Elchtest - Liebe ohne Grenzen (Junge Liebe)
So, und jetzt, mein Röschen, ab mit dir durch die Mitte. Schlaf nachher gut. Bis morgen dann. Ich freu mich schon.“
„Ich mich auch.“
Kapitel 6
Nachdem Lucas winkend im Hausflur verschwunden ist, mache ich mich direkt auf den Weg nach Hause. Stelle den Wagen an der Straße ab. Ich bin noch nicht ganz an der Tür angekommen, als diese auch schon geöffnet wird. Als ich Mutter dort stehen sehe, seufze ich genervt auf. Bis jetzt habe ich es immer wieder geschafft, ihr mehr oder weniger aus dem Weg zu gehen. Aber heute scheint meine Glücksträhne wohl zu reißen. Denn schon kann ich ihre, für mich einfach nur noch nervige, Stimme vernehmen.
„Benny, mein Junge, wir haben uns ja lange nicht gesehen. Wie geht es dir? Willst du etwas essen? Ich habe Kartoffelsalat mit Würstchen und Frikadellen. Und ich würde mich gerne mit dir unterhalten.“
„Wenn’s sein muss“, gebe ich etwas pampig zurück.
„Bitte, Benny!“
Ergeben verdrehe ich die Augen. „Also gut. Aber nicht lange. Ich will noch meine Sachen fürs Wochenende packen. Essen brauche ich nicht. Keinen Hunger“, meine ich und gehe an ihr vorbei ins Wohnzimmer. Setze mich auf den alten, ledernen Fernsehsessel. Das einzige Stück, welches hier noch von Papa übrig geblieben ist. Außer die Fotos natürlich. Ansonsten wurde fast im ganzen Haus, kurz nach Papas Tod, alles erneuert. Sie meinte, sie könne es nicht ertragen, dass sie hier alles an ihren, ach so geliebten Mann erinnern würde. Nachdem ich allerdings die wahre Geschichte kenne, kommen mir so einige Zweifel. Ich glaube eher, sie konnte die Erinnerung an den Mann nicht ertragen, der sie a) nicht wollte und b) sie spätestens, wenn ich alt genug gewesen wäre, gegen einen Mann ausgetauscht hätte. Ich werde jäh aus den Gedanken gerissen, als sie mich anspricht.
„Wie geht es dir, Benny?“, fragt sie mich erneut.
„Gut. Danke. Bestens!“
„Das sieht man dir auch an.“ Sie macht eine kleine Pause, bevor sie weiter spricht. „Mir geht es nicht so gut.“
Meine einzige Reaktion ist ein Schulter zucken und ein gebrummtes „Hm“.
„Interessiert es dich gar nicht, wie es mir geht?“
„Nicht wirklich. Dich hat doch auch nicht interessiert, wie es Papa ging. Wie er sich die ganze Zeit gefühlt hat.“
„Wie ich höre, hast du viel Zeit mit deinen Großeltern verbracht. Ich bin mir sicher, sie haben dir alles in allen Einzelheiten erzählt“, meint sie mit bitterer Stimme. Als ich ihr erneut nicht antworte, sieht sie mich fast flehend an. „Gibst du mir die Gelegenheit, dir meine Sicht der Dinge zu erklären?“
Ich mache mit der Hand eine einladende Bewegung, die ihr sagt, dass sie weiter reden kann und ich ihr auch zuhören werde. Ich kuschele mich tief in den Sessel. Fast ist mir so, als wenn er immer noch nach Papa riecht. Auf jeden Fall bilde ich es mir ein. In letzter Zeit wünsche ich mir immer öfter, dass er noch bei uns wäre. Dann hätte ich jemanden zum Reden und es würde sicherlich alles ganz anders aussehen. Das Räuspern meiner Mutter holt mich wieder in die Gegenwart zurück. Erwartungsvoll sehe ich sie an. Es fällt ihr sichtlich schwer, mir ihre Geschichte zu erzählen. Ich merke ihr an, wie sie nach den richtigen Worten sucht. Dann beginnt sie zögerlich zu erzählen.
„Als ich deinen Vater kennenlernte, da war ich noch ziemlich jung und unbedacht. Ich hatte die Schule abgebrochen, weil mir in der Fußgängerzone ein angeblicher Model-Scout eine große Karriere in dieser Branche versprach. Ich war so dumm und naiv und bin auf ihn reingefallen. Zweitausend Mark hatte ich für die Bilder bezahlt, die er von mir gemacht hatte. Für meine Verhältnisse Unsummen an Geld, denn ohne Abschluss hatte ich natürlich auch keine Chance auf einen gut bezahlten Job. So hatte ich mich mit Zeitung austragen und Teller waschen über die Runden gebracht. Es dauerte noch zwei Jahre, bis ich es schaffte, ohne diesen Mistkerl von Scout, an Miss-Wahlen teilzunehmen. Mein angeblicher Scout hatte sich ziemlich schnell mit meinem Geld aus dem Staub gemacht. Im Gegenzug erhielt ich von ihm eine Anzahl von minderwertigen Fotos. Kurz nach meiner Wahl zur „Miss Niedersachsen“ traf ich auf einem Dorffest deinen Vater. Er hat mir auf den ersten Blick gefallen und so habe ich auch auf Teufel komm raus mit ihm geflirtet. Als er mich dann mit zu sich nahm, dachte ich wirklich, er würde was von mir wollen. Und zwar nicht nur das eine. Aber am nächsten Tag hatte er mich ziemlich
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