Elbensturm: Die Zwerge von Elan-Dhor
dabei durch seine Schulter zuckte, war schier unerträglich, und er konnte nur mit Mühe einen Schrei unterdrücken. Wenigstens würde der Arm nicht steif bleiben. Verletzungen wie diese hatte er schon viele erlitten. Etwas Schonung, wie auch Thalinuel gesagt hatte, und sie würde bald heilen.
Bald jedoch genügte ihm nicht. Barlok hasste es, jemandem ausgeliefert und von ihm abhängig zu sein, umso mehr, wenn es sich um einen Fremden wie Urlak handelte. Außer dem Wenigen, was Alanion und Thalinuel über ihn erzählt hatten, wusste er praktisch nichts über ihn. Trotzdem ruhte sein Leben und das seiner Begleiter jetzt in den Händen des Nocturnen, und das behagte Barlok gar nicht. Erst recht nicht, da er sich aufgrund seiner Verletzung nicht einmal würde zur Wehr setzen können, falls Urlak sie doch verraten sollte.
Seine Gedanken fingen an, sich zu verwirren, aber wenigstens ließen auch seine Schmerzen nach. Der Trank, den Thalinuel ihm gegeben hatte, begann zu wirken. Kurz darauf schlief er ein.
Seltsame Träume peinigten ihn. Sie waren unzusammenhängend und ohne Sinn, wirre Fetzen, die vorbeizogen, noch bevor er sich auf einen von ihnen einstellen konnte. In einigen dieser Traumfetzen befand er sich in Elan-Dhor, allerdings war die Mine völlig zerstört und offenbar schon seit langer Zeit verlassen, andere trugen ihn an Orte, an denen er nie zuvor gewesen war. Gemeinsam war ihnen allen ein Gefühl der Gefahr und des Verderbens. Er hörte düstere Stimmen zu sich sprechen, ohne verstehen zu können, was sie sagten.
Schweißgebadet erwachte Barlok schließlich aus dem Schlaf. Die ständigen Erschütterungen, die ihm Schmerz bereitet hatten, hatten aufgehört, der Wagen stand still. Helles Tageslicht strömte ins Innere, da die Plane vor dem Eingang zurückgeschlagen war. Als Nachtwesen, die das Licht der Sonne nicht vertrugen, waren die Nocturnen nur bei Dunkelheit aktiv und schliefen tagsüber.
Barlok hingegen genoss das hereinfallende Sonnenlicht, obwohl dies für einen Zwerg eher ungewöhnlich war. Normalerweise konnte er es zwar problemlos ertragen, aber er war es nicht gewohnt und liebte es nicht. Jetzt jedoch half es ihm, die düsteren Schatten der Träume zu vertreiben, die ihm hartnäckig in die Wirklichkeit herübergefolgt waren und nur widerwillig verblassten.
Vor allem das Bild des zerstörten Elan-Dhor hatte sich in sein Gedächtnis eingegraben, und er musste sich mit dem Gedanken beruhigen, dass es sich schließlich nur um einen Traum gehandelt hatte.
Aber ob Traum oder nicht – es spielte keine Rolle für ihn. Seine Heimat war unerreichbar fern. Selbst wenn ihn das Tor in eine andere Welt verschlagen hätte, wie er zunächst geglaubt hatte, wäre Elan-Dhor ihm näher gewesen. Er hätte sich zumindest fragen können, was dort vor sich ging. Aber er befand sich in einer Zeit, in der Elan-Dhor noch nicht einmal gegründet worden war. Selbst Dinge aus der tiefsten Vergangenheit der Mine würden sich erst in unendlich ferner Zukunft ereignen.
Und womöglich hing es sogar mit von ihm ab, ob sie sich überhaupt jemals ereignen würden …
Barlok wünschte, er könnte aufstehen und sich im Freien irgendwo in die Sonne setzen, dann würde es ihm noch leichter fallen, diese Gedanken zu verdrängen. Er versuchte sich ein wenig aufzurichten, doch rasch merkte er, dass seine noch frische Schulterwunde wieder aufzureißen drohte, und ließ sich zurücksinken.
Der Misserfolg drückte seine Stimmung noch weiter. Niedergeschlagen starrte er zu der fleckigen Plane hinauf, die sich über ihm wölbte, bis nach einer Weile Thalinuel zu ihm in den Wagen stieg.
»Du bist wach, gut. Ich muss deine Verbände wechseln.« Sie reichte ihm erneut eine Schale mit einem Sud darin. »Trink das.«
Barlok schnüffelte an dem Gebräu. Der Sud roch anders als beim letzten Mal, aber nicht weniger übel.
»Was ist das? Noch ein Trank, damit ich schlafe?«
»Nein. Ein Heiltrank, der außerdem deine Schmerzen betäubt. Es wird ziemlich wehtun, wenn ich deine Wunde säubere.«
Aus Stolz und purer zwergenmäßiger Sturheit hätte Barlok ihr die Schale im ersten Moment am liebsten zurückgegeben und behauptet, dass er es gewohnt wäre, Schmerzen zu ertragen. Dann jedoch siegte sein klarer Verstand, und er erkannte, dass tapfere und heroische Gesten hier völlig fehl am Platze waren und er sich damit nur selbst schaden würde. Ergeben trank er den Sud.
Thalinuel wartete ein paar Minuten, bis dieser zu wirken begann, dann
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