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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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»Tamayout«, sagte sie schnell, als der junge Mann in einen kleinen Beutel griff, der, wie sie wusste, klebrige Bröckchen von weißem Harz und eine kleine Tonpfeife enthielt. »Der Höflichkeit ist Genüge getan, ich danke dir. Wir sollten jetzt langsam aufbrechen. Ich habe gestern noch den Mann aufgesucht, der dir deine Ware abkaufen soll. Er wird uns heute empfangen.«
    Tamayout ließ leise enttäuscht die Hand sinken. »Wie du befiehlst, Saayaa «, stimmte er nichtsdestoweniger höflich zu.
    Er nahm den Ledersack, der neben ihm lag, und stand mit einer geschmeidigen Bewegung auf. »Ich bin fertig«, sagte er. Rutaaura stand auf. »Den Yikk musst du hier lassen«, sagte sie und deutete auf den mit Streifen aus Skrallhaut umwickelten Griff seines Dolches, der in seiner Schärpe steckte. Tamayout starrte sie stumm an.
    »Du wirst ihn nicht benötigen«, sagte sie geduldig. »Es wäre unklug, bewaffnet vor unserem Gastgeber zu erscheinen. Glaube meinem Wort. Du bist nicht in Gefahr.«
    Der Sandläufer zögerte, sein dunkles Gesicht war ausdruckslos. Dann hob er resignierend die Hände und zog den Dolch aus seiner Schärpe. Er legte ihn an seine Stirn, küsste ihn und schob ihn sorgfältig in seinen Reisesack, der neben dem Zelt lag.
    Ruta nickte und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Gehen wir«, sagte sie.
    Der Tag nach dem Dunkelmond war Markttag in Sandanger. Dementsprechend herrschte Gedränge auf den Straßen und Gassen, die zum Großen Markt führten. Rutaaura wies stumm den Weg, und Tamayout folgte ihr mit Staunen im Blick. Auf ihrem Weg wurden die Straßen zusehends breiter, und die Häuser lagen nicht mehr direkt an der Straße, sondern etwas zurückgesetzt inmitten von üppig blühenden Gärten. Im Mondviertel wohnten die wohlhabendsten Bürger der Stadt, und dementsprechend prachtvoll waren die breiten Alleen und die schmucken, weißen Häuser anzusehen, die sie säumten. Grüne Gärten labten das Auge, Wasser plätscherte und kühlte die Luft, der Wohlgeruch von Blumen parfümierte den sanften Wind von Süden.
    Tamayout blickte um sich. »Hier wohnt der Mann, den wir aufsuchen wollen?«, fragte er ungläubig.
    »Dort drüben«, sagte Rutaaura und deutete auf ein Haus, das sogar noch prächtiger war als die anderen. Sie gingen den breiten, blumengesäumten Weg zum Eingang hinauf. Die Tür schwang vor ihnen auf, als Rutaaura die erste Treppenstufe betrat.
    Tamayout sah die Uniformierten, die den Eingang bewachten, und griff unwillkürlich nach der Stelle an seiner Schärpe, an der sich normalerweise sein Dolch befand. Rutaaura legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm und rief den Wachen zu: »Rookhan erwartet uns.«
    Zwei Gardisten kamen die Treppe hinab, um sie ins Haus zu eskortieren. In der weitläufigen Halle mit dem schwarz-weißen Steinboden warteten sie einige Zeit, in der Tamayout sich unbehaglich umsah. Endlich erschien ein Bediensteter, der sie mit Erstaunen und leiser Verachtung anblickte und ihnen bedeutete, ihm zu folgen.
    Er führte sie zu einer intarsienverzierten Doppeltür im hinteren Teil des Gebäudes, klopfte an und wartete. Auf eine gedämpfte Aufforderung von drinnen öffnete er die Tür, deutete eine Verbeugung an und sagte: »Der Seelord lässt bitten.«
    Tamayouts Schritt stockte. Er fuhr herum und sah Rutaaura mit Schmerz und Anklage in den Augen an. »Der Seelord? Saayaa , was bedeutet das?«, keuchte er. »Warum bringst du mich hierher?«
    Rutaaura schüttelte den Kopf und bedeutete ihm zu schweigen. Sie gab ihm einen energischen Stoß und trieb ihn ins Zimmer.
    Der große Raum öffnete sich hinten zum Garten. Ein leichter Wind wehte durch zarte Vorhänge, trug den Gesang von Vögeln und Blumendüfte herein. Rookhan stand mit dem Rücken zu ihnen und blickte in den Garten hinaus. Sein massiger Leib war in ein schmuckloses Gewand aus cremefarbener Bergziegenwolle gehüllt, aber Rutaaura wusste, was eine Handvoll dieses federleichten, weichen Ziegenhaars wert war. Dieses Hauskleid kostete soviel wie eine kleine Herde Skralls.
    »Rookhan, hier bringe ich den Taywwa , von dem ich dir berichtet habe«, ergriff Rutaaura das Wort, als der Seelord keine Anstalten machte, sie zu begrüßen.
    Rookhan drehte sich langsam um und musterte den Sandläufer. »Zeig deine Ware«, forderte er ihn flüsternd auf.
    Tamayout blickte sich um wie ein gehetztes Wild, das Weiß seiner Augen leuchtete aus seinem dunklen Gesicht.
    »Beruhige dich«, wisperte sie. »Er wird dir deine Waren abkaufen,

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