Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards
divenhaft nervös. »Das Fest beginnt jede Minute. Ich kann doch auch nicht zaubern.«
»Doch, kannst du«, lachte Svenya. »Ziemlich gut sogar. Also mach was. Und hör du bitte gefälligst auch auf mit dieser förmlichen Anrede. Sag Svenya und du .«
Das Kompliment trieb ihm die Röte ins Gesicht. »Na, dann los, meine Damen«, trieb er seine Begleiterinnen an und wandte sich dann an Svenya und Yrr. »Und ihr beide zieht euch schon mal aus.«
Yrr begann sofort damit, aber Svenya zögerte. »Äh, ausziehen?«
»Natürlich ausziehen«, sagte Raik. »Frisieren, Schminken, Maniküre, Pediküre, Peeling und, und, und. Außerdem werde ich euch die Kleider buchstäblich auf den Leib zuschneidern … äh, zaubern.«
Es kostete Svenya ein wenig Überwindung, aber dann legte sie ihre Kleidung ab. Elbenthal war jetzt ihr Zuhause, und sie war bereit, auch dessen Sitten zu übernehmen.
Raik zauberte zwei Liegesessel herbei, in denen Svenya und Yrr platziert wurden, und sogleich machten sich die vier Aufhübscherinnen ans Werk. Sie hatten Gold, Silber, Juwelen und Geschmeide zum Einflechten in die Haare dabei, Cremes und Farben für Nägel und Lippen, Lidschatten und die wunderschönsten Rankentattoos aus Henna, die Svenya je gesehen hatte.
»Yrr braucht außerdem ihre Rüstung zur Beschwörung – so wie meine«, sagte Svenya, als sie bemerkte, dass Yrr immer wieder mit zweifelndem Blick zu ihrem Brustpanzer hinschielte. »Sie entspannt sich sonst doch nicht richtig.«
Raik stieß einen Pfiff aus. »Eine Beschwörungsrüstung? Das ist hochkomplexe Magie«, sagte er. »Die Eure … äh, deine wurde von Alberich selbst geschaffen.«
»Du schaffst das«, sagte Svenya.
Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen und rollte mit den Augen, aber der dankbare Blick Yrrs war das allemal wert.
»Dafür brauche ich mindestens …«, wollte er ausholen.
»Drei Minuten«, entschied Svenya mit einem Grinsen. »Danach sind unsere Kleider dran. Ich fände es ärgerlich, den Anfang meiner eigenen Party zu verpassen.« Sie wusste, dass er es sagen würde, wenn ihre Forderung völlig abstrus war – und wenn nicht, würde er sich Mühe geben, sie zu erfüllen. Sie hatte schon bei seinem ersten Schritt in ihre Gemächer gesehen, mit wie viel Stolz es Raik erfüllte, dass sie die Prüfung bestanden hatte … und mit wie viel Freude, dass sie jetzt doch nicht endgültig von hier fortgegangen war.
Mit einem Seufzer der Ergebenheit machte der Magier sich über die am Boden liegende Rüstung her und begann, Zaubersprüche zu murmeln.
»Und wenn es irgendwie geht, mach die Beschwörungsformel kürzer als meine«, sagte Svenya. »Ich red mir jedes Mal den Mund fusselig.«
»Du bist zu großzügig, Svenya«, sagte Yrr bescheiden, aber in ihren Augen konnte Svenya große Freude lesen.
»Ach was«, tat Svenya Yrrs Dank ab. »Als meine Statthalterin kannst du nicht immer nur in Rüstung herumrennen, und als Chefin meiner Sicherheit musst du sie trotzdem schnell anhaben. Außerdem ist das ein kleiner Versuch, mich für all das zu entschuldigen, was du durch meine Ankunft durchmachen musstest.«
»Ich bin diejenige, die sich entschuldigen muss«, erwiderte Yrr. »Für all das, was ich dir seitdem zugemutet habe.«
»Vergeben und vergessen«, sagte Svenya. »Ein für alle Mal. Und morgen gehen wir zwei an der Oberfläche erst mal richtig shoppen. Das Training kann bis übermorgen warten.«
»Shoppen?«
»Och komm, einen freien Tag werden wir uns doch wohl verdient haben.«
»Wir haben hier doch alles, was wir brauchen.«
Svenya lachte. »Ich kenne mich damit nicht so aus, weil ich nie Geld hatte, aber ich glaube, shoppen gehen heißt, Dinge zu kaufen, die man eigentlich nicht braucht. Das fände ich zur Abwechslung mal eine wirklich tolle Sache, du nicht?«
Yrr strahlte wie das sprichwörtliche Honigkuchenpferdchen. »Doch, das ist eine schöne Idee. Eine sehr schöne sogar.«
Die beiden konnten ja nicht ahnen, dass die bevorstehenden Ereignisse ihnen dazu keine Chance geben würden.
49
Schon durch die geschlossene Tür ihres Bankettsaales hindurch konnte Svenya den fröhlich-erwartungsvollen Lärm der Gäste und die Musik hören. Raik und seine Helferinnen hatten ganze Arbeit geleistet: Sie trug ein oben eng anliegendes und zu den Beinen und Füßen hin weit ausfließendes, türkisfarbenes Kleid aus einem Material, das noch leichter war als Seide und das durch Raiks Magie dezent leuchtete – so wie auch die Juwelen in ihrem
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