Elchmus (German Edition)
ihm ist auch sein Spürsinn erwacht. Und von hier hat er einen guten Ausblick auf die Auffahrt von Elkes Eltern. Der Typ aus dem Ruhrgebiet fährt gerade vor. Er schnappt sich direkt seine Kamera, die Holger noch nicht vor die Linse bekommen hat.
Er weiß, dass sein Verhalten erbärmlich ist , aber als er mit Feinripp-Boxershorts rüber läuft sieht er zumindest nicht aus wie ein Polizist. „Gestatten, Blitz, Polizeioberkommissar“, stellt er sich dennoch vor und wedelt dabei mit seiner alten Kamera.
Holger weiß, dass ein neuer Anfang ein gutes Ende haben sollte und sieht erschrocken in die alte Kamera. „Was soll…?“.
Weiter kommt er nicht. „Ja, guten Morgen Herr Blitz und guten Morgen Holger“, begrüßt Elkes Mama da auch schon beide. Herr Blitz wird sich offenbar nie ändern.
„Alter, da bist du ja!“ Wie aus dem Nichts ist auch Ralf aufgetaucht. Hier im Münsterland verpasst man automatisch nichts. „Wir haben dich schon vermisst“, labert er weiter. „Jetzt bin ich ja da!“, sabbert Holgers Stirn. Eindeutig Angstschweiß, interpretiert Herr Blitz gekonnt. Ihm entgeht so was doch nicht.
Er hört die Nachtigall auf der Auffahrt laut trapsen. „So, ich werde dann mal. Abzüge von den Fotos machen“.
Elkes Mutter hat viel dazugelernt in den letzten Tagen. Sie traut den beiden Jungs immerhin ihre Tochter an. Und die ist ihr nun mal wichtig. Sie sitzen am nicht gedeckten Frühstückstisch. Soeben kuckut es elf Mal. Der Tisch schreit trotz dieser Uhrzeit nach Kaffee.
Der Garten liefert Vogelgezwitscher und aus der Küche hört Elkes Mama fröhliches Geplapper junger Leute. Das hier ist richtiges Leben und das hier wird immer der Nabel der Welt für ihre Tochter bleiben. Nach den Kaffeetassen stellt sie auch noch O-Saft und Joghurt auf den Tisch.
Eine Träne macht sich dennoch bemerkbar. Es kribbelt in ihrem Hals, sie hat schon ewig keine n Saft mit Vitam-Stücken drin mehr getrunken. Und sie mag das noch immer nicht. Elke bleibt ihre Tochter, auch wenn sie in England wohnen wird. Der Kuckuck kuckuckt um viertel nach elf einmal ganz verwirrt. Brunch hat er in diesem Hause noch nie gesehen. Elkes Mama will nirgendwo hin. Sie sitzt keks-stippend auf ihrer eigenen Terrasse und ist hier mehr als glücklich.
Aber d a kommt schon wieder jemand durch die Tür und reist sie aus ihren Gedanken.
„Foto-Time“ , singt Herr Blitz und schnappt sich einfach ihren letzten Keks.
So langsam nervt der Typ echt.
Elke mit Ralf, Elke ohne Ralf, Ralf alleine, Elkes Mutter, Elkes Vater, Elkes Schwester mit Ralf, Elke Mutter mit Ralf und Elke, Elkes Vater mit Elkes Mutter. Von allen Seiten. Von vorne, von links, von rechts. Holger auf der Auffahrt. Grill mit Würsten, Grill mit Koteletts, Grill mit ohne Fleisch und glühenden Kohlen.
Holger wird noch paranoid auf seine alten Tage. Auch der Kuckuck kuckuut heute irgendwie ganz schief, findet er.
Wo ist die Sahne hin, will die Mutter wissen ? Die Milch ist schon wieder abgelaufen. 1 Liter wird ihr von jedem Einkauf schlecht. Sie werden Sahne nehmen müssen. Sie checkt den Kühlschrank. Die Schnitzel müssen auch noch gegessen werden, aber heute wird das nichts mehr. Daher verfrachtet sie diese kurzerhand in das Eisfach, damit diese nicht auch noch schlecht werden. Das grunzt ganz empört. Man muss echt aufpassen in diesem Haushalt.
Wie es weitergeht, wird Herr Blitz schon irgendwie rauskriegen. Der gestohlene Wagen muss doch irgendwann und irgendwo wieder auftauchen. Und die Waffe? Tatswahrkraftig hat er zurzeit zwei echte Chancen ein echtes Verbrechen aufzudecken.
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............ „Ich hab gerade mal auf die Karte geguckt. Das liegt ja echt in den Kapaten. Wenn wir morgen gegen Mittag losfahren, kommen wir mit Fähre und all den Meilen nicht vor Mitternacht an“, sagt Holger.
„Ja, morgen um Mitternacht. Werden wir mit einer Party unser neues Leben begrüßen“.
Aus dem Radio singt Tuklan zur Bestätigung „Let’s have a party. Let’s have a party.“
„Und wir können ja in Essex an der Chapel eine kleine Pause machen“ , schlägt Ralf vor.
„Deutscher Fotograf aß den Fasan, den er schon kannte“, liest Ralf aus der Bild-Zeitung vor. Die weiß auch schon Tage vorher immer alles.
Holger will aber keine alten Brötchen neu backen. Ihr neues Leben wartet und das soll zumindest mit einem guten Anfang beginnen. Er ist auf der Autobahn Richtung Calais. Kennt die Strecke ja schon und verpasst auch dieses Mal nicht die Abfahrt. Die 50 km Umweg
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