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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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angelangt. Zu ihrer Verzweiflung gesellte sich noch ein ganz anderes Gefühl: Jetzt war sie sich nicht mehr sicher, ob sie nicht vielleicht doch unter Drogen stand.
    Was dann geschah, geschah so schnell, dass Svenya überhaupt nicht reagieren konnte. Mit der Präzision eines zuschlagenden Falken packte Hagen ihren Arm, und mit der anderen Hand zog er gleichzeitig seinen Dolch. Er verdrehte ihr Gelenk und führte die Schneide mit einem Ruck über ihre Handfläche. Svenya schrie auf, obwohl der Schnitt zu ihrer Verwunderung nicht einmal weh tat, und versuchte, sich loszureißen. Doch sein Griff war eisern wie die Kiefer eines Wolfes, der sich in seiner Beute verbissen hatte.
    Da schrie sie nur noch lauter – in der verzweifelten Hoffnung, dass irgendjemand sie hören konnte und sie vielleicht retten würde. Denn sie war sicher: Jetzt war es soweit. Das perverse Spiel dieses Irren wurde blutiger Ernst. So blutig wie die Wunde in ihrer Hand.
    Sie trat nach ihm, aber er wich ihr aus.
    »Beruhigt Euch, Eure Hoheit«, sagte er. »Beruhigt Euch, und schaut genau hin.«
    Er deutete mit der Dolchspitze auf ihre Handfläche – und der nächste Schrei blieb Svenya im Hals stecken.
    Der Schnitt schloss sich wieder!
    Er heilte in Sekundenschnelle.

7
     
    Svenya stand wie vom Donner gerührt da und beobachtete, wie sich die Wunde in ihrer Hand schloss, bis nicht einmal mehr eine Narbe zurückgeblieben war. Alle Verzweiflung und Wut – genauso wie die Angst – waren schlagartig gewichen – und wurden durch totales Chaos in ihrem Kopf ersetzt. Nach all dem, was in den letzten Stunden geschehen war und besonders in den letzten Sekunden, stand Svenya kurz davor, den Verstand zu verlieren. Alles davor hatte sie noch mit – wenn auch zugegebenermaßen sehr weit hergeholten – Tricks und/oder der Wirkung von ihr heimlich verabreichten Drogen erklären können. Das aber war echt. Sie hatte den Schnitt gesehen und gefühlt – und auch gespürt, wie er zusammengewachsen war. Aber auch wenn sie zu den Menschen gehörte, die normalerweise nur glaubten, was sie auch sehen konnten, konnte sie nicht glauben, was sie da sah. War hier vielleicht Hypnose im Spiel?
    In einem Anfall von schockartiger Schwäche gaben ihre Beine nach, und Svenya klappte zusammen – in einem verborgenen Winkel ihres Bewusstseins hoffend, beim Aufprall auf den Boden aus einem Fiebertraum aufzuschrecken und mit rasendem Herzen, aber erleichtert festzustellen, dass nichts von all dem jemals geschehen war.
    Doch Svenya wachte nicht auf – sie kam auch erst gar nicht am Boden an. Hagen war schneller. Er fing sie auf und trug sie zu ihrem Zimmer zurück.
    »Ihr seid nicht unverwundbar«, sagte er. »Aber wie alle unseres Volkes verfügt Ihr über enorme Heilkräfte; selbst wenn Ihr, wie jetzt, in rein menschlicher Gestalt seid.«
    »Aber … ich bin ein Mensch«, sagte sie schwach.
    »Nein. Ihr seid eine Prinzessin der Lichtelben«, wiederholte er. »Ihr seid unsterblich.«
    »Unsterblich?«
    »Nun ja«, sagte er, während er sie auf das weiche Bett legte. »Man kann uns mit Gewalt töten, wenn man uns den Kopf abschlägt oder uns einen Speer aus Eibenholz durchs Herz jagt. Reines Eisen verbrennt unsere Haut und schwächt uns.«
    »Ich habe mich letzte Woche auf der Arbeit mit einem Küchenmesser geschnitten«, sagte sie, »und da ist gar nichts verheilt. Ich habe geblutet wie ein abgestochenes Schwein.«
    »Eure Elbenkräfte sind erst in der vergangenen Nacht zu Tage getreten«, sagte er und brachte ihr von dem Tablett, das Yrr vorhin auf dem Tisch abgestellt hatte, einen Kelch mit Wasser. »Deswegen konnte ich Euch auch nicht früher finden.«
    Svenya trank einen Schluck. Es war das beste Wasser, das sie jemals gekostet hatte. Schon der erste Mundvoll erfrischte und belebte sie und brachte ihre Energie zurück. Sie fand es plötzlich unangemessen, hier im Nachthemd im Bett zu liegen, während er daneben stand. Sie nahm einen zweiten Schluck und fühlte sich danach stark genug, sich wieder aufzurichten und sich auf die Bettkante zu setzen.
    »Elbenkräfte?«
    »Euch muss doch aufgefallen sein …«
    »Moment«, unterbrach sie ihn. »Würde es dir etwas ausmachen, ganz normal zu sprechen?«
    »Normal sprechen?« Hagen schaute Svenya irritiert an.
    »Normal eben«, sagte sie. »Ich bin schon durcheinander genug, da brauche ich nicht auch noch diese geschwollene Ausdrucksweise.«
    »Geschwollen?«
    »Na, Ihr und Euch und der ganze Kram«, erklärte sie.

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