Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
eine kleine Böschung hinuntergestürzt, wobei es sich einen Lauf gebrochen hatte.
Ohne Pferd jedoch würde die Reise statt einiger Tage noch Wochen dauern. Kein Wunder, dass der Schattenmahr außer sich vor Zorn war.
Der Schmerz, mit dem er Lhiuvan peinigte, endete so plötzlich, wie er begonnen hatte.
WIR WERDEN UNS IRGENDWO EIN NEUES PFERD BESORGEN. UND DAS SCHNELL.
Vom Willen des Ungeheuers getrieben, setzten sich seine Beine in Bewegung. Das zum Tode verurteilte Pferd ließen sie hinter sich zurück. Es tat Lhiuvan leid um das Tier, doch empfand er zugleich einen wilden Triumph, hütete sich aber wohlweislich, es den Schattenmahr spüren zu lassen.
Jede Verzögerung seiner Pläne stellte eine Gnadenfrist für die Welt dar. Zudem befanden sie sich im dünn besiedelten Norden Radons. So schnell würden sie hier auf kein Dorf oder Gehöft stoßen, und selbst wenn sie eins fanden und es dort Pferde gab, würde man sie ihm nicht ohne weiteres überlassen, zumal er nicht einmal über Geld verfügte.
Natürlich würde das den Schattenmahr nicht aufhalten, er würde sich notfalls auch mit Gewalt ein Reittier besorgen, aber damit brachte er sich in Gefahr.
Lhiuvan hatte keine Angst vor dem Tod, im Gegenteil, er sehnte ihn herbei. Würde der Mahr es nicht verhindern, hätte er sich schon längst selbst umgebracht. Der Tod würde das Ende dieser grauenhaften Gefangenschaft im eigenen Körper bedeuten, und auch das Ende des Schattenmahrs, zumindest des Teils von ihm, der Besitz von ihm ergriffen hatte.
Noch vor wenigen Monaten wäre es auch das Ende für alle Pläne der Bestie gewesen, eine neue Schreckensherrschaft zu errichten. Damals war er ihr einziges Werkzeug gewesen, das sie in dieser Welt, in dieser Zeit besaß, und mit Lhiuvans Tod hätte sie hier keinerlei Macht mehr gehabt. Seither aber war sie erstarkt und hatte auch andere unter ihre Kontrolle gebracht, durch die sie ihr Vorhaben weiterführen konnte, sollte er sterben. Doch war sie in ihnen noch deutlich schwächer als in ihm. Es würde einige Zeit erfordern, bis sie auch in ihnen entsprechend stark geworden wäre. Wieder eine Gnadenfrist, in der jemand aus seinem oder einem anderen Volk die Gefahr erkennen und bannen könnte.
Der Schattenmahr erkannte die Schwäche seines Körpers und trieb ihn lediglich zu einem schnellen Gang an, statt ihn rennen zu lassen, obwohl er dies in seiner Ungeduld vermutlich am liebsten getan hätte. Mittlerweile wusste er, wo die Grenzen dieses Werkzeugs lagen, und überschritt sie nicht. Vielleicht war ihm auch das Schicksal des Pferdes eine Warnung gewesen.
Dennoch wurde es eine Tortur. Das Pferd war am späten Vormittag gestürzt, und mit nur einer kurzen Rast zwischendurch trieb der Schattenmahr Lhiuvan bis nach Sonnenuntergang unbarmherzig an. Während der ganzen Zeit begegneten sie niemandem und entdeckten auch kein Haus oder gar ein Dorf, stießen nicht einmal auf eine Straße. Jetzt rächte es sich, dass der Mahr in seiner Ungeduld beschlossen hatte, querfeldein zu reiten, statt einen Umweg auf Straßen in Kauf zu nehmen, die dafür aber meist irgendwohin führten. Die Landschaft aus Wiesen und Wäldern war einsam und unberührt von Menschenhand, so weit das Auge reichte.
Normalerweise wäre eine Wanderung von ein paar Stunden für Lhiuvan kein Problem gewesen, aber schon die Gewaltritte der vergangenen Tage hatten ihn erschöpft. Die Anstrengungen und der fehlende Schlaf machten ihm zu schaffen. Zu allem Überfluss begann es am frühen Abend auch noch zu regnen, und die Dämmerung ging früh in eine dunkle, wolkenverhangene Nacht über, in der sich weder Mond noch Sterne am Himmel zeigten.
In der Hoffnung, irgendwo Lichter zu entdecken, die ihm den Weg weisen könnten, trieb der Mahr ihn auch dann noch weiter, doch schließlich sah er die Sinnlosigkeit seiner Bemühungen ein. Da man auf Bauernhöfen meist früh schlafen ging, kamen sie womöglich kaum hundert Meter entfernt an einem vorbei, ohne ihn in der Finsternis zu bemerken.
In einem kleinen Wäldchen durfte sich Lhiuvan unter einem Baum, dessen dichte Krone ihn einigermaßen vor dem Regen schützte, hinlegen und schlief vor Erschöpfung fast augenblicklich ein.
Selbst wenn ihn entgegen jeder Wahrscheinlichkeit jemand entdecken oder sich ein Raubtier an ihn heranpirschen sollte, drohte ihm keinerlei Gefahr. Der Schattenmahr selbst schlief nicht. Seine Sinne waren auch weiterhin aktiv, und beim geringsten Anzeichen einer Gefahr würde er ihn
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