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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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Oberherrschaft – und die Flemys Svenyas einzige Chance, an die Oberfläche zu gelangen. Der einzige Ausgang, den sie von hier kannte, war der, den Hagen ihr gezeigt hatte … und der war nur fliegend zu erreichen. Sie hoffte inständig, dass die Wachen unten auf den Mauern sie nicht sahen.
    Trotz der irren Geschwindigkeit der riesigen Fledermaus entfernten sie sich nicht: Immer wieder schlug das Biest Haken, und kostbare Meter gingen verloren. Jede Sekunde rechnete Svenya mit einem Alarm und aus allen Himmelsrichtungen auftauchenden Verfolgern. Sie spürte, dass ihr die Kiefer schmerzten, und merkte erst jetzt, wie fest sie die Zähne zusammengebissen hatte vor Anstrengung. Schweiß floss ihr von der Stirn, und ihr Herz raste wie verrückt. Doch die Flemys raste noch sehr viel schneller, wie sie unter ihren Waden spüren konnte. Svenya betete, dass das arme Tier keinen Herzinfarkt bekam vor Panik – und gleichzeitig hoffte sie, dass die Fledermaus durch den Kampf schneller ermüdete und gefügiger wurde. So oft sie konnte, korrigierte Svenya die Richtung dorthin, wohin Hagen und sie den Wyrm verfolgt hatten. Doch kaum hatte sie das Gefühl, ihr Reittier ein wenig besser im Griff zu haben, ließ sich die Flemys einen neuen Trick einfallen: Jetzt wirbelte sie um die eigene Achse … wie eine Korkenzieherachterbahn … und das immer schneller. Die Fliehkraft drohte Svenya aus dem Sattel zu schleudern, und sie musste sich mit aller Kraft festhalten.
    »Blödes Vieh«, knurrte sie. »Je schneller du machst, was ich will, desto schneller bist du mich wieder los!« Aber natürlich verstand das Tier kein Wort und versuchte bei den Stalagtiten, die Stjarn so atemberaubend elegant im Slalom genommen hatte, erneut, Svenya abzustreifen.
    Los, mach schon, du dummes Ding! Da lang, ja, weiter, weiter weiter!
    Sie keuchte vor Konzentration und Anstrengung, als plötzlich etwas Seltsames mit ihr geschah: Svenya merkte, wie sich das mulmige Gefühl in ihrer Bauchgegend langsam in etwas anderes verwandelte … und plötzlich, wie bei ihrem ersten Ritt mit Raik, lachte sie los. Die Situation mochte bedrohlich sein, aber jetzt, da sie die Festung weit hinter sich gelassen hatten, spürte sie, wie sehr ihr der wilde, unbändige Ritt Spaß machte … wie viel Freude sie empfand beim Kampf um die Oberherrschaft. Es war wie eine Mischung aus Achterbahnfahren und Rodeoreiten … und der Preis für Im-Sattel-Bleiben war die Freiheit. Eine Freiheit zwar, die sie zur ewigen Flucht verdammte, aber trotzdem.
    Das Lachen und die Freude gaben Svenya neue Kraft, und es bereitete ihr zunehmend weniger Mühe, die Flemys dahin zu lenken, wohin sie sie haben wollte. Das Tier spürte das und wurde immer folgsamer – ob es daran lag, dass die Flemys müde wurde oder weil sie spürte, dass Svenyas eigene Panik verschwunden war, konnte sie nicht sagen.
    »So ist’s brav«, flüsterte sie der Fledermaus ins große Ohr und kraulte ihr das Fell über der Stirn. Von da an lief der Flug wie am Schnürchen, und schon wenige Minuten später, als ihr Ziel in unmittelbare Nähe gerückt war, bedauerte Svenya sehr, dass das vermutlich ihr letzter Flug auf einer Flemys gewesen war.
    Jetzt erreichten sie den Canyon, vor dessen Eingang Hagen den Wyrm gestellt hatte. Dahinter lag das Erzgebirge und somit das Territorium der Dunkelelben Laurins. Svenya musste davon ausgehen, dass trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit in den Klüften und Felsspalten gegnerische Wachposten auf der Lauer lagen. Ihre Flemys war bei Weitem nicht so schnell und so geschickt wie Stjarn, und sie selbst nicht einmal einen winzigen Bruchteil so versiert bei der Jagd wie Hagen. Wie sie ungesehen an ihnen vorbeigelangen sollte, war Svenya ein Rätsel – zumal ihr Fluchtplan diesen Weg nicht vorgesehen hatte. Sie stutzte. Was hatte er eigentlich vorgesehen? Als sie genauer darüber nachdachte, fiel Svenya auf, dass ihr Fluchtplan eigentlich so gut wie gar nichts beinhaltet hatte außer sich unsichtbar zu machen und zu rennen. Hätte sie nicht durch Zufall den Flashdrive für den Lift bei Yrr gefunden, hätte sie die Treppen nehmen müssen – und hätte sie es nicht geschafft, die Flemys zu rufen, wäre sie ein Stockwerk unter der Oberfläche in eine Sackgasse geraten. Im Grunde genommen hatte sie bis hierhin einfach nur verdammtes Glück gehabt, oder?
    Niemand hat je eine Schlacht nur mit Glück gewonnen, hatte Raegnir in seinem Unterricht ständig gepredigt. Dafür aber so mancher

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