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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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auf jemanden zu warten?
    Als die Tür sich öffnete, warf sie nur einen beiläufigen Blick auf den Eintretenden, dann starrte sie wieder zur Decke. Es war der Mann, der ihr befohlen hatte, ihm zu folgen. Wann? Wo? Sie entsann sich nicht. Er hatte gesagt: »Folge mir«, und sie war ihm gefolgt.
    Den Geräuschen nach zu urteilen, stellte der Mann etwas auf den Tisch. Sie hörte ein leises Klirren. Wasser gluckerte, wahrscheinlich wechselte er das Wasser in der Waschschüssel aus.
    Ein Schatten fiel über sie, der Mann beugte sich zu ihr hinunter. »Brauchst du etwas?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Willst du hinaus? Ein paar Schritte ins Freie?«
    Sie verneinte wieder. Was sollte sie draußen? Was war draußen? Sie wusste nicht, wo sie war, und es war ihr auch gleichgültig.
    Der Mann legte seine Hand gegen ihre Schläfe. Sie machte sich nicht die Mühe, den Kopf wegzudrehen. Sie kannte es, er tat das jedes Mal, wenn er hereinkam. Er würde die Hand wieder fortnehmen und gehen.
    »Gut so«, sagte er leise. »Du bist sehr brav.«
    Sie schloss die Augen.
    Wenn sie schlief, schrie sie. Rüttelte an den Stäben, trat gegen die Tür, warf sich gegen die Wände, die sie einschlossen. Holt mich raus, rief sie. Helft mir doch! Sie halten mich hier fest, ich will nach Hause! Olko, Liebster, rette mich vor ihnen. Sie werden mich töten! Vater, komm und befreie mich! Warum hört mich denn keiner?
    Er hatte neben dem Pfad gestanden, still. Reglos. Dunkel. Sie hatte ihn nicht bemerkt, bis er ihr in den Weg trat. Seine Hand rührte an ihren Hals, sie musste stehen bleiben. Ihr Herz hörte auf zu schlagen, sie fühlte es, und die Angst wallte auf, krallte sich darum, ließ Schwärze vor ihre Augen treten. Dann sagte er: »Folge mir.« Ihr Herz schlug wieder, die Todesangst verging, Schatten legten sich über ihren Verstand und um ihre Gefühle. Sie ging hinter ihm her.
    Im Schlaf runzelte sie die Stirn. Was wollte der Dunkle von ihr? Er hatte sie hierher gebracht, wo auch immer »hier« war, und seitdem hockte sie in diesem Zimmer. Er versorgte sie und er sorgte dafür, dass sie sich nicht gegen ihre Gefangenschaft auflehnte.
    Sie warf sich auf die andere Seite. Der Schlaf drohte zu weichen, und sie wehrte sich mit Macht dagegen. Nur wenn sie schlief, war sie ihre eigene Herrin. Sie musste schlafen … musste …
    Es war keine Langeweile. Langeweile hätte bedeutet, dass sie irgendetwas begehrte oder eine Veränderung wünschte oder überhaupt etwas fühlte. Aber sie fühlte nicht. Beinahe.
    Sie verspürte eine vage Neugier. Da war etwas. Sie setzte sich auf. Das Zimmer lag im Zwielicht, wahrscheinlich dämmerte der Abend. Wie lange war sie schon hier? Es war ihr zu mühsam, darüber nachzudenken. Unwichtig.
    Was hatte sie noch gerade gedacht? Es war schwer, sich zu konzentrieren.
    Ein Bild. Ungebeten, unverhofft. Eine Hand, die sich um ein Stück Holz schloss. Klang dazu, eine Stimme. Sie kannte diese Stimme nicht und lauschte ihr erstaunt. Die Worte, die sie hörte, ergaben keinen Sinn. Jemand beklagte das Fortgehen seiner Schwester. Es war die Stimme eines Elben, und sie fragte sich, was die Stimme in ihrem Kopf trieb.
    Misstrauisch sah sie sich um. Außer ihr war niemand im Raum. Sie hörte Wind in Blättern rauschen. Keine Stimme.
    Wieder wandte sie ihre Aufmerksamkeit nach innen. Die Stimme sprach immer noch, begleitet von Bildern, die aufblitzten und wieder verschwanden. Sie hielt sich die Ohren zu, aber es nützte nichts.
    »Aufhören«, flüsterte sie. Die unbarmherzige Stimme sprach weiter, ein unaufhörlicher Monolog, der sie zum Zittern brachte. »Bitte, aufhören«, sagte sie flehentlich.
    Glitzerndes Wasser und das Grün von endlosen Wäldern. Waffen, die in der Sonne glänzten. Der Geruch von Blut und Feuer. Sie stöhnte auf. Das waren fremde Bilder, nichts daran war ihr vertraut.
    Sie versuchte sich erneut zu sammeln. Meine Erinnerungen, sagte sie lautlos. Meine … Sie hielt inne. Da war nichts. Sie besaß keine Erinnerungen. Sie hätte einen Namen haben müssen, oder? Man hatte Namen, das wusste sie noch. Allgemeine Dinge waren ihr geblieben: Man hatte Namen, man wohnte, man hatte Familie und Freunde. Man aß, man schlief. Man zog sich Kleider an. Sie hob die Hände und betrachtete sie gründlich. Man hatte Hände und Füße und ein Gesicht.
    Sie erinnerte sich nicht an ihr Gesicht. Sie wusste, dass es Wasser gab, Seen, Flüsse, kleine Bäche. Manches Wasser spiegelte, wenn man hineinblickte.
    Es gab

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