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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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Erfahrung in den Kneipen der Stadt an, dass sie nicht oft Essen servierte.
    »Mein Name ist Yrr«, sagte sie, nachdem sie das Tablett abgestellt hatte, und richtete sich stolz zu ihrer vollen Größe auf. Es schien sie ganz offenbar zu ärgern, dass Svenya ein Stückchen größer war als sie. Sie glich das aus durch ein abschätziges Hochziehen der Augenbraue. »General Hagen schickt mich. Er lässt ausrichten, Ihr sollt Euch ausgiebig stärken und gewanden und mir dann zu ihm folgen.«
    Wenn Svenya sich wunderte, dass sie diese seltsame Sprache überhaupt verstand, wunderte sie sich noch mehr darüber, dass Yrr sie auch noch übermäßig gestelzt sprach. Es schien ihr wohl wichtig, sich von anderen abzuheben.
    »Wo bin ich?«, fragte Svenya. »Und was wollt ihr von mir?«
    »All Eure Fragen werden Euch von General Hagen beantwortet«, antwortete Yrr knapp. »Und nun esst!«
    »Und wenn ich mich weigere?«, fragte Svenya trotzig.
    Yrr zuckte die Schultern. »Ich habe meine Befehle. Ich werde Euch zu General Hagen bringen, ob Ihr nun vorher gegessen habt oder nicht.«
    »Ich gehe nirgendwohin«, stellte Svenya klar.
    »Dann werde ich nicht zögern, Gewalt anzuwenden«, entgegnete Yrr, und Svenya meinte, ein kleines, vorfreudiges Lächeln auf ihren vollen Lippen zu erkennen, während sie ihren westenartigen Umhang zurückschlug, um den Blick freizugeben auf einen langen Dolch, den sie am Gürtel trug.
    Sie meint es ernst. Mein Gott!
    Svenya fixierte die Waffe mit geweiteten Augen. Jetzt hatte sie erst recht Angst. Große Angst.
    »In Ordnung«, sagte sie deshalb mit belegter Stimme und sah, dass Yrr tatsächlich enttäuscht den Mund verzog.
    »Ich suche Euch, während Ihr esst, ein dem Anlass angemessenes Gewand heraus.« Damit drehte sie sich von Svenya weg und schritt zu einem Schrank, der nah beim Bett stand.
    Svenya wusste sich nicht anders zu helfen. Sie nutzte die Gelegenheit – und schlug zu. Sie traf Yrr irgendwo zwischen Nacken und Schulter, und die ging augenblicklich zu Boden, wo sie bewusstlos liegen blieb.
    Einem Instinkt folgend zog Svenya den Dolch aus der Scheide und nahm ihn an sich, ehe sie mit ihm und dem Kerzenleuchter bewaffnet zur Tür und nach draußen rannte.

6
     
    So abrupt wie sie losgerannt war, blieb Svenya auch wieder stehen, als sie die Tür passiert hatte. Sie befand sich in einem weiten, galerieartigen Flur, der wie das Gemach, in dem sie aufgewacht war, keine Fenster hatte und eine ebenso hohe Gewölbedecke aus gotischen Spitzbögen. Der Flur war voller Menschen – falls diese zauberhaft schönen Wesen überhaupt Menschen sein konnten. Hochgewachsene Männer und Frauen in prachtvollen, bodenlangen Kostümen aus den feinsten Stoffen und in den schillerndsten Farben. Alle, gleich welchen Geschlechts, trugen das Haar lang – die meisten glatt, manche aber auch lockig. Und gleichermaßen alle erschienen sie ausgesprochen jung – einige sogar gerade einmal so alt wie Svenya selbst.
    Wo um alles in der Welt war sie hier? War das ein Maskenball? Vielleicht eine Versammlung von Rollenspielern oder Cos-Playern? Warum hatte man sie hierher gebracht? Wie ein gehetztes Reh schaute sich Svenya um, und ihr panischer Blick suchte nach einem Fluchtweg, während sich mehr und mehr Augenpaare auf sie richteten. Ein Raunen ging durch die Menge … und plötzlich sank einer nach dem anderen auf die Knie, um sich ehrerbietig vor ihr zu verneigen.
    Das ist meine Chance, dachte sie und lief los.
    Die knienden Figuren machten seltsamerweise keinerlei Anstalten, sie aufzuhalten, und so schlüpfte Svenya zwischen ihnen hindurch wie ein Wiesel, die Fäuste um den Dolch und den Kerzenständer geballt, in ihrer Angst dazu bereit zuzuschlagen, falls sich ihr jemand in den Weg stellen wollte. Doch niemand tat das.
    Das Ende des langen Flurs mündete in eine breite, nach oben führende Steintreppe. Wie die Wände schien sie nicht aus einzelnen Steinen gemauert, sondern direkt aus dem Felsen herausgehauen – glatt und naht- und fugenlos.
    Svenya spurtete auf sie zu und nahm die vier untersten Stufen mit einem einzigen, mühelosen Sprung. Mit dem zweiten nahm sie gleich sechs auf einmal – so als ob sie fast schwerelos wäre. Doch nach dem dritten Schritt hielt sie erschrocken an: Am oberen Ende der langen Treppe stand der Mann mit der roten Augenklappe. In seiner Linken hielt er den ellenlangen Stab, der sich vorhin in eine Lanze mit zwei Spitzen verwandelt hatte; seine Rechte ruhte auf dem Knauf seines

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