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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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schaute, und nahm Broneetes Arm, während sie ihr Hausgewand raffte. Die zierlichen Seidenpantöffelchen waren ebenso nass und beschmutzt wie der Saum ihres Kleides.
    Broneete warf Olkodan noch einen augenrollenden Blick zu und ging mit der Ratsherrin zu ihrem Cousin hinüber. Olkodan stützte das Kinn in die Hände. Jemand hatte Nekiritans Haus angezündet – aber warum? Gehörte das in die Reihe der Vorfälle, von denen Glautas gesprochen hatte? Nekiritan war noch am Leben – aber was, wenn es ihm nicht gelungen wäre, sich aus dem brennenden Haus zu befreien? Dann hätte es ein weiteres totes Ratsmitglied gegeben – oder sogar deren zwei.
    Er schüttelte sich und stand auf. Er wollte nicht hierbleiben und gaffen. Helfen konnte er auch nicht, also ging er jetzt wohl besser einfach nach Hause zurück.

30
    D ie Nacht über herrschte große Unruhe im Haus. Leute liefen durch die Gänge, redeten, riefen Befehle, Bedienstete eilten hin und her.
    Olkodan gab es irgendwann in der Morgendämmerung auf, Schlaf finden zu wollen. Er zog sich an und verließ das Haus. Draußen patrouillierten Gardisten, die ihn grüßten, als er vorbeiging.
    Er ging in Gedanken verloren und ohne Ziel und war erstaunt, als er sich schließlich vor der mächtigen Esche wiederfand, in der das Archiv beheimatet war. Kurzentschlossen machte er sich an den Aufstieg. Das war keine Zeit für einen Besuch, und wahrscheinlich würde er Alvydas schlafend antreffen, aber er konnte dem alten Elben seinen Tee bereiten und sich ein wenig in dem durchgesessenen Lehnstuhl ausruhen. Vielleicht konnte er dort sogar ein wenig schlafen.
    Auf halber Höhe machte er eine Pause und blickte über den Sommerpalast. Die Rauchwolke über Nekiritans Haus war inzwischen vom Wind vertrieben worden, aber ihm schien, als läge östlich davon ebenfalls Rauch in der Luft. Ein zweiter Brand oder doch das Herdfeuer eines früh erwachten Kochs?
    Olkodan sah, dass sich überall auf den Wegen Gardisten bewegten. Er war erstaunt, wie viele es waren. Die Garde war anscheinend größer, als er geahnt hatte – und so, wie es aussah, waren sie allesamt hier im Umkreis unterwegs.
    Er setzte seinen Weg fort. Im Inneren des Baumes war es kühl und still. Er blieb in der Dunkelheit stehen und schloss die Augen. Ein scharfer Schmerz ließ ihn erschauern. Iviidis … Gestern hatte Indrekin ihn wieder gefragt, wann seine Mutter denn zurückkäme. Er tröstete den Kleinen immer und versicherte ihm, dass es nicht mehr lange dauern würde, aber es fiel ihm mit jedem Tag schwerer, das mit Überzeugung zu sagen.
    »Olkodan?«, hörte er den alten Elben fragen.
    »Ja, ich bin es«, erwiderte er und beeilte sich, den Vorhang zu öffnen und einzutreten.
    Alvydas stand zu seinem Erstaunen mitten im Raum und hielt den Teekessel in der Hand. »Du kommst gerade recht zum Frühstück«, sagte er und winkte energisch, Olkodan möge sich setzen. »Was ist los da draußen? Ich kann die Unruhe in meinen Knochen spüren.«
    Olkodan erzählte ihm von dem Brand. Alvydas schüttelte den Kopf. »Nekiritan, hm?«, sagte er. Er wandte sich ab und füllte den Kessel mit heißem Wasser.
    »Nekiritan«, bestätigte Olkodan. »Iviidis hatte ihn wohl im Verdacht, irgendwie in diese Verschwörung verwickelt zu sein – was auch immer dahinterstecken mag. Aber er würde wohl kaum sein eigenes Haus anzünden.« Er dachte nach. »Falls das alles überhaupt zusammenhängt.«
    Alvydas erwiderte nichts darauf. Er gab Tee in zwei Becher und setzte sich Olkodan gegenüber.
    »Ich möchte, dass du mir gleich zeigst, was du von deinem Lehrer draußen gelernt hast«, forderte er ihn auf.
    Olkodan sah ihn erstaunt an. Alvydas wirkte anders als sonst, angespannt, unruhig. Er trank einen Schluck Tee, stellte ihn beiseite und nahm das Stück Wurzelholz aus der Tasche. Er atmete einige Male langsam ein und aus und schloss dann seine Hände um das Holzstück. Dann beugte er sich darüber und blies sacht in die Höhlung.
    Alvydas hatte die Hände vor dem Mund gefaltet und sah ihm aufmerksam zu. Seine opalfarbenen Augen funkelten im Licht der Lampe wie die Flügel eines Falters.
    Olkodan öffnete die Hände und zeigte das Holz. Es hatte sich zu einer vollkommenen Kugel geformt, die glänzte, als wäre sie poliert.
    Alvydas nickte. »Sehr ordentlich. Und jetzt will ich sehen, wie du mit lebendem Holz arbeitest.«
    Olkodan riss die Augen auf. »Das können nur die größten Meister«, wandte er ein.
    Der alte Elb schnaubte. »Dummes

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