Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
Bewusstseinssplitter des Schattenmahrs war rasend vor Wut. Seine Wut galt ihm, sich selbst und auch dem Pferd, das er zuschanden geritten hatte. Dessen Qualen und auch die, die Lhiuvan bei seinem Anblick verspürte, bildeten für ihn im Moment den einzigen Quell dunkler Freude, denn er liebte es, andere leiden zu sehen, und weidete sich daran.
Als Lhiuvan sein Schwert zu ziehen versuchte, gelang es ihm nicht, seine Hand zu bewegen. Der Schattenmahr verhinderte es.
WAS INTERESSIERT MICH DAS VERDAMMTE VIEH ?, dröhnte seine Stimme im Kopf des Elben. SAG MIR LIEBER, WO ICH EIN NEUES HERBEKOMME. WIR MÜSSEN WEITER .
Zauber dir doch eins mit deiner gewaltigen Magie herbei, gab Lhiuvan zurück, obwohl er wusste, dass es ein Fehler war, die zornige Kreatur noch weiter zu reizen.
Wie nicht anders zu erwarten, folgte die Bestrafung auf dem Fuße. Greller, lodernder Schmerz, als würde er bei lebendigem Leib verbrannt, überflutete sein Bewusstsein. Er wollte sich zusammenkrümmen und schreien, aber er hatte keinen Mund, zumindest besaß er auch darüber keine Kontrolle, genauso wenig wie über seinen restlichen Körper.
Es war nicht das erste Mal, dass der Schattenmahr ihn auf diese Art bestrafte. Der Elb hatte gehofft, dass er irgendwann dagegen abstumpfte, aber an puren Schmerz, der keine körperliche Quelle hatte, sondern direkt in seinem Geist aufloderte, konnte man sich nicht gewöhnen.
Als er im Kampf gegen die Dunkelelben für einen kurzen Moment Kontakt mit einem magischen Tor gehabt hatte, hatte sich ein winziger Teil Khraátams, des mächtigsten der Schattenmahre, in ihm eingenistet, war in ihm gewachsen und hatte ihn schließlich zu einem hilflosen Gefangenen in seinem eigenen Körper gemacht. Seither benutzte der Mahr ihn, um seinen grauenvollen Plan zu verwirklichen, ein Tor vollständig zu öffnen, damit er selbst leibhaftig mitsamt seiner Schattenhorden in diese Welt gelangen und sie unterwerfen konnte, so wie er sie schon einmal vor Äonen beherrscht hatte, ehe die Elben seiner Schreckensherrschaft ein Ende bereitet hatten.
Genauer gesagt, um das Tor in genau diese Zeit zu öffnen.
Hatte Lhiuvan wie alle Elben stets geglaubt, dass die Tore zu fremden Welten führten, so wusste er nun, dass sie in Wahrheit Portale durch die Zeit waren. Die Dunkelelben, die Thir-Ailith, hatten während ihrer Gefangenschaft in dem Höhlenreich tief unter dem Schattengebirge eines davon geöffnet, allerdings nur ein winziges Stück weit. Auf diesem Weg hatte Khraátam sie mit magischer Energie versorgt und ihnen so ein Überleben ermöglicht, aber es war ihm nicht gelungen, sie dazu zu bringen, das Tor ganz zu öffnen. Nun diente ihm stattdessen Lhiuvan als Werkzeug dafür.
In aller Verborgenheit hatte er Intrigen geschmiedet und einen gewaltigen Brand entfacht, der allein schon ausreichte, diese Welt ins Chaos zu stürzen. In der Maske eines Kyrill-Priesters hatte er die Herrscher Lartronias und Radons erst gegeneinander und dann gegen das Zwergenvolk aufgehetzt, und schließlich war es ihm sogar gelungen, die Elbenherrin Illurien unter seine Kontrolle zu bringen, damit diese eine Elbenstreitmacht gegen die Zwerge ins Feld führte. Sein Ziel war das Tor, das sich noch immer in den Katakomben tief unter Elan-Dhor befand, das einzig bekannte unversehrte Tor. Aber der Weg dorthin wurde von den Zwergen versperrt. Deshalb waren all seine Anstrengungen darauf gerichtet, sie zu vernichten.
Vor ein paar Tagen jedoch hatte er von einem weiteren, bislang noch unbekannten Tor an den nördlichen Hängen der Weißberge erfahren, und diese Nachricht hatte all seine Pläne verändert. Was interessierte ihn noch das Tor unter Elan-Dhor, wenn er ein anderes viel müheloser erreichen und öffnen konnte?
Augenblicklich hatte er das Heerlager König Kalmars von Lartronia verlassen und sich auf den Weg nach Norden gemacht. Sollten sich die Menschen, Zwerge und Elben doch ohne ihn weiter gegenseitig bekriegen, das würde es ihm anschließend nur leichter machen, sie zu unterwerfen. Jetzt gab es für ihn erst einmal Wichtigeres zu erledigen.
Aber es war ein langer und harter Ritt, und er hatte weder seinen Wirt noch sein Pferd geschont. Karge Kost und keine Minute länger Rast, als unbedingt notwendig, konnten nicht spurlos an ihnen vorübergehen. Auch Lhiuvan war zu Tode erschöpft, aber für das Pferd waren es ganz offensichtlich ein paar Minuten weniger Rast als unbedingt notwendig gewesen. Es war vor Erschöpfung zusammengebrochen und
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