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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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»Sag einfach Du .«
    »Wie Ihr wünscht«, sagte er – und korrigierte sich augenblicklich. »Ich meine, wie du wünschst.«
    »Also? Die Elbenkräfte?«
    »Dir muss doch aufgefallen sein«, sagte er, »dass du schneller laufen kannst als gestern und höher und weiter springen. Und dass du sehr viel stärker bist als früher. Denk nur daran, wie du Wargo mit einem einzigen Schlag durch die Kanalisation geschleudert hast.«
    »Aber was meinst du mit menschlicher Gestalt?«, wollte sie wissen.
    Er schaute sie einen Moment lang an, und Svenya konnte erkennen, dass Hagen zögerte. Dann holte er eine kleine Rolle aus seinem Gürtel und bat sie, sich zu erheben und sich vor einen der vielen Spiegel zu stellen.
    Svenya folgte seiner Bitte und nahm die Rolle entgegen, die er ihr jetzt reichte.
    »Lies die Worte, die darauf geschrieben sind.«
    Svenya rollte das Pergament auseinander – und erblickte mehrere Reihen mit feiner Hand geschriebene, aber völlig fremdartige Zeichen.
    »Das kann ich nicht lesen«, sagte sie und ließ das Pergament mit einem Schulterzucken sinken. »Das sind nur Schnörkel.«
    »Das sind Runen«, korrigierte er. »Und du kannst sie lesen. Schau einfach noch einmal hin.«
    Svenya warf einen zweiten Blick darauf – und tatsächlich: Plötzlich verschwammen die Runen vor ihren Augen und formten Buchstaben. Buchstaben, die ihr zwar ebenfalls fremdartig vorkamen, die sie aber im Gegensatz zu den Runen lesen konnte:
    »Tega Andlit dyrglast.
    Opinberra dhin tryggr edhli.
    Dhin Magn lifnja
    Oegna allr Fjandi
    Enn Virdhingja af dhin Blodh.«
    Im Kopf übersetzte sie automatisch:
    Zeige das verborgen gehaltene Gesicht.
    Offenbare deine wahre Natur.
    Lasse deine Macht lebendig werden
    Zum Schrecken aller Feinde
    Und zu Ehren deines Blutes .
    Svenya spürte, wie sich etwas veränderte – so als wäre die Luft um sie herum mit einem Mal bis zum Bersten mit elektrischer Spannung geladen. Aufgeregt blickte sie in den Spiegel vor ihr.
    Was sie allerdings jetzt sah, stellte alles zuvor Erlebte in den Schatten: Es war noch unglaublicher als unglaublich – und zum zweiten Mal heute betete Svenya. Sie betete paradoxerweise darum, dass das, was sie gerade sah, die Wahrheit war. Denn wenn es nicht die Wahrheit war, sondern eine Illusion, wäre das ein klarer Beweis dafür, dass sie jetzt tatsächlich den Verstand verloren hatte.
    Svenya verwandelte sich. Ihr bisher leicht lockiges Haar wurde glatt und wirklich schwarz, ihre Haltung stolzer und stärker. Ihren Ohren wuchsen Spitzen, und ihre Eckzähne wurden ein Stück länger und scharf – fast wie die eines Vampirs. Ihr Nachthemd verwandelte sich in einen kunstvoll verzierten Harnisch aus rot gefärbter und mit geschwärztem Silber verzierter Bronze. Das Unterteil ihres Gewandes wurde zu engen Hosen und schenkelhohen Stiefeln aus glatt gegerbtem schwarzem Leder, und darüber wuchs mit einem Mal ein weiter, ebenfalls schwarzer Rock aus weitem, bauschigem Taft, der aussah wie stoffgewordener Nebel und sich auch so bewegte, so dass es schwer war, seine Konturen genau zu erkennen. Außerdem trug sie plötzlich einen Waffengürtel mit zwei langen Krummschwertern und anderen Gegenständen. Auf ihrem Handrücken saß plötzlich ein seltsam geformtes Schmuckstück aus etwas, das aussah wie grob geschlagenes Eisenerz oder mattes Obsidian. Es war mit ihrer Haut verwachsen und kreisrund. Neun kleine Ausprägungen gingen davon ab wie verknotete Sternspitzen, und über allem flog, mit weit ausgebreiteten Flügeln, ein stark stilisierter Drache.
    »Wer zum Teufel bin ich?«, hauchte sie tonlos.
    Hagen ließ sich vor ihr auf das rechte Knie sinken und beugte sein Haupt.
    »Du bist Sven’Ya Svartr’Alp«, antwortete er. »Tochter der Schwarzen Schwäne.«
    Schwanentochter!
    Svenya horchte auf. So hatte Laurin sie genannt.
    »Wo komme ich her?«, fragte sie.
    »Nein!«, schrie Hagen unvermittelt und sprang auf, um ihr den Mund zuzuhalten. Doch was auch immer er damit bezweckte – es war zu spät. Die Hölle hatte bereits begonnen loszubrechen.

8
     
    Als hätte Thor selbst seinen mächtigen Hammer Mjölnir geschwungen, zerriss ein ohrenbetäubender Donner die Stille, und das ganze Gebäude erzitterte unter einem gewaltigen Beben. Svenya wurde von den Füßen gerissen wie eine Marionette, der man die Schnüre durchgeschnitten hatte, und fiel zu Boden. Auch Hagen konnte sich nicht auf den Beinen halten und stürzte mehrfach, obwohl er versuchte, die Balance zu halten und

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