Elbensturm: Die Zwerge von Elan-Dhor
half sie Barlok, sich auf die rechte Seite zu drehen, damit sie an seine Schulter herankam. Es tat weh, aber der Schmerz war gut auszuhalten. Ohne den Trank wäre er vermutlich wesentlich schlimmer gewesen.
Mit geschickten Fingern wickelte die Elbin den Verband ab. Schon bevor die letzte Lage fiel, drang ein übler Geruch an Barloks Nase. Auf Thalinuels Gesicht zeichnete sich Sorge ab. Barlok wusste, was der Gestank zu bedeuten hatte.
»Die Wunde hat sich entzündet«, stellte Thalinuel fest. »Ich habe es fast befürchtet, so schmutzig, wie der Dolch war.« Sie legte eine Hand auf seine Stirn. »Und du hast Fieber. Bislang nur leicht, aber es wird stärker werden.«
»Und das sagst du so ruhig?«
Barlok drehte den Kopf ein wenig, bis er die Wunde sehen konnte, zumindest die Hälfte davon. Wie er bereits gehört hatte, war die Klinge durch seine gesamte Schulter gedrungen und an der Vorderseite wieder ausgetreten. Die Stelle, an der die Spitze durch seine Haut gedrungen war, konnte er sehen. Im Gegensatz zu der am Rücken, die weitaus größer sein musste und auch heftiger schmerzte, handelte es sich nur um eine kleine Wunde. Schorf hatte sich darauf gebildet, doch dieser war mit Eiter durchsetzt. Das Fleisch um die Wunde herum hatte sich gerötet.
»Sei unbesorgt, ich weiß, wie man solche Verletzungen behandelt. Du wirst wieder gesund, es wird nur etwas länger dauern, als ich gehofft habe.« Behutsam begann Thalinuel mit einem sauberen Tuch die Wunde auf beiden Seiten zu reinigen. »Eigentlich müsste ich sie mit heißem Wasser ausspülen, aber der Rauch eines Feuers wäre weithin zu sehen und könnte Verdacht erwecken. Nocturnen entzünden bei Tag kein Feuer. Ich werde die Wunde heute Abend gründlich reinigen. Bis dahin müssen ein paar Kräuter reichen, die die Entzündung bekämpfen.«
Sie verteilte einige große Blätter auf beide Seiten seiner Schulter und erneuerte dann den Verband.
»In meiner Zeit heißt dieses Land Radon«, berichtete Barlok, um sich abzulenken. »Und bei den großen Wäldern im Süden dürfte es sich um den Düsterwald handeln, falls es ihn in dieser Zeit schon gibt. Es ist ein weiter Weg dorthin.«
»Ziemlich weit, leider«, bestätigte Thalinuel. »Und wir kommen nur langsam voran. Urlak meint, wir würden mehrere Wochen brauchen. An regnerischen Tagen ohne Sonnenschein können sie auch tagsüber ein paar Dutzend Meilen zurücklegen, aber es würde Verdacht erwecken, wenn sie die Pferde zu sehr antreiben würden. Gaukler haben es gewöhnlich nicht allzu eilig, und die Craal beäugen sie ohnehin schon mit Misstrauen und bereiten ihnen immer wieder Ärger.«
»Auch ich habe immer noch Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass es bei diesen Schattenwesen solche Art von Vergnügungen gibt.«
Die Elbin lächelte, doch es sah nicht sehr fröhlich aus.
»Ihre Vorführungen haben wenig mit der Art harmloser Vergnügungen zu tun, die du dir vermutlich vorstellst. Sie sind brutal und blutig, du wirst es wohl noch erleben. Die Nocturnen sind auf ihre Art kaum weniger grausam als die Craal.«
»Und trotzdem glaubst du, dass wir ihnen vertrauen können?«
»Nach allem, was ich im Laufe der Nacht gesehen habe – ja. Das Land hier ist fruchtbar. Hier werden viele der Nahrungsmittel angebaut, die benötigt werden, um die Horden der Schattenmahre zu versorgen. Wir haben alle Dörfer und Gehöfte gemieden, aber wir haben viele Felder gesehen, auf denen Nocturnen arbeiteten. Die Craal treiben sie mit Prügeln und Peitschen an, und laut Urlak töten sie sie auch, wenn sie für ihren Geschmack immer noch zu langsam arbeiten. Ich kann mittlerweile verstehen, warum die Nocturnen sie inbrünstiger hassen als die Elben. Er ist nicht unser Freund, aber dass er uns hilft, ist seine Rache für das, was sie seinem Volk antun.«
»Wäre er ein Zwerg mit Ehre im Leib, würde mir dies als Grund, ihm zu vertrauen, völlig genügen, aber so … Ich möchte so bald wie möglich selbst mit ihm sprechen.«
»Ich werde es ihm ausrichten und ihn bitten, dich heute Abend aufzusuchen. Bist du hungrig?«
»Allerdings.« Erst nachdem sie ihn darauf angesprochen hatte, wurde sich Barlok dessen bewusst. Wie zur Bestätigung begann gleich darauf sein Magen zu knurren. Thalinuel reichte ihm etwas Brot, Käse und zwei Scheiben kaltes Fleisch, die er gierig verschlang und mit einem Glas Wasser hinunterspülte.
»Irgendwie müssen wir die Zeit bis zum Abend herumbekommen«, sagte die Elbin, nachdem er fertig gegessen
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