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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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ein zweites Mal. Doch weil auch das nicht lauter geriet, schleppte Svenya sich über das Stroh hinweg hinüber zur Tür und schlug mit der Faust dagegen.
    »Hey!«
    Jeder Schlag zog die Muskeln ihres Brustkorbes zusammen und trieb die gebrochenen Rippen wieder gegen die Lunge.
    »Kann mich jemand hören?!«
    Selbst falls jemand sie hörte, so antwortete doch niemand. Nach einigen Minuten gab Svenya erschöpft auf. Sie ließ sich zu Boden sinken und verschnaufte – dabei so flach wie möglich atmend, um die Schmerzen gering zu halten. Vielleicht wäre es das Klügste, einfach eine Weile liegen zu bleiben, bis ihre Verletzungen verheilt waren, um besser vorbereitet zu sein … auf was auch immer da kommen mochte und ihr noch bevorstand, überlegte sie; aber Tatenlosigkeit war Svenya beinahe ebenso unerträglich wie eingesperrt zu sein. Sie erholte sich ein paar Momente lang, dann krabbelte sie zu dem Krug zurück und zerschlug ihn. Sie nahm die größte Scherbe und begann, damit die erste der in das Türholz geschnitzten Runen abzuschaben. Vielleicht konnte sie so den Zauber brechen, der sie daran hinderte, ihre Rüstung zu aktivieren. Mit Panzer und Schwertern könnte sie möglicherweise die Tür zertrümmern, und falls nicht, könnte sie sich wenigstens unsichtbar machen, wenn ihre Kerkermeister auftauchten.
    Falls sie auftauchen, dachte Svenya. Vielleicht hat man mich auch hierher gebracht, um mich verrotten zu lassen .
    Sie hatte keine Ahnung, ob sie hier war, um, wie Oegis, für immer eingekerkert zu sein, oder ob sie nur hier untergebracht war, um auf einen Prozess zu warten … oder auch auf eine Hinrichtung. Der Gedanke an lebenslänglich in dieser winzigen Zelle erschreckte sie noch mehr als die beiden Alternativen und ließ sie umso schneller und eifriger schaben. Sobald sie die erste Rune zerstört hatte, versuchte sie es erneut.
    »Tega Andlit dyrglast.
    Opinberra dhin tryggr edhli.
    Dhin Magn lifnja
    Oegna allr Fjandi
    Enn Virdhingja af dhin Blodh.«
    Nichts. Also machte sie sich an die nächste. Und danach die nächste – dazwischen immer wieder die Beschwörung probierend … ohne Erfolg. Doch sie gab nicht auf. Die Schmerzen wurden allmählich immer tauber. Sie war nicht sicher, ob das so war, weil sie heilte oder weil sie das rhythmische Schaben in eine Art Trance versetzte – lediglich hin und wieder unterbrochen vom Ausprobieren der Rüstung oder davon, eine neue Scherbe zu nehmen, weil die alte zu stumpf geworden war oder zerbröckelte.
    Das Schlimmste war der immer schlimmer werdende Durst, und ein Teil in ihr war froh, dass sie das Brackwasser beim Zerbrechen des Kruges verschüttet hatte, denn sie war nicht mehr ganz so sicher wie vorhin, ob sie es nun nicht vielleicht doch getrunken hätte.
    Was, wenn man mich hier drin verdursten lässt?
    Wie verdurstet man, wenn man unsterblich ist?
    Gar nicht oder immer und immer wieder?
    Svenya befürchtete, dass Letzteres der Fall war. Ihr Körper würde vermutlich kollabieren … und sich dann in der Besinnungslosigkeit magisch wieder regenerieren … nur um sie dann von neuem verdursten zu lassen. Die Vorstellung jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Was war das nur mit dieser Elbenmagie? Wieso wirkte sie nicht schon früher? Was entschied über den Grad der Heilung? Könnte sie nicht schon dort einsetzen, wo der Durst begann? Den Durst selbst als Verletzung, als Mangel wahrnehmen, ihn immer gleich heilen und somit eigentlich gänzlich verhindern? Aber offenbar funktionierte die Elbenmagie so nicht. Wäre ja auch zu einfach – man würde nie wieder etwas essen oder trinken müssen, dachte Svenya sarkastisch. Und das wiederum würde einen um jede Menge Genuss bringen – in normalen Situationen … Situationen, in denen man genügend zu essen und zu trinken zur Verfügung hatte.
    Svenya merkte, dass ihre Gedanken irrten und versuchte, sie beiseitezuschieben. Doch immer wieder tanzten Bilder von mit klarem Wasser gefüllten Kelchen, fließenden Waldbächen und Wasserfällen vor ihrem geistigen Auge auf, während ihre Zunge immer trockener und immer dicker wurde. Sie schabte schneller, und als ihr die Tonscherben ausgingen, schabte sie mit den Fingernägeln weiter … Rune um gottverdammte Rune. Irgendwann musste der Zauber doch brechen.
    Hoffentlich vor dem letzten meiner Fingernägel!

44
     
    Der anbrechende Morgen war trotz der Jahreszeit so frostig wie Yrrs Laune. Sie saß ganz oben auf der Glaskuppel der Dresdner Kunstakademie,

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