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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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gegen die Felswand, um seine Pfeife zu stopfen.
    Trurre dachte nach. In der kurzen Zeit, die er nun in der Kronburg weilte, war sein Leben in den Grundfesten erschüttert worden. Es war, als müsste er sein ganzes bisheriges Dasein völlig neu bewerten.
    Er bemerkte, dass immer wieder der eine oder andere Zwerg zu ihm hinsah. Manche Blicke waren nur flüchtig und wandten sich gleich wieder anderem zu, aber manche waren von Dauer, und sie zeigten alle Schattierungen, deren ein Blick fähig war: Furcht, Neugier, Feindseligkeit, schüchterne Zustimmung, Staunen, blanker Hass …
    Trurre erwiderte die Blicke mit neutraler Freundlichkeit und einer unausgesprochenen Einladung, und hin und wieder folgte ein Zwerg dieser stummen Aufforderung und kam an seine Seite. Er sprach mit alten Freunden, die ihm fremd geworden waren, und mit Zwergen, mit denen er nie zuvor ein Wort gewechselt hatte.
    Irgendwann, es musste bereits auf die Morgendämmerung zugehen, kehrte er zum Tisch zurück, an dem nur noch eine Handvoll Zwerge saß und leise miteinander sprach. Snorrgald hatte die Füße auf die Bank gelegt und spielte »Knochen und Stein« mit Halfdan Schwarzfinger. Trurre blieb neben Kjetil Einauge stehen, der in ein Gespräch vertieft war, und legte eine Hand auf seine Schulter.
    »Ich verabschiede mich«, sagte er, als Kjetil aufblickte. »Danke für deine Einladung. Es war sehr … lehrreich für mich.«
    Kjetil führte Trurre ein paar Schritte beiseite, indem er seine Hand ergriff. »Ich danke dir«, sagte er. »Deine Anwesenheit hat einiges in Bewegung gesetzt, Trurre. Und es hat mich darin bestätigt, wer von uns etwas taugt und wen ich mit Vorsicht genießen muss.« Er zwinkerte, dann wurde er wieder ernst. »Hast du das wirklich gemeint, was du eben gesagt hast? Wirst du zurückkehren?«
    Trurre nickte nachdenklich. »Ja, das werde ich«, erwiderte er langsam. »Du hast wahr gesprochen, Kjetil. Meine Reise hierher hat auch bei mir einiges in Bewegung gesetzt. Ich muss nun neu bedenken, wo mein Weg mich hinführt.«
    »Bleib nicht zu lange fort«, sagte Kjetil, und sein Gesicht war besorgt. »Ich habe ein Gefühl in meinen Knochen, dass sich der Wind dreht. Du wirst hier gebraucht, wenn der Sturm losbricht, Trurre Silberzunge.«
    »Könnt ihr auf meine Schwester aufpassen, du und Snorrgald?«, bat Trurre, den die Worte des Einäugigen tief berührten.
    »Ich verspreche es dir«, erwiderte Kjetil, und ein Lächeln glitt über sein narbiges Gesicht. »Deine Schwester ist die großartigste Frau, die ich kenne. Ich würde meinen Arm für sie geben. Eher sterbe ich, bevor ihr etwas zustößt.« Er unterbrach sich und räusperte sich verlegen.
    »Danke«, sagte Trurre und verbarg sein Lächeln. »Dein Versprechen ist mir viel wert!«
    Kjetil nickte kurz und ging zurück zum Tisch. Snorrgald warf seine Spielsteine auf den Tisch, nickte allen zu und gesellte sich zu Trurre, der am Eingang der Kaverne auf ihn wartete. »Ich bin müde wie ein Hund«, sagte er gähnend. »Bin nicht mehr daran gewöhnt, die Nacht durchzumachen.«
    Trurre stimmte halblaut zu, und beide machten sich schweigend und in Gedanken verloren an den langen Aufstieg zurück zur Oberfläche.

24
    D er Tag war weit fortgeschritten, als Trurre erwachte, mit schwerem Kopf, als hätte er die ganze Nacht mit Lluigolf gezecht. Snorrgald lag noch in seinen Decken vergraben und schnarchte, dass die Tür in den Angeln klapperte.
    Trurre kroch von seinem Lager, streckte die schlafmüden Glieder und trottete hinaus auf den Hof, um seinen Kopf unter die Pumpe zu halten.
    Das eisige Wasser vertrieb augenblicklich jeden Rest von Benommenheit. Er prustete und schüttelte sich und hörte, wie sein Magen energisch knurrte.
    „Holla, Hexenmeister“, sagte eine unfreundliche Stimme hinter ihm. Trurre wandte sich gemächlich um, während er die letzten Tropfen aus seinem nassen Bart wrang. Hinter ihm stand ein untersetzter Zwerg, einer von denen, die ihn bei dem Treffen der letzten Nacht immer besonders giftig angesehen hatten.
    Trurre musterte den Zwerg vom Kopf bis zu den Füßen. Er trug die Lederrüstung eines einfachen Soldaten, aber bis auf seine Axt war er unbewaffnet. Sein rotblondes Haar war in zwei dicke Zöpfe geflochten, die er mit Federn verziert hatte, und über seiner Rüstung trug er eine Fellweste. Also war er gerade nicht im Dienst. Er hatte die dicken Arme über der Brust verschränkt und starrte Trurre feindselig an.
    „Was kann ich für dich tun?“, fragte

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