Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
durfte? Sie entschied sich, erstmals ihr besonderes Verhältnis zu Molakan als Druckmittel einzusetzen.
»Weißt du, wer ich bin?«
»Ja, Euer Name ist Thalinuel.«
Bislang kam es noch selten vor, dass jemand ihr gegenüber die ehrenhafte Anrede verwendete. Da es innerhalb der Thir-Ailith keine festgelegten Ränge gab, war sie im Grunde nur eine einfache Kriegerin wie alle anderen auch. Aufgrund der vielen Kommandos, die sie schon gehabt hatte, und weil sie sich häufig in Gegenwart von Molakan und Olvarian aufhielt, begannen aber offenbar immer mehr Elben, in ihr eine höhergestellte Persönlichkeit zu sehen und Achtung vor ihr zu entwickeln.
»Dann weißt du auch, dass ich zum Führungsstab und zu Molakans Vertrauten gehöre. Und jetzt sag mir, was sich in dem Haus befindet.«
»Ich bedauere, aber darüber darf ich keine Auskunft geben«, wiederholte der Wachposten. »Auch Euch gegenüber nicht. Die Anordnung stammt unmittelbar von Molakan. Nur eine sehr kleine Zahl von Leuten ist befugt, dieses Haus zu betreten.« Unter ihrem autoritären Auftreten und ihrem stechenden Blick zerbröckelte seine Selbstsicherheit, und er fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut, blieb aber dennoch standhaft. »Es tut mir leid, aber ich darf nichts über dieses Gebäude verlauten lassen. Wenn Ihr Fragen habt, dann wendet Euch an Molakan.«
»Genau das werde ich tun, verlass dich darauf!«, rief Thalinuel zornig. Sie ließ ihren Blick noch einmal über die Mauern des völlig fenster- und schmucklosen Gebäudes gleiten, dann wandte sie sich abrupt ab und eilte davon.
Wie sie angekündigt hatte, machte sie sich direkt auf den Weg zu Molakan, dessen Quartier sich wie die der anderen Magier in dem hohen Turm befand. Zwei Wachposten standen auch dort vor dem Eingang. Hier allerdings hatten sie eine andere Funktion, als einfach nur zu verhindern, dass jemand das Gebäude betrat. Sie meldeten auch Besucher an und erkundigten sich, ob Molakan Zeit für sie hätte, damit er nicht ständig gestört wurde und zu nichts anderem mehr kam.
Auch jetzt hatten sich bereits mehrere Elben vor dem Eingang versammelt, um ihm Bitten oder Vorschläge zu unterbreiten oder über irgendetwas Bericht zu erstatten, doch sie bekamen nur zu hören, dass Molakan derzeit mit den Vorbereitungen zu einer komplizierten Beschwörung beschäftigt wäre und nicht gestört werden dürfte. Wer nur irgendetwas zu berichten hatte, das mit den Verteidigungsanlagen zu tun hatte, wurde an Olvarian verwiesen, andere wurden zu Molakans Helfern vorgelassen, damit diese sich alles notieren und es ihm später vorlegen konnten.
Da Thalinuel jedoch mit ihm persönlich sprechen wollte, wurde sie gebeten, später wiederzukommen, und zog enttäuscht ab. Dem vorigen Posten gegenüber hatte sie behauptet, zu Molakans Führungsstab zu gehören, doch nun wurde ihr zum ersten Mal richtig bewusst, dass er so etwas im Grunde gar nicht besaß.
Sicher, sie hatte mittlerweile bei zahlreichen Kampfeinsätzen, hauptsächlich gegen die Menschen, das Kommando übertragen bekommen, doch abseits davon besaß sie keinerlei Entscheidungsbefugnis, und so ging es auch vielen anderen. Alle Fäden liefen allein bei Molakan und zum Teil noch bei Olvarian zusammen. Sie weihten sie nicht nur nicht im Voraus in ihre Pläne ein, sofern dies nicht unvermeidbar war, wie sich bei dem Angriff auf Saltinan gezeigt hatte, sondern hatten ganz offensichtlich sogar Geheimnisse, die sie mit niemandem teilten.
Thalinuel runzelte die Stirn. Warum eigentlich war ihr vorher nicht schon deutlicher bewusst geworden, welche ungeheure Macht sich allein in den Händen dieser beiden konzentrierte? Sollte ihnen etwas zustoßen, wären die Thir-Ailith völlig führungslos, niemand wäre in der Lage, die Lücke kurzfristig zu füllen.
Sie nahm sich vor, auch dieses Problem zur Sprache zu bringen, wenn es ihr gelang, zu Molakan vorzudringen.
In einer der kleinen Parkanlagen, die inmitten von Tal’Orin geschaffen worden waren, setzte sie sich auf eine Bank. So künstlich die Anordnung der Büsche und anderen Pflanzen auch wirkte, war es doch ein winziger Flecken Natur, an dem sie sich wohler fühlte als sonst irgendwo innerhalb der Festung.
Ihre Gedanken irrten zu Verilon, und sie wünschte, er wäre bei ihr. Warum nur der blutige Angriff auf Saltinan, der sich als ein so katastrophaler Fehlschlag erwiesen hatte? Er hatte nicht nur das gesamte Elbenvolk entsetzt und ihrer Bewegung einen vermutlich nicht mehr
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