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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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zu geben. »Bis morgen dann«, sagte sie und ließ sich wieder am Tisch nieder.
    Eine Weile herrschte Schweigen, dann seufzte Zinaavija und lächelte entschuldigend. »Er wollte nicht unhöflich sein, aber er muss sich im Moment um so vieles zugleich kümmern …«
    »Es gibt zwei neue Ratsmitglieder, wie ich gehört habe?«, fragte Iviidis.
    Zinaavija trank graziös aus einer kleinen Tasse, die sie mit hereingebracht hatte und in der sich Tee zu befinden schien. »So ist es. Du kennst sie ja. Nekiritan kommt übrigens morgen zum Essen hierher. Als er hörte, dass du hier sein wirst, wollte er den Termin zuerst verschieben, aber Glautas fand das unnötig.«
    Iviidis verdrehte leise die Augen. »Kannst du mir etwas über diesen mysteriösen Mord erzählen?«, fragte sie. »Vater wollte darüber nicht sprechen.«
    Die Bewahrerin richtete mit einer fahrigen Handbewegung ihre hochgesteckte Frisur und strich dann ein paar Krümel von ihrem Hauskleid. »Das hat uns alle sehr mitgenommen«, sagte sie schließlich. »Keiner von uns glaubt schließlich wirklich, dass die Schweigsamen herumlaufen und Elben töten. Schon gar nicht hier, mitten im Herzen des Hains. Und dann auch noch den Kommandeur der Garde, der sich überdies an einem der bestbewachten Plätze des Hains aufhielt. Das ist einfach zu viel, verstehst du?«
    Iviidis zuckte mit den Achseln. »Das klingt auch nicht sehr glaubwürdig. Gibt es denn keine Hinweise auf ein ganz normales Attentat?« Sie lachte ein wenig verlegen. »Als ob irgendwas an einem Attentat normal wäre – aber du weißt schon, was ich meine.«
    »Die Befragung der Wachhabenden hat keinerlei Hinweise ergeben. Wer auch immer Horakin getötet hat – er muss durch die Wand gegangen sein.« Zinaavija schob ihre Tasse beiseite und deutete ein dezentes Gähnen an. »Entschuldige, ich bin heute sehr früh aufgestanden. Hast du alles, was du benötigst, oder soll ich dir noch etwas auf dein Zimmer bringen lassen?«
    Iviidis verstand die höfliche Andeutung. »Ich bin sehr zufrieden, danke«, sagte sie und erhob sich. »Ich bin auch müde von der Reise, ich würde mich jetzt gerne zurückziehen.« Sie hob den schläfrigen Indrekin auf und ließ sich von Zinaavija den Vorhang aufhalten.
    Während sie zurück zu ihren Gemächern ging, dachte sie über ihre weiteren Schritte nach. Rutaaura hatte sie gebeten, sich umzuhören, und der beste Weg dahin schien ihr, in den sauren Apfel zu beißen und ihren Vater an den Hof zu begleiten. Dort würden sich alle aufhalten, die Rang, Namen und Ehrgeiz hatten. Sie musste nur mit ihnen plaudern und dabei gut hinhören. Die richtigen Fragen zu stellen dürfte schwierig sein, solange sie noch nicht wusste, wonach sie eigentlich suchte. Glautas und Zinaavija schienen jedenfalls deutlich beunruhigt zu sein, was Horakins Tod betraf, und sie war sehr gespannt, was Nekiritan morgen dazu sagen würde.

5
    E s war Markttag in Grünau, und auf dem Platz rund um die alte Kastanie herrschte lebhaftes Treiben. Fröhliche Stimmen, Gelächter und Musik verjagten die sonst so beschauliche Ruhe der Elbenansiedlung am südlichen Rand des Wandernden Hains.  Olkodan schlenderte über den Platz und blieb hin und wieder an einem Stand stehen, um ein paar Worte zu wechseln. Er ließ zarte, gemusterte und bestickte Seidenstoffe durch seine Finger gleiten, lobte die Qualität des Stoffes und die Kunstfertigkeit der Stickerei und erstand einen federleichten, pastellfarbenen Schal für Iviidis. Dann wanderte er ein wenig ziellos weiter über den Platz, lauschte den Unterhaltungen, die durch die laue Luft schwirrten wie Vogelgezwitscher, und knetete geistesabwesend das weiche Päckchen in seiner Hand.
    »Wo hast du deine schöne Frau versteckt, junger Elbe? Ich sehe sie schon seit Tagen nicht mehr!«
    Olkodan blieb stehen und wartete höflich, bis die Sprecherin gemächlichen Schrittes zu ihm aufgeschlossen hatte. »Sie besucht ihren Vater«, gab er zur Antwort.
    »Ah, der Sommerpalast«, seufzte die Elbin. »Ich war schon seit Monden nicht mehr dort. Was für Feste haben wir in unserer Jugend gefeiert, Kestutis und ich. Wir haben Nächte durchgetanzt, und dann sind wir hinausgeritten und haben mit einer Flasche Wein auf dem Schönen Feld den Sonnenaufgang begrüßt.« Sie schob eine weizenblonde Strähne hinter das Ohr und tippte dem schweigend dastehenden Elben kokett auf die Schulter. »Du hättest besser mitgehen sollen, Olkodan. Wie kannst du deine Frau die lauen Nächte im Sommerpalast

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