Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards
gegen jede Chance. Das Geheimnis dahinter ist: Wenn die Strategie fehlschlägt, hilft nur noch Taktik … und wenn auch die versagt, die Entschlossenheit, niemals aufzugeben – selbst oder ganz besonders, wenn einen der Mut verlässt!
Svenya wusste, dass sie heute Nacht in Strategie versagt hatte – denn sie hatte sich erst gar keine zurechtgelegt. Ebenso wenig wie einen Plan B. Dafür aber hatte sie bisher ein ganz ansehnliches taktisches Geschick bewiesen, indem sie schnell auf die neuen Umstände reagiert hatte. Und an Entschlossenheit, niemals aufzugeben, mangelte es ihr erst recht nicht. Hagen und die anderen sahen das wahrscheinlich anders. Sie würden ihr garantiert vorwerfen, mit ihrer Flucht bereits kapituliert zu haben – ihr Schicksal als Hüterin aufgegeben zu haben. Doch das mochten sie sehen, wie sie wollten; Svenya war anderer Meinung: Ihr Schicksal war es nicht, die Hüterin zu werden, ihr Schicksal war es zu überleben. Und darin war sie gut. Hatte es schon immer sein müssen.
Also denk nach, wie du durch diese verdammte Schlucht bis zum Gang in die Oberflächenhöhle kommst, feuerte sie sich an.
Da kam ihr die entscheidende Idee. Gleichzeitig ärgerte sie sich, dass sie darauf nicht schon bei der Festung gekommen war. Das hätte ihr jede Menge Angstschweiß erspart … vorausgesetzt, es funktionierte überhaupt. Aber bei der Jeans und bei dem Rucksack hatte es funktioniert – warum nicht auch bei einer Flemys?
Die Tarnvorrichtung!
Svenya legte ihre Handfläche auf das Emblem und schaute an sich herab. Wie erwartet, wurde sie unsichtbar … und wie erhofft dann auch die Flemys!
Yihaaah!, dachte Svenya – weil sie es nicht laut rufen durfte – und flog unbekümmert in den Canyon hinein … was, wie sich wenige Sekunden später herausstellen sollte, keine so gute Idee war.
29
Svenya hörte den Wolf laut und alarmierend heulen, noch ehe sie ihn auf einem Felsvorsprung nicht weit von sich entfernt sah. Verdammt, sie hätte vorsichtiger sein und damit rechnen müssen, dass auch die Gegner über Wölfe wie Brodhir verfügten – der sie trotz ihrer Tarnung hatte sehen können. Sofort zog sie die Flemys höher – doch es war bereits zu spät: Dicht bei ihr stoben zwei andere Riesenfledermäuse in die Höhe. Größer als die, auf der Svenya ritt – viel größer … Und auf ihren Rücken saßen zwei mit langen Lanzen und auf den Rücken geschnallten halbautomatischen Gewehren bewaffnete Dunkelelben.
Solange sie mich nicht sehen und Wölfe nicht fliegen können, besteht keine Gefahr.
Dachte sie.
»Wo?«, rief da einer der Dunkelelbenwächter nach unten, und der Wolf antwortete mit einem weiteren Heulen. Sofort steuerten die beiden gegnerischen Flemys auf einen Abfangkurs.
»Scheiße!«, fluchte Svenya leise und riss ihr Tier herum. Wenn die Dunkelelben tatsächlich mit dem Wolf kommunizieren konnten, lag ihre einzige Chance darin, ihre Flugrichtung immer wieder zu wechseln … und zwar schneller, als sie sich abstimmen konnten. Einziges Problem in ihrem Plan war die Tatsache, dass ein Canyon nicht gerade eine Vielfalt von Ausweichrichtungen bietet. Links oder rechts war nur wenig Raum – und oben und unten waren ebenfalls durch den Boden und die Decke der Höhle beschränkt.
Schon nach zwei Richtungswechseln waren ihr die Häscher noch dichter auf den Fersen – die Kommunikation mit dem Wolf schien besser zu funktionieren, als Svenya gehofft hatte. Wenn die Dunkelelben noch weiter aufholten, würde sie es nie bis zum Übergang an die Oberfläche schaffen. Sie musste umdenken – und den Kampf wagen.
Entschlossen griff Svenya nach ihrer Pistole.
Ach komm, flüsterte da eine ebenso vertraute wie verhasste Stimme. Damit richtest du keinen Schaden an. Du verpasst denen damit doch nicht einmal einen Kratzer .
Blodhdansr! Eines ihrer blutrünstigen Schwerter.
Nimm mich, sagte er.
Auf keinen Fall, antwortete Svenya mental.
Warum nicht?
Wenn ich verfehle, forderst du mein Blut .
Dann verfehle nicht .
Dafür kann ich nicht garantieren .
Wenn nicht du, wer dann?
Aber ich will sie nicht töten .
Sie sind deine Feinde. Unsere Feinde .
Trotzdem .
Hm. Das ist nobel von dir, flüsterte Blodhdansr. Nobel – oder aber verdammt dumm .
Spielt keine Rolle, was es ist, erwiderte sie. Es ist meine Entscheidung. Deshalb nehme ich die Pistole .
Und wenn ich dir verspreche, sie nur zu verletzen?
Das würdest du tun?
Für einen Tropfen Blut würde ich alles tun.
Ist das
Weitere Kostenlose Bücher