeden Morgen hierher, um mich ins Schloss zu
begleiten. Aber das wisst –«
»Dann holt ihn her«, unterbrach ihn Lancelot. »Sofort!«
Tander sah ihn einen Moment vollkommen verstört an,
aber dann begann er nach seinen Söhnen zu schreien.
Als die beiden zögernd wieder auf der Treppe erschienen, brüllte er einen von ihnen an, sofort loszulaufen und
Evan zu holen, und den anderen, ihrem hohen Gast gefälligst einen Krug Wein und eine Mahlzeit zu bringen.
Lancelot war weder nach Wein noch nach etwas zu essen zumute, aber er sah dennoch voller Schadenfreude zu,
wie Sander fast über seine eigenen Füße stolperte, weil er
gar nicht schnell genug in die Küche kam, um dem Befehl
seines Vaters

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