Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
war wie die Nuss in ihrer Schale.
    Gefäß der Erinnerung, flüsterte der Wind. Baumkind, rauschte die Krone des Baumes.

    Alvurkan legte das Wurzelstück, an dem sie arbeiteten, ungewöhnlich energisch auf den Tisch. »Was ist los?«, fragte er. »Du bist überhaupt nicht bei der Sache.«
    Olkodan blickte auf. »Hm?«, machte er.
    Der Baumsinger sah ihn aufmerksam an. »Es tut mir leid«, sagte er. »Du hast an Iviidis gedacht.«
    Olkodan nickte und legte sein Stück der Wurzel ebenfalls aus der Hand. »Ich glaube, sie suchen gar nicht mehr nach ihr«, sagte er leise. »Ich fühle mich wie ein Verräter, weil ich hier bei dir bin und mit Holz arbeite, statt das zu tun, was mein Herz von mir verlangt.«
    Alvurkan stand auf und ging zum Fenster. »Du solltest versuchen, dich etwas abzulenken. Du bist tagelang beinahe ohne zu schlafen oder zu essen durch den Hain gehetzt und hast nach deiner Frau gesucht. Du hast jeden der Suchtrupps begleitet, und du bist danach noch auf eigene Faust losgezogen. Was erwartest du von dir?«
    »Dass ich sie finde«, erwiderte Olkodan schlicht.
    Alvurkan nahm das Holzstück wieder auf. »Sollen wir weitermachen?« Er grinste. »Ich habe langsam den Eindruck, du hast dir noch einen anderen Lehrer gesucht. Deine Fortschritte sind mir ein wenig unheimlich.«
    Olkodan räusperte sich unbehaglich. »Ich glaube, ich bringe heute nicht mehr die nötige Kraft auf. Lass uns morgen weitermachen.«
    Vor dem Haus atmete er in tiefen Zügen ein. In der Nacht hatte es geregnet, und die Feuchtigkeit hing noch immer in der Luft. Olkodan ging langsam den spiraligen Weg entlang, der von Alvurkan zu Glautas’ Domizil führte.
    Der Gardist, der vor der Tür stand, grüßte ihn wie einen Kameraden. Olkodan blieb stehen und wechselte ein paar Worte mit ihm. Sie hatten vor ein paar Tagen gemeinsam den Wald in der unmittelbaren Umgebung des Archivs durchsucht, und der Gardist erzählte ihm, dass Broneete, die inzwischen die offizielle Leitung sämtlicher Suchmannschaften unter sich hatte, für einen der nächsten Tage noch einmal eine große Suche anberaumt hatte.
    Im Haus traf er als Erstes auf Zinaavija, die ihm auf gewohnt kühle Art mitteilte, dass Glautas ihn sprechen wolle.
    Er fand Iviidis’ Vater in seinem Arbeitszimmer, und Broneete war, wie so oft in letzter Zeit, bei ihm. Die Gardistin sah angespannt aus, und auch Glautas wirkte besorgt. Sie blickten beide auf, als Olkodan eintrat, und Glautas bat ihn, sich einen Stuhl zu nehmen und einen Augenblick zu warten.
    Die beiden setzten ihre Unterredung fort. Es schien um verstärkte Schutzmaßnahmen für Ratsmitglieder zu gehen, doch Olkodan hörte nur mit halbem Ohr und dann gar nicht mehr zu. Er versank in die Betrachtung einer kleinen Skulptur, die in einer Nische an der Längswand stand.
    Als sein Name fiel, blickte er auf und lächelte fragend.
    »Wir werden in ein paar Tagen noch einmal eine große Suche unternehmen«, sagte Broneete. »Du willst doch bestimmt daran teilnehmen?«
    Olkodan bejahte, ohne zu verraten, dass der wachhabende Gardist ihn schon unterrichtet hatte.
    »Ich teile dich ein und gebe dir dann Bescheid«, sagte Broneete und blickte auf ihre Notizen herab.
    Olkodan räusperte sich. »Was denkst du – können wir sie finden?«
    Broneete sah zu Glautas. Beide schwiegen.
    »Es ist nicht sicher«, sagte Broneete behutsam. »Wir wissen nach wie vor nicht, was geschehen ist. Und im Moment sind mir auch weitgehend die Hände gebunden – die Vorfälle in den letzten Tagen halten die Garde vollständig beschäftigt, und ich muss beim Kommandeur um jeden Mann betteln, den ich für die Suche nach deiner Frau abstellen will.«
    »Vorfälle?«, fragte Olkodan.
    Glautas, der schweigend zugehört hatte, hob den Kopf. »Das ist nichts, was öffentlich werden sollte«, sagte er. »Du gehörst zu meinem Haushalt, deshalb ist es unvermeidlich, dass du davon erfährst, aber ich möchte, dass du darüber schweigst.« Er sah Olkodan streng an. Der nickte erstaunt. Glautas gab Broneete einen knappen Wink und sank wieder in seinen Sitz zurück. Die Gardistin strich mit einer fahrigen Handbewegung über ihr Haar. »Es hat weitere Morde gegeben«, sagte sie. »Zwei Ratsherren und ein Mitglied der Garde wurden in den letzten Tagen getötet. Davor die Ratsfrau Laiima und ihre gesamte Familie. Und auch dieser Mord ist immer noch nicht aufgeklärt. Wir wissen nicht, wer oder was dafür verantwortlich ist.«
    »Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass

Weitere Kostenlose Bücher