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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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darauf hat sie wohl in Andronees Aufzeichnungen gefunden. Ich bin das ›Verborgene Licht‹ schon einmal flüchtig durchgegangen, habe aber noch nichts gefunden, was sich darauf beziehen könnte. Weißt du etwas darüber?«
    Alvydas antwortete nicht. Sein Blick ruhte auf dem still spielenden Indrekin, und er lächelte versonnen.
    Iviidis betrachtete ihn. Lootana hatte sich Gedanken über Alvydas gemacht, und Iviidis hätte gern gewusst, ob ihre Mutter diese Fragen auch ihm gestellt hatte oder ob sie sie für sich behalten hatte.
    »Alvydas«, sagte sie leise. »Du bist weder ein Hain-Elb noch ein Goldener, ist das wahr?«
    Er sah sie an. »Behauptet Lootana das?«, fragte er mit leisem Amüsement in der Stimme. Iviidis antwortete nicht, sah ihn nur an.
    Alvydas lachte. »Kind, du bist im Besitz einer ganzen Menge meiner Erinnerungen, und bald weißt du alles über mich, was es zu wissen gibt. Warum bist du so ungeduldig?«
    Iviidis hob die Hände. »Du bist ein alter Geheimniskrämer. Du hast es gerade nötig, mich zu rüffeln, weil ich meinem Mann nicht alles sage.«
    »Gut getroffen«, erwiderte Alvydas. Seine Opalaugen blitzten vergnügt. »Also gut, neugieriges Elbenkind: Ich bin ein Baum-Elb.«
    Iviidis sah ihn ungläubig an. »Es gibt keine …« fing sie an. Dann unterbrach sie sich. »Baum-Elb«, sagte sie langsam. »Alvydas, das ist genau so ein Kindermärchen wie das von den Dunklen.«
    Er lachte herzhaft. »Stimmt«, sagte er. »Genau wie das von den Dunklen.«
    Iviidis schüttelte den Kopf. »Wenn ich dich nicht kennen würde, würde ich glauben, dass du mich aufziehst. Wenn das stimmt, was du sagst – Alvydas, das ist unmöglich. Niemand hat sie je gesehen. Sie sind ein Mythos.«
    »Wir sind die Ersten«, sagte Alvydas. »Ich nehme an, es gibt nicht mehr viele von uns – wir waren nie sehr gesellig. Wir haben für unsere Baumbrüder gesungen, sie waren uns Gesellschaft genug.« Sein Gesicht war traurig.
    Iviidis hatte plötzlich einen trockenen Hals. »Alvydas …«, sagte sie schwach. Er schüttelte den Kopf.
    »Nichts mehr davon«, sagte er. »Du wirst bald all meine Erinnerungen teilen. Es macht mich müde, darüber zu reden.« Er beugte sich vor und sah Indrekin an. »Hast du das schon einmal gesehen?«, fragte er und legte seine Hand gegen die Wand der Höhle. Er summte leise, und rund um seine Finger wich das Holz zurück, formte eine kleine Höhlung. In der Höhle lag eine perfekt geformte Murmel aus Holz, die Alvydas herausnahm und dem Kind in die Hand drückte. Indrekin hatte mit ernsten Augen zugesehen, und jetzt schloss er seine Finger um die Murmel und strahlte Alvydas an. »Wie Papa«, verkündete er stolz.
    Alvydas sah ihn fragend an, aber Indrekin war damit beschäftigt, die Murmel über den Boden kullern zu lassen.
    »Was meint er damit?«, fragte er Iviidis.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich will er damit sagen, dass Olkodan Dinge aus Holz herstellt. Er ist Tischler.«
    Der alte Elb nickte gedankenverloren. Dann hob er den Schwarzbernstein aus seiner Umhüllung und legte ihn vor Iviidis auf den Tisch. »Lass uns beginnen.«

Andronee Mondauge, Persönliche Aufzeichnungen
    D ie Zeit der Verwirrung und der Zerfall unseres Volkes begann, als die Glückliche Ära für immer zu Ende ging. Unsere Königin Onabiirute führte ihr Volk von einem Krieg in den nächsten. 
    Wir, ihre Berater, warnten sie, weiter diesen blutigen Weg zu beschreiten, und rieten ihr, Frieden mit den anderen Völkern zu suchen. Aber unsere Königin war von dem Gedanken besessen, dass ihr Geschlecht für alle Zeiten über die anderen Völker auf dieser Welt herrschen würde.
    In einer der letzten Schlachten fiel der König, und Onabiirute wurde wahnsinnig. Sie zog alleine gegen ein Heer von Zwergen, Trollen, Orks und Menschen und wurde nie wieder gesehen.
    Dies fand ich in einer Überlieferung der Menschen:
    Als aber Onabiirute nun endlich ihre Berater wieder um sich versammelte, las sie in ihren Gesichtern die Botschaft, die sie nicht hatte hören wollen. Sie zerriss ihre Gewänder und hob die Hände zu den Ewigen und flehte sie an, das Unheil noch einmal abzuwenden, das ihr Tun über sie und ihr Volk gebracht hatte.
    Aber der Krug war zerbrochen, der Wein vergossen, und kein Flehen und kein Bitten konnte zurückbringen, was unwiederbringlich dahin war.
    Da erhob sich die Königin, rüstete sich, griff nach ihrem Schwert und sprach: ›Ich selbst werde mich dem Bösen entgegenstellen, das ich gerufen

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