Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
wiedergutzumachenden Schaden zugefügt, sondern ihr auch ihren einzigen Freund und Gefährten genommen.
Obwohl sich zahlreiche andere Elben um sie herum befanden, die der gleichen Bewegung wie sie angehörten, für die gleichen Ansichten kämpften und in vielem wahrscheinlich ähnlich dachten wie sie, fühlte sie sich einsam, und gerade das Alleinsein in der Menge war die vermutlich schlimmste Form der Einsamkeit. Ohne genau zu wissen, wieso, war sie schon immer eine Einzelgängerin gewesen und hatte kaum jemanden näher an sich herangelassen. Verilon war der Einzige, dem sie sich hatte öffnen können und dessen Nähe ihr nicht schon nach kurzer Zeit unangenehm geworden war. Gerade hier und jetzt fehlte er ihr sehr.
Nicht einmal seinen Leichnam hatte sie betrauern können, er war wie die anderen Toten bei der Flucht zurückgelassen worden.
Sie schloss die Augen und lehnte sich zurück, versuchte, alles um sich herum zu vergessen. Auch wenn der Winter in diesem Jahr bislang insgesamt recht mild ausgefallen war und es nur wenig Schnee gegeben hatte, war es kalt. Beinahe ohne sich dessen bewusst zu sein, hatte sie sich genau wie in den letzten Tagen deshalb schon am Morgen beim Verlassen der Schlafräume mit einem Wärmezauber umgeben. Dies war so einfach, dass jeder Elb es auch ohne eine besondere Schulung seiner magischen Fähigkeiten vermochte.
So spürte Thalinuel nichts von der Kälte, obwohl sie entspannt auf der Bank saß, das Gesicht mit geschlossenen Augen zum Himmel gewandt. Wolken zogen hoch über ihr vorbei, doch zwischendurch brach immer wieder auch die Sonne für ein paar Minuten durch. Die Elbin genoss es, ihre Strahlen auf der Haut zu spüren, die sie zusätzlich wärmten.
Wie sollte all dies nur weitergehen?
Molakan hoffte darauf, dass sich die Empörung über den Angriff auf Saltinan bald wieder legen und die Leute über Lotharons Handeln nachdenken würden. An den grundsätzlichen Problemen und der Ablehnung seiner Politik hatte sich schließlich nichts geändert, und spätestens wenn es wieder irgendwelche Übergriffe der Menschen gab, würden diese Spannungen wieder in den Vordergrund treten. Thalinuel war überzeugt, dass diese Übergriffe früher oder später erneut beginnen würden. Bis dahin mussten sie hier ausharren und Tal’Orin verteidigen. Die Zeit arbeitete für sie, aber es könnte eine lange Zeit werden.
Je dreister die Menschen wurden, weil ihnen niemand mehr Einhalt gebot, desto mehr Zuspruch würde es wieder für Molakans Ideen geben, und die Aufmerksamkeit würde sich erneut auf ihn und sein Häuflein von Kämpfern richten, das in Tal’Orin der Übermacht des königlichen Heeres trotzte. Jenes Königs, der lieber gegen sein eigenes Volk kämpfte, als dem Treiben der jüngeren Völker Einhalt zu gebieten.
Dann konnten sie damit rechnen, dass es wieder Unterstützung durch andere Elben geben würde, und vielleicht würde es ihnen dann auch gelingen, den Belagerungsring zu durchbrechen und wieder zu der Macht anzuwachsen, die sie bis vor kurzer Zeit noch dargestellt hatten.
Der anscheinend einzige Weg, so lange auszuharren, war jedoch, auch weiterhin zerstörerische Magie anzuwenden. Mit ein wenig Abstand klangen Lotharons Worte nicht mehr nur nach einem Flehen, ihre stärkste Waffe nicht länger einzusetzen, damit er die Festung leichter erobern könnte.
Thalinuel erinnerte sich noch gut an den Blutrausch, in den sie und viele der anderen während des letzten Angriffs geraten waren. Das konnte nur an der Magie gelegen haben. Wenn die einzige Nebenwirkung war, dass zusätzlich auch noch ihr Kampfeifer angestachelt wurde, dann ließ sich das ertragen.
Sie fürchtete jedoch, dass es nicht dabei bleiben würde. Schon durch den nach Molakans Aussage recht leichten Alterungszauber, der alles, was von außen mit den Mauern in Berührung kam, in Sekundenschnelle um Jahrtausende altern und zu Staub zerfallen ließ, hatten einige der Krieger völlig die Kontrolle über sich verloren. Sogar Thalinuel selbst war für kurze Zeit nur noch von dem Gedanken besessen gewesen, möglichst viele Feinde zu töten. Die Angreifer waren für sie keine Angehörigen ihres Volkes mehr gewesen, sondern nur noch irgendwelche Kreaturen, die es auszumerzen galt.
Wie würde es erst sein, wenn Molakan und die anderen Magier einen noch stärkeren Zauber woben? Und welche Auswirkungen würde das auf sie selbst haben, die ja am unmittelbarsten davon betroffen waren?
Wenn sie sich selbst gegenüber ehrlich
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