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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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nur ohne dich verbringen lassen?«
    Der junge Elbe lächelte verhalten. »Ich fühle mich hier einfach wohler, Vaiiva«, sagte er. »Ich bin kein geborener Höfling und auf rauschenden Festen fühle ich mich immer fehl am Platze.« Sein Lächeln wurde breiter. »Auf meiner eigenen Hochzeit hat mich einer von Iviidis’ alten Verehrern für einen Diener gehalten und nach seinem Mantel geschickt.«
    Die Elbin musterte ihn mit skeptisch emporgezogenen Brauen. »Was hast du getan? Ihn gefordert, hoffe ich?«
    »Ich habe seinen Mantel geholt«, sagte Olkodan. »Ich habe ihm hineingeholfen, und dann habe ich mich für das Hochzeitsgeschenk bedankt und ihm noch ein Stück Kuchen für den Nachhauseweg angeboten.« Er gluckste leise, und die Elbin ging kopfschüttelnd weiter.
    Olkodan schlenderte an einer Reihe von Delikatessen-Ständen vorüber und kaufte ein Stück weichen, orangefarbenen Käse.  Eine winzige Bude, unter deren Schirm eine noch winzigere Frau hockte, reizte seine Neugier. Obwohl er von eher kleiner Statur war und von den meisten seines Volkes um einen halben oder ganzen Kopf überragt wurde, musste er sich ein wenig niederbeugen, um die Auslage betrachten zu können. Die kleinwüchsige Händlerin musterte ihn aus schwarzen Knopfaugen und deutete einladend auf die Glasarbeiten, die auf einem nachtblauen Tuch ausgebreitet lagen. Ihre Finger waren kurz und kräftig, mit dicken, krallenähnlichen Nägeln. Ein Windhauch blies ihr die wolligen Haare ins Gesicht und legte ein spitzes, behaartes Ohr frei, an dem ein blitzender Anhänger aus geschliffenem Glas baumelte.  »Du bist ja eine Moorelbin«, entfuhr es Olkodan überrascht. Die Frau lächelte und zeigte dabei erschreckend scharfe Zähne.  Olkodan legte mit entschuldigender Geste zwei Finger gegen seine Stirn. »Verzeih mir meine Unhöflichkeit. Ich habe nur noch nie eine Moorelbin gesehen …«
    »Meine Leute reisen im Allgemeinen nicht gerne«, sagte die Elbin mit rauer, hoher Stimme. »Ich bin eine Ausnahme.« Sie kicherte vergnügt und deutete wieder auf ihre Ware. »Findest du hier etwas für deine Liebste, mein hübscher Junge?«
    Olkodan blickte verlegen auf die bunten Glaswaren nieder. Er nahm einen dunkelroten Flakon mit rosenförmig geschliffenem Stopfen in die Hand und drehte ihn bewundernd zwischen den Fingern.
    »Das ist echte Zwergenarbeit«, sagte die Händlerin. »Die besten Glasarbeiten, die ich verkaufe, sind von Zwergenhandwerkern. Aber ich verkaufe sie so gut wie nie an Elben – seltsam, nicht?« Sie kicherte und blinzelte Olkodan zu.
    Der junge Elbe lächelte zurück. »Mir gefällt das Fläschchen sehr gut, und meiner Frau wird es auch gefallen. Aber ich glaube nicht, dass ich es mir leisten kann.« Er sah sie erwartungsvoll an. Die Elbin brummelte zufrieden und begann zu feilschen.
    Wenig später stand Olkodan am Rande des Platzes und versuchte, die Einkäufe in den Taschen seiner taubenblauen Weste zu verstauen. Der Bummel über den Markt bereitete ihm entschieden weniger Vergnügen als sonst – Iviidis und Indrekin fehlten ihm. Mit welcher Begeisterung hätte der Kleine den Pferdehändlern zugesehen, wie sie die Tiere vorführten, und darum gebettelt, einmal auf einen Pferderücken gehoben zu werden. Indrekin war verrückt nach diesen riesigen, hart behuften Tieren, die so schmerzhafte Bisse verteilen konnten – und diese Vorliebe hatte er ganz sicher nicht von seinem Vater geerbt.
    Olkodan trat beiseite, als ein kleiner Trupp der Elbengarde im gemächlichen Trab herannahte. Hier im Randgebiet gehörte der Anblick patrouillierender Elbengardisten zum Alltag, und nicht nur Olkodan fragte sich manchmal nach dem Sinn und Zweck des Ganzen. Wer sollte den Wandernden Hain überfallen? Nicht-Elben durften den Hain nur betreten, wenn sie eine Genehmigung dazu erhielten, wie sie der Käse-Händler an seiner Bude ausgehängt hatte. Aber die Menschen – jedenfalls diejenigen, die zu den Markttagen den Hain betreten durften – schienen sich über den Handel hinaus nicht sonderlich für Elbenangelegenheiten zu interessieren.
    Und die uralten Feinde der Elben, die Zwerge, lebten etliche Tagesreisen entfernt in den Bergen des Nordens und ließen sich so gut wie nie in der Ebene blicken. Olkodan erinnerte sich an den Zwerg, der als Gesandter des Zwergenkönigs Groffin Steinbrecher vor Jahren einmal den Sommerpalast aufgesucht hatte. Er selbst war damals noch ein Kind gewesen und hatte staunend die Hand seines Vaters umklammert, als die

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