Elchmus (German Edition)
und versüßt seine ohnehin bombastische Stimmung noch mehr. Er lächelt.
„Schei ße, ich hab das Jackpot Auto schlechthin geklaut!“ Er sagt es leise und zufrieden. „Von der Asche lad ich mal wieder eine Lady ein“. Er lächelt weiter. Dass er nie Urlaub gemacht hat, lag an der verdammten Knete. Das Geld hier wird erstmal reichen, um sich wieder zu berappeln, und auch, um endlich mal wieder eine Lady auszuführen. Es gab ja keine Perle in seinem Leben. Niemanden. Den Frauen muss man halt was bieten. Sagte auch Dieter Bohlen vor laufenden Kameras.
Kürzlich hatte er Doris wiedergetroffen. Doris aus der Nachbarschaft. Doch die war mittlerweile alles andere als seine Traumfrau aus der Jugendzeit. Ihr Körper war in die Breite gegangen, er war aber nach wie vor der alte. Hatte die letzten zehn Jahre wenigstens in Kilos angehalten. Nichts mehr an Doris war spektakulär. Gar nichts. Er hoffte, dass er sich nie so zum Nachteil ändern würde und beschloss nach diesem Treffen nie wieder irgendwelchen Exen hinterher zu trauern. Trotzdem ist er noch immer alleine.
Der kleine Renault surrt weiterhin artig wie ein Kätzchen. „Wenn ich mich richtig erinnere, geht es hier zum alten Militärbunker“, sagt er laut in das leere Auto. Er biegt ab und hält kurz an. Trampelt die Kippe draußen aus und leert dann den Aschenbecher von der Knete. Wenn er dieses Mal alles richtig macht, dann...
Aber Scheiß drauf. Der Militärbunker wird schon ein gutes Versteck geben. Hierher verirrt sich heute mit Sicherheit keiner mehr. Es ist noch immer verflucht heiß und er kurbelt das Fenster für die letzten Meter runter. Die Meeresluft dringt in das Auto ein und es riecht sofort nach Salz und mehr. Langsam fährt er in den Bunker rein.
Unten im Hafen wimmert derweil der Franzose. Erst ist die Tasche weg, und dann ist auch noch das Auto weg. Oben auf dem Bunker herrscht absolute Windstille und Holger sieht die Sonne glutrot vor seinen Augen tanzen, bis sie schließlich zischend im Meer versinkt. Wie viele Städte am Meer ist Dover vom Wasser gesehen schöner. Findet er. Kalkfelsen putzen sie aufs Schönste heraus. Vermitteln Mittelmeeratmosphäre.
Langsam zählt er die Knete. Er ist reicher als er dachte. Er zählt die Asche ein zweites Mal. Das wohlige Glücksgefühl macht sofort noch mehr Platz für weitere Glücksgefühle. Pleitesein war gestern. 6000 Pfund werden ihn erstmal gut über Wasser halten. Die Wut auf Ralf ist in diesem Moment komplett verflogen.
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............ Torbay ist wunderschön. Verdient den Namen der englischen Riviera wirklich. Ist auch nicht zu klein und nicht zu groß. Im Grunde auch egal. Elke ist ja keine Geisel mehr und muss nicht mehr versteckt werden. Sie ist ja jetzt mit Freund „on the road“, wie der Ami sagt.
Ralf hat den Wagen so geparkt, dass man einen wundervollen Blick auf das Meer, den Pier und auch auf zwei Palmen hat. Bilderbuchpanorama. Die Seitentür steht auf seiner Seite offen. Der Wind spielt traumhaft schöne Lieder. Es ist wie immer seit ihrer Ankunft in England ein heißer Tag. Es hat echt noch nie geregnet seit sie im Land ist.
Eine Horde Kinder aus der Sprachschule zieht laut und quatschend an ihnen vorbei. Alle mit Jeans und ohne Uniform. Ein offensichtlich genervter Lehrer im Anhang. Sieht aus wie seine Schüler, nur älter. Turnschuhe und Jeans, seine Haare unter einer Baseballkappe versteckt. Immerhin trägt er diese altersangemessen richtig rum. Der heiße Wind bläst feste ins Auto und ihn fast raus.
Tausende, nein hunderte von Strandhütten warten auf einen Wächter für die Nacht. Ralf versucht eine Hütte ohne Vorhängeschloss zu finden. Leider erfolglos. Einen Schritt vor, zwei zurück, trotzdem beschwingt bleiben, und sich die Anstrengung bloß nicht anmerken lassen. „Warm, aber besser als nix“, unterbricht plötzlich jemand sein Leid und wirft ihnen zwei Guinness-Dosen zu. Freundlich sein, freundlich bleiben, sich nicht anmerken lassen, dass man fast schlapp gemacht hat. Den Typen nicht verurteilen, auch wenn er total breit ist.
Elke erinnert das Alles an die Saufereien in London mit Mick und Co , sieht das Ganze heute aber anders und lässt sich dankbar völlig platt in den Sand fallen. „Where are you from?“, will der Unbekannte auch schon wissen und Ralf antwortet. Soll er das Gespräch ruhig übernehmen.
Und während er antwortet, beschließt Elke, dass sie auch wie die Engländerinnen das Eisen im Guinness dringend braucht. Zumindest heute. Und
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